Geldanlage global
Corona-Angst in Tokio: Die Börse hat deutliche Verluste zu verzeichnen, seit sich das Coronavirus ausbreitet. Quelle: imago images

Drei Möglichkeiten für Anleger, auf das Coronavirus zu reagieren

Mark Haefele Quelle: PR
Mark Haefele Global Chief Investment Officer, UBS Global Wealth Management Zur Kolumnen-Übersicht: Geldanlage global

Das Coronavirus hat die Börsen infiziert. Jetzt fragen sich Anleger: Wie mit der neuen Situation umgehen? Kaufen? Verkaufen? Drei Möglichkeiten, wie Anleger die Auswirkungen der Krise auf ihr Depot abmildern.

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Das COVID-19-Virus hat Europa erreicht. In Italien, Frankreich und Deutschland steigen die Infektionsraten rapide an. Neben immer größeren menschlichen Kosten hatte die Epidemie auch beträchtliche Auswirkungen auf die Märkte. Sowohl der deutsche Dax als auch der breiter gefasste Euro Stoxx 50 brachen vergangene Woche um 12,4 Prozent ein. Dies war der größte Rückgang seit der Finanzkrise 2008. Die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe rutschte weiter ins Minus und erreichte mit –0,64 Prozent fast ihren letztjährigen Tiefstand von –0,71 Prozent.

Während in China, wo das Virus ausbrach, anscheinend langsam wieder Normalität einkehrt, sind inzwischen rund 60 Länder von dem Ausbruch betroffen – Tendenz steigend. Die neuesten Konjunkturdaten aus China belegen, wie stark die Industrieaktivität in Europa in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Derweil versuchen die Regierungen, die Verbreitung der Krankheit zu verlangsamen. Der chinesische Einkaufsmanagerindex für die Industrie sackte im Februar von 50 auf 35,7 Punkte ab und unterschritt damit sogar seinen Tiefstand von 38,8 Punkten während der Finanzkrise. Die Probleme für Europa kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem die deutsche Industrie bereits unter Druck steht, nachdem die Industrieproduktion im Dezember um 6,8 Prozent zurückgegangen ist.

Anleger stehen vor der Herausforderung, wie sie auf die sich verändernde Situation reagieren. Umfang, Auswirkungen und Dauer des Problems sind weiterhin unklar, und die Nachrichtenlage ändert sich laufend. Der kurzfristige Ausblick für die Märkte hängt meiner Ansicht nach von mehreren Hauptentwicklungen ab. Der entscheidende Punkt ist, ob es durch die weltweiten staatlichen Eindämmungsmaßnahmen gelingt, den Höhepunkt des Ausbruchs abzumildern. In der vergangenen Woche wurden in Deutschland 1000 Menschen unter Quarantäne gestellt und in der Schweiz wurden Großveranstaltungen verboten. Mein Basisszenario geht davon aus, dass diese Maßnahmen zusammen mit dem natürlichen Rückgang der Infektionen im Frühling, wenn die Temperaturen steigen, bis Ende März oder Anfang April eine Stabilisierung der globalen Ausbreitung bewirken. In diesem Fall könnte eine weltweite Rezession abgewendet werden.

Neben staatlichen Eindämmungsmaßnahmen werden auch entschlossene geldpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung wirtschaftlicher Störungen ergriffen. Die Zentralbanken der USA, Großbritanniens und Japans haben Schritte zur Stabilisierung der Märkte angekündigt, und Regierungen in Asien – unter anderem in China und Südkorea – haben ihre haushaltspolitischen Anstrengungen ebenfalls verstärkt. Das heißt aber nicht, dass die jüngste Marktkorrektur eine undifferenzierte Kaufgelegenheit für Anleger darstellt. Wir befürworten stattdessen einen selektiveren Ansatz.

Wie sich Anleger vor den Corona-Auswirkungen schützen können

Erstens empfehlen wir eher Aktien aus Schwellenländern als aus der Eurozone. Die Aktienmärkte der Schwellenländer haben sich in der vorigen Woche angesichts eines Rückgangs von 7,2 gegenüber 12,4 Prozent in der Eurozone bereits besser aus der Affäre gezogen. Dies spiegelt die Ansicht wider, dass es China offenbar gelingt, den Ausbruch des Virus einzudämmen, der sich gerade in Europa und den USA auszubreiten beginnt. Angenommen, China hat weiterhin Erfolg, würden wir in diesem Jahr mit einem Gewinnwachstum von nahezu zwölf Prozent in der Region Asien ohne Japan rechnen.

Im Gegensatz dazu erwarten wir in der Eurozone in diesem Jahr einen Gewinnrückgang. Außerdem hat die Europäische Zentralbank weniger Spielraum als die People's Bank of China um Konjunkturrückgänge abzufedern, denn der Einlagenzins der EZB steht bereits bei –0,5 Prozent. Eine weitere Lockerung um zehn Basispunkte (mehr erscheint unwahrscheinlich) hätte aus unserer Sicht keinen großen Nutzen. Laut dem deutschen Finanzminister Olaf Scholz könnte Deutschland im Fall einer größeren Wirtschaftskrise haushaltspolitisch „mit aller Kraft“ reagieren. Es würde allerdings dauern, bis eine solche Intervention Wirkung zeigt.

Zweitens fahren Anleger, was Aktien aus der Eurozone anbelangt, meines Erachtens mit Qualitätsunternehmen mit soliden Cashflows und hohen Dividenden sowie Unternehmen mit hohem Engagement in den Schwellenländern am besten. Die Dividendenrendite europäischer Aktien ist mit durchschnittlich 3,6 Prozent attraktiv. Die zehnjährige Benchmark-Rendite für deutsche Staatsanleihen liegt dagegen bei –0,3 Prozent. Noch attraktivere Dividendenrenditen finden sich bei zyklischen und defensiven Aktien wie zum Beispiel Finanz- (5 Prozent), Energie- (6 Prozent) und Versorgertiteln (4,6 Prozent). Angesichts der relativ guten Bilanzen und der Ausschüttungsquoten im Bereich des historischen Durchschnitts erscheinen die Dividenden nachhaltig. Außerdem können Aktien von Unternehmen, die in Schwellenländern tätig sind, von einer Erholung stärker profitieren, da sich die Zahl der COVID-19-Fälle in China zu stabilisieren scheint.

von Georg Buschmann, Frank Doll, Hauke Reimer, Christof Schürmann

Drittens bin ich der Auffassung, dass Anleger Strategien in Erwägung ziehen können, denen die höhere Volatilität zugutekommt. Der VSTOXX Index, der die erwartete Volatilität des Euro Stoxx 50 Index über 30 Tage widerspiegelt, ist seit Mitte Februar von rund 13 auf 42 Punkte gestiegen. Aufgrund der Zunahme der Volatilität können Anleger mit Strategien wie dem Verkauf von Put-Optionen höhere Renditen erzielen und gleichzeitig ein Aktienengagement aufbauen, wenn die Märkte weiter fallen. Anleger, die sich umfassender gegen Abwärtsrisiken absichern möchten, könnten auch strukturierte Lösungen in Betracht ziehen, die ihre Rendite verbessern können und zugleich einen gewissen Kapitalschutz bieten.

Generell sind Stressphasen an den Finanzmärkten ein wichtiger Test für Anleger. Wie immer sind der beste Schutz in turbulenten Zeiten der Aufbau eines voll diversifizierten globalen Portfolios und die Beibehaltung eines langfristigen Anlagehorizonts mit einem Engagement in Unternehmen, die von langfristigen Trends der globalen Wirtschaft profitieren. Darüber hinaus sind solche Ereignisse ein Test für die Fähigkeit eines Anlegers, der natürlichen Neigung, risikoreiche Anlagen zu verkaufen, zu widerstehen, während viele andere Anleger in übermäßigen Pessimismus verfallen.

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