Dabei gilt: Sinkt der Marktzinssatz etwa von vier Prozent auf drei Prozent, wird unsere Anleihe, relativ zu anderen Papieren, die neu auf den Markt kommen, wertvoller: Der Kurs der fünfjährigen Anleihe steigt auf 105 Prozent. Wer jetzt verkauft, erhält also 10 500 Euro. Zusätzlich verändern Stückzinsen, in denen anteilig Zinszahlungen des laufenden Jahres vorweggenommen werden, dieses Ergebnis. Die Laufzeit der Anleihe ist bei der Kursveränderung entscheidend. Wer etwa ein 20 Jahre laufendes Papier mit einer jährlichen Verzinsung von vier Prozent erwirbt, der gewinnt 14 Prozent oder 1400 Euro, falls die Zinsen von vier auf drei Prozent fallen. Wer allerdings die Kursgewinne mitnimmt, verkauft und dann wieder festverzinst anlegt, der gewinnt am Ende nichts: Denn der Sparer erhält ja auf sein neu angelegtes Kapital von 11 400 Euro nur noch drei Prozent.
Selbstverständlich kann das Zinsniveau auch klettern. Steigt der Marktzins auf fünf Prozent, dann sinkt der Kurs einer Anleihe mit fünf Jahren Laufzeit auf 96 Prozent. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren fiele der Kurs sogar auf 88 Prozent. Deshalb sollten Anleger, die kurzfristig Kapital parken wollen, nicht in langlaufende Anleihen gehen.
Wer allerdings in Anleihen umschichtet, sollte sich keine Illusionen machen: Mehr, als die niedrige Inflation auszugleichen, ist nicht drin. Aber Furcht vor deutlich mehr Preissteigerung als von zuletzt gut einem Prozent müssen Sparer nicht haben. Denn „der globale Konjunkturaufschwung verfügt über deutlich weniger Substanz und Dynamik, als viele Anleger glauben“, sagt Heinz-Werner Rapp, Chef-Anleger des Bad Homburger Investmentexperten Feri. Rapp stellt sogar „deflationäre Unterströmungen der Weltwirtschaft“ fest und liegt damit im Trend. Einer neuen Umfrage der Ratingagentur Fitch unter 108 Geldmanagern zufolge, die zusammen 5900 Milliarden Dollar verwalten, sind deren Sorgen vor Deflation so hoch wie seit vier Jahren nicht.
Bei Deflation sind die Anleiheinhaber die Gewinner
Bei Deflation, also allgemein fallenden Preisen, wären Anleiheinhaber die großen Gewinner. Denn in diesem Fall würde sich ihr Kapital trotz Niedrigzins real mehren. „Eine wesentliche Ursache der abnehmenden Inflation ist der nachlassende außenwirtschaftliche Teuerungsdruck“, sagt Daniel Hartmann, Senior Analyst bei Bantleon, einem Schweizer Spezialisten für Anleihemanagement. Vor allem der Preis des wichtigsten Importgutes – Rohöl – befindet sich seit 2012 auf dem Rückzug. „Mittlerweile sind die Benzin-, Heizöl- und Gaspreise sogar billiger als im Vorjahr und dämpfen damit die allgemeine Teuerung“, sagt Hartmann.
„Viele Annahmen, Szenarien und Prognosen der Marktteilnehmer könnten sich im weiteren Jahresverlauf als falsch oder irreführend erweisen“, so Rapp. Anleger müssten daher in diesem Jahr mit „abrupten Korrekturen“ an den globalen Finanzmärkten rechnen. Die Krim-Krise und Irritationen über China haben davon einen ersten Vorgeschmack gegeben. Ein Einbruch speziell bei Aktien würde zu eher positiven Entwicklungen bei Anleihen führen. „Anleger sollten deshalb momentan besonderes Augenmerk auf eine risikobewusste Grundhaltung legen“, so Rapp.