Geldanlage mit Derivaten "Viele Anleger wissen nicht, worauf sie sich einlassen"

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"Fall zeigt, wie willkürlich Emissionsbanken vorgehen können"

Mattils Mandanten erlebten aber nicht nur mit hochspekulativen Finanzvehikeln böse Überraschungen. Eine Derivatebank wollte Anlagezertifikate auf einen Fonds des Finanzjongleurs Florian Homm nicht zurückzahlen, weil der Hedgefondsmanager untergetaucht war. Die Bank berief sich dabei auf eine Marktstörung, die wegen einer Klausel in den Bedingungen eine Rückzahlungsverpflichtung ausschließe. „Unsere Mandanten bekamen zwar letztlich recht und die Bank musste die Zertifikate zurückzahlen, doch der Fall zeigt, wie willkürlich Emissionsbanken vorgehen können“, sagt Mattil.

Ein heikles Thema ist generell die Preisberechnung komplexer, zusammengesetzter Finanzprodukte. In vielen Zertifikaten stecken nicht nur der Basiswert, also der Index oder die Aktie, auf die sich das Wertpapier bezieht. Zusätzlich sind mehrere, oft verschiedene Optionen verbaut.

Optionen sind hochspekulative Finanzprodukte, die schon bei kleinen Marktschwankungen große Kursausschläge vollführen. „Preisberechnungen von Zertifikaten sind oft viele Seiten lang und werden selbst von fortgeschrittenen Anlegern nicht mehr verstanden“, sagt Mattil. Welcher Sparer könne etwa den Wert von Bonitätsanleihen angemessen einschätzen? Der hängt unter anderem davon ab, wie sich die finanzielle Situation gleich mehrerer Unternehmen in der Zukunft entwickelt.

Immerhin erlaubt die BaFin solche Papiere seit Kurzem nur noch mit Einschränkungen. Im Finanzausschuss des Bundestages gibt es derzeit auf Betreiben der Partei die Linke sogar das Bestreben, einen TÜV für Finanzprodukte einzuführen und zu prüfen, ob diese Papiere für das Finanzsystem im Allgemeinen und für Anleger im Besonderen ein Risiko darstellen.

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Wäre das Verbot von Derivaten für Privatanleger nicht das Einfachste? „Da sind Abstufungen notwendig“, sagt Mattil. Indexzertifikate, die genauso liefen wie der Dax oder andere bekannte Basiswerte, seien überprüfbar und deren Kursverlauf nachvollziehbar. Mattil würde beim Dax ETFs bevorzugen, aus bekannten Gründen: Als Sondervermögen sind sie besser vor einer Bankpleite geschützt als Zertifikate.

Selbst klassische Kauf- und Verkaufsoptionsscheine sind für Mattil nicht automatisch Teufelszeug: „Wer allerdings unbedingt mit solchen hochriskanten Instrumenten spekulieren will, muss sich im Klaren sein, dass es sich hier nicht um eine Geldanlage handelt, sondern um eine Wette.“ Damit besteht stets das Risiko, dass der Anleger alles verliert.

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