Früher war der Beginn des Ruhestands noch ein richtiger Grund zum Feiern. Familie und Freunde wurden eingeladen, bei Bier und Wein auf die kommenden besten Jahre angestoßen. Diese Feiern gibt es heute auch noch, die Stimmung ist aber häufiger als früher gedrückt. Finanziell sorgenfrei sind mittlerweile die wenigsten im Alter. Dass die Rente am Ende nicht das hält, was einst versprochen wurde, ist nicht neu. Die niedrigen Zinsen verschärfen allerdings das Problem - ältere Anleger müssen deutlich mehr Risiko eingehen, um die gewünschten Erträge zu erwirtschaften.
Wer vor zehn oder zwanzig Jahren aufhörte zu arbeiten, hatte neben der Rente oft eine Immobilie oder eine fällig werdende Lebensversicherung. Das Geld daraus war auf dem Sparbuch oder mit Tages- oder Festgeld gut untergebracht, der sorgenfreie Ruhestand konnte beginnen.
So sieht die Geldanlage der Deutschen aus
35 Prozent der Deutschen haben eine Lebensversicherung abgeschlossen.
Fast ebenso viele, nämlich 32 Prozent, besitzen einen Bausparvertrag oder Bausparplan.
In Deutschland besitzen 29 Prozent der Bürger ein Tagesgeldkonto.
Ebenso viele, nämlich 29 Prozent, sehen ihre Immobilie als Geldanlage an.
20 Prozent besitzen Fondsanteile, 17 Prozent Festgeld/Termingeld und 12 Prozent Aktien.
Deutlich geringer ist dagegen der Anteil der Edelmetallbesitzer: sieben Prozent haben in Goldbarren oder -münzen investiert und vier Prozent zählen Silberbarren oder -münzen zu ihrem Besitz.
Sechs Prozent sehen ihre Antiquitäten (z. B. einen sehr alten Schrank) als Geldanlage und vier Prozent besitzen wertvolle Kunstgegenstände.
Jeweils zwei Prozent haben Geld in Anleihen bzw. Zertifikate angelegt.
Mittlerweile sind fällig werdende Lebensversicherungen dagegen mehr Herausforderung denn Freude. Wird das Kapital auf dem Sparkonto deponiert, drohen Verluste, die niedrigen Zinsen reichen oft nicht mal aus, um die Inflation auszugleichen. Gleichzeitig steigt durch die gestiegene Lebenserwartung der Kapitalbedarf. "Die Situation ist für ältere Anleger nicht trivial", sagt Alexander Schmidt. Der 47-Jährige ist nicht nur Honoraranlageberater, sondern auch Geschäftsführer der "Alten Hasen", einer unabhängigen Geldanlageberatung von Älteren für Ältere. Die Skepsis gegenüber Anlageprodukten sei auch bei älteren Anlegern sehr groß, berichtet Schmidt. Gleichzeitig sei es aber zu einem Umdenken gekommen. "Das Thema Geld wird bei Älteren relevanter", sagt Schmidt. Geld einfach auf einem Konto parken und liegen lassen, das könne sich keiner mehr leisten.
Zwei Probleme
Zwar wissen viele, dass der finanzielle Lebensabend mittlerweile deutlich mehr Eigeninitiative erfordert als früher. Laut einer Studie des Finanzdienstleisters Aegon reagieren aber die wenigsten darauf, fast jeder fünfte Bundesbürger empfindet seine Vorsorge demnach als mangelhaft.
Zum anderen fühlen sich gerade ältere Anleger jenseits der 60 Jahre eher in klassischen, weil risikoärmeren Anlagen wie Festgeld oder Sparkonten zu Hause. "Viele haben äußersten Respekt vor Aktien", sagt Honorarberater Schmidt. Trotzdem zwingt die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) viele zum Umdenken. Wie können ältere Anleger ihr Portfolio möglichst risikoarm optimieren?
Der erste Schritt sollte eine Bestandsaufnahme sein. Wie viel Geld habe ich zur Verfügung, wie viel brauche ich, und vor allem: wovon kann ich mich trennen. Diese Frage stellt sich besonders bei Versicherungen. Denn einige Policen drohen für Senioren zur Kostenfalle zu werden, beispielsweise Unfallversicherungen. Die enden in der Regel, wenn der Versicherte zwischen 65 und 75 Jahre alt ist, je nach Vertrag und Laufzeit. "Wer weiterhin versichert sein will, wird von vielen Assekuranzen zum Abschluss eines speziellen Senioren-Tarifs genötigt", sagt Kerstin Becker-Eiselen, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Diese seien nicht nur deutlich teurer, sondern werben oft mit Leistungen, die gar nicht mitversichert werden müssten, beispielsweise Leistungen im Fall eines Oberschenkelhalsbruchs, erklärt Becker-Eiselen. Bei dieser typischen Alters-Verletzung springt normalerweise die Krankenversicherung ein.
"Ältere Menschen brauchen viel weniger private Versicherungen als Jüngere", sagt Becker-Eiselen. Eigentlich reiche oft die Haftpflicht. Wer also Geld sparen will, kann bei Versicherungen radikal kürzen. Die Frage sollte dabei immer lauten, welches Risiko so existenziell ist, dass es abgesichert werden muss.
Was gehört ins Depot?
Versicherungen sind aber nur ein Teil des Sparens der Älteren. Entscheidend ist, was mit dem Geld passiert, das vor einigen Jahren noch auf dem Sparbuch gelandet ist - insbesondere dann, wenn eine große Menge Liquidität da ist, beispielsweise weil eine fällige Lebensversicherung ausgezahlt wurde.
Flexibel bleiben
Grundsätzlich kommt es darauf an, das Geld flexibel anzulegen. Einige flüchten sich mit dem Kapital in eine sogenannte Sofortrente, eine Rentenversicherung, die gegen eine Einmalzahlung ausgezahlt wird. Der Vorteil sind die garantierten lebenslangen Renten, die Raten starten sofort nach der Einzahlung. Was verlockend klingt, ist aber riskant, denn wer sein Geld in eine Sofortrente investiert, macht nichts anderes, als auf ein langes Leben zu wetten. Zwar kann mit dem Versicherer eine Garantiezeit vereinbart werden, in der das Geld auch an Hinterbliebene weitergezahlt wird. Allerdings schmälert das letztlich die Rente - genau wie die hohen Provisionen, die für Sofortrenten in der Regel fällig werden.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Wie sieht also die Alternative zu Sofortrente oder Sparkonto für ältere Anleger aus? "Es klingt banal, aber die einfachste Lösung für ältere Anleger ist ein vernünftig strukturiertes Depot", sagt Schmidt. Das sollte zu 20 bis 30 Prozent aus Aktien bestehen, neben einer liquiden Reserve kommen noch festverzinsliche Anlagen wie Unternehmensanleihen und ein kleiner Rohstoffanteil hinzu.
Aktien ja oder nein?
Grundsätzlich sieht das auch Christian Lange vom VZ Vermögenszentrum so. "Der ein oder andere wird über seinen Schatten springen müssen und auch in Aktien investieren, wenn er keine Rendite verschenken will", sagt Lange. Allerdings rät er von einer festen Faustformel ab. "Die Aktienquote im Depot ist von individuellen Faktoren abhängig", erklärt Lange. Neben der Risikobereitschaft spiele eben auch der Anlagebetrag und die geplante Anlagezeit eine Rolle.
Gleiches gilt auch für den Liquiditätspuffer, der für alle älteren Anleger wichtig ist. "Je nach Bedarf sollten drei bis sechs Monatsausgaben als Liquiditätsreserve, etwa auf Tagesgeldkonten, gehalten werden", sagt Lange. Diesen Renditeverzicht müssten Anleger in Kauf nehmen, um im Ernstfall abgesichert zu sein.
Für viele Anleger der traditionellen Sorte sind das auf den ersten Blick keine guten Nachrichten - Aktien schrecken ab. Es gilt daher, eine akzeptable Form des Börseninvestments zu finden. „Eine gewisse Aktienergänzung kann durchaus als risikomindernd angesehen werden“, sagt Lange. Es müssen ja keine Einzelaktien sein. "Am einfachsten gelingt die Aktienanlage mit passiven, börsengehandelten Indexfonds", sagt Honorarberater Schmidt. Diese ETFs hätten den Vorteil, dass sie gegenüber aktiv gemanagten Fonds deutlich kostengünstiger sind. "Außerdem sind Indizes auf Dauer sowieso schwer zu schlagen", erklärt Schmidt. Zumindest nicht bei überschaubarem Risiko.
Auch Lange rät, zumindest über Dividendenaktien an der Börse zu investieren. Wer in solide Unternehmen investiere, könne allein aufgrund der Dividende mit einer gewissen Rendite kalkulieren, die über den Erträgen bei Staatsanleihen liegt. Das gilt auch für Rentner, deren Anlagekapazitäten gering sind. Auch in einem sicherheitsorientierten Depot ist Platz für einen gewissen Aktienanteil, so die Experten. "Wer nicht zu viel auf einmal riskieren will, kann scheibchenweise in den Markt eintreten", erklärt Schmidt. Monat für Monat werde dann ein fester Betrag investiert.
Insgesamt zeigt sich, dass auch ältere Anleger ihrem Geld deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Ohne Eigeninitiative laufen viele Gefahr, von ihren Bankberatern Produkte angeboten zu bekommen, die nicht optimal für sie sind. Denn leider nutzen einige Bankberater weiterhin das Vertrauen ihrer älteren Kunden aus. Die bekommen dann teure Anlageprodukte, die sie nicht verstehen, und die oft auch gar nicht für sie geeignet sind.