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2021: Es wird ein ruckeliger Weg

Trotz Impfstart wird Corona auch 2021 eine Schlüsselrolle für die Kapitalmärkte spielen. Das 1. Quartal im aktuellen Lockdown wird deutlich volatiler als ohnehin schon erwartet.

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Das Coronavirus mutiert und die Ratlosigkeit der Entscheidungsträger ist zu spüren. Die Verschärfung von Lockdowns in betroffenen Regionen und Ländern scheint zumindest im ersten Quartal die einzig breitenwirksame Maßnahme zu sein. In der Weihnachtszeit wurde eine aggressivere, stärker ansteckende britische Variante identifiziert. Auch in Südafrika und Brasilien scheint es Varianten zu geben, die unter epidemiologischen Gesichtspunkten größere Sorgen als die bisherige Hauptvariante bereiten. Eine Verlängerung und die Verschärfung des Lockdowns in zahlreichen europäischen Ländern waren die Folge. Die Konsequenz davon dürfte allerdings in einigen Ländern ein sogenannter „Double Dip“ sein, dass also die Wirtschaft ein zweites Mal in eine Rezession fällt, weil das erste Quartal 2021 einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität erleben wird. Für Corona gilt, was der US Vizepräsident Pence zum Zeitpunkt der Wahlanfechtungen im Dezember sagte, übersetzt: „Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist, und dieses ist bestimmt noch nicht vorbei“.

Gut ist aber, dass sich das Störfeuer der Politik, wie erwartet, auf dem Rückzug befindet. Für die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wurde tatsächlich der „Skinny Deal“, also eine abgemagerte Variante, erzielt und das vollständige Desaster vermieden. Und in den USA, wie bei der einzigartigen demokratischen Tradition dieses Landes nicht anders zu erwarten, haben weder Vizepräsident Pence noch Senatsführer McConnell Versuche zugelassen, das Wahlergebnis ex post über verfahrenstechnische Tricks neu aufzurollen.

In Deutschland, wo im Herbst Wahlen anstehen, erwartet man nach dem Sieg von Armin Laschet für den CDU-Parteivorsitz auch keine Umkehrung der bisherigen Politik, sowohl Armin Laschet als auch der Vorsitzende der bayerischen Schwesterpartei, Markus Söder, stehen für Kontinuität.



Der sich damit andeutende Rückzug der Politik in die zweite Reihe der kapitalmarktrelevanten Faktoren wirkt positiv. Daneben sind auch einige andere Dinge positiv für die Kapitalmärkte. Der Impfbeginn, wenn auch vielfach langsamer als geplant, ist positiv. Ökonomische Zahlen, gerade in einigen europäischen Ländern, ließen im 4. Quartal auf eine stärkere Robustheit der Konjunktur schließen, als angesichts des schon im November beginnenden „Light Lockdown“ zu erwarten gewesen wäre. Republikaner und Demokraten in den USA haben sich auf ein neues Stimulusprogramm in Höhe von 900 Milliarden US Dollar geeinigt. Nachdem die Demokraten in den Nachwahlen zu Georgia beide Senatssitze gewannen, dürfte es noch ein weiteres Stimulusprogramm in ähnlicher Höhe von Seiten der neuen Regierung geben. Die fiskalische Unterstützung des Wachstums hält nicht nur an, sondern wird noch erhöht.

Die Kapitalmärkte befinden sich im Wechselspiel zwischen den Bekräftigungen politischer Entscheidungsträger für eine weiterhin expansive Geldpolitik und anhaltende fiskalische Unterstützung sowie der trotz Impfung kritischen Lage bei den Corona-Infektionen auf der Nordhalbkugel. Das Corona-induzierte Risiko ist auch aufgrund der Mutationen trotz Impfungen kurzfristig eher höher geworden als noch vor einem Monat.

Blickt man auf die Märkte und besonders auf die hohen Notierungen an Aktienmärkten, fragt man sich: Ist das eher ein Durchschauen der Märkte in die bessere Zukunft oder sind Anzeichen einer Spekulationsblase zu erkennen? Ich hatte schon vor einem Monat darauf hingewiesen: Viele Märkte können nicht mehr als günstig bewertet eingestuft werden - in Teilsegmenten sind sie sogar hoch bewertet. Die „anecdotal evidence“, erinnert mich in einigen Aspekten an das Jahr 1999, die Stimmung schient in Teilbereichen einfach zu sorglos.

Sind also Märkte in einer Spekulationsblase? So einfach ist das nicht. Anders als 1999 sehe ich aktuell keine Vorboten einer absehbaren Verschärfung der Geldpolitik, das heißt Niedrigzinsphase und Jagd nach Rendite werden die Märkte auf absehbare Zeit maßgeblich beeinflussen. Ist es also keine Spekulation, sehen wir nur ein rationales Durchschauen? Eine solche Antwort kann ich nun wiederum auch nicht geben. Die Unternehmensbewertungen zeigen, dass ein deutliches Maß an Spekulation enthalten ist. Die Grundannahmen der Ergebnisse einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik teile ich, aber ob manche Marktteilnehmer hier übertriebene Erwartungen haben, möchte ich nicht ausschließen. Damit dürften die derzeitigen Notierungen an den Kapitalmärkten sowohl vom Durchschauen in die Zukunft als auch von spekulativen Überlegungen geprägt sein.

Das heißt, die Märkte dürften aktuell ganz besonders aufmerksam die „Reality-Checks“ monitoren, die ihnen ein besseres Gefühl geben, wie stark ein Durchschauen oder eine Spekulation die Situation trägt: Dazu gehören die Entwicklung der Frühindikatoren, die Statements der Notenbanken, die veröffentlichten Zahlen der Unternehmen zum Gesamtjahr 2020 sowie der Ausblick, ob und wie stark Corona-Auswirkungen zu Belastungen im operativen Geschäft führen, sowie Fortschritte bei den Impfungen. Vor diesem Hintergrund verspricht das 1. Quartal im aktuellen Corona-Lockdown deutlich volatiler als ohnehin schon erwartet zu werden.

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Kommt der ökonomische Rahmen, wie ich ihn erwarte, ist er, daran hat sich nichts geändert, durchaus positiv für Kapitalmärkte, vielleicht jetzt mit einer leichten Verzögerung: ein anhaltender Aufschwung aus einem tiefen Schock kommend, gepaart mit geringer Inflation und Notenbanken, die angesichts der zu erwartenden sehr niedrigen Inflation keinen Anlass haben, selbst im Falle inflationärer Überraschungen durch eine Verschärfung der Geldpolitik diesen Aufschwung zu bremsen. Vielmehr dürften ihre Wertpapierkaufprogramme weiter fortgesetzt werden, und damit die Niedrigzinsphase und die „Jagd nach Rendite“ weiter akzentuieren. Über allem steht die grundsätzliche Annahme, dass die Corona-Impfungen, wovon derzeit ausgegangen wird, auch gegen Mutationen wirken.

Aber angesichts der negativen Entwicklungen, die wir mit den ausgeweiteten Lockdowns gesehen haben, bleibt auch ein weiterer Punkt der letztmonatigen Kolumne zu bekräftigen: Nach dem historischen Jahr 2020 bleiben Diversifikation und Portfolioabsicherung das Gebot der Stunde.

Mehr zum Thema: Aktien und Gold? Oder lieber Immobilien und Bitcoin? Unsere Tipps für das Börsenjahr 2021.

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