Geldanlage Warum wir das Sparbuch jeder Rendite vorziehen

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Schlechte Erfahrungen mit Volksaktien

Naheliegende Beteiligungen an Konzernen wie Siemens, BMW oder Bayer – über direkte Anteile oder als Gläubiger über Anleihen – ziehen nur wenige Deutsche in Erwägung. Nicht einmal 250 Milliarden Euro haben deutsche Sparer direkt in Unternehmen investiert. Demgegenüber stehen jeweils rund 2000 Milliarden Euro auf täglich verfügbaren Konten oder aus Ansprüchen gegen Lebensversicherungen und Pensionskassen.

Das hat vor allem drei Gründe.

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  • Erstens: Das 1976 erlassene Mitbestimmungsgesetz vollendete und normierte den Charakter der deutschen Angestellten-Gesellschaft (mit beschränkter Haftung). Das gemeinsame Interesse am Erfolg eines Unternehmens wird in diesem Modell nicht über die weitverstreute Beteiligung von Anteilseignern sichergestellt (Belegschaftsaktien), sondern über ein Aufsichtsgremium, das die Dichotomie der Kapitalseite einerseits und der Lohnabhängigen andererseits bekräftigt. Das wirtschaftliche Engagement der Deutschen besteht im Acht-Stunden-Verleih ihrer Arbeitskraft, nicht in der Rund-um-die-Uhr-Investition ihres Kapitals.
  • Zweitens: Die deutsche Geldpolitik ist dem Primat der Preisstabilität verpflichtet. Das unterscheidet sie von der Politik der amerikanischen Federal Reserve. Entsprechend verfolgt die Fed eine tendenziell expansive Geldpolitik (mit niedrigen Zinsen), die Abschwünge abfedern und Krisen dämpfen soll, während sich die Bundesbank einer restriktiven Geldpolitik (bei höheren Zinsen) verpflichtet weiß, um das Sparen zu begünstigen und ein Deroutieren der Finanzmärkte zu verhindern. Nicht zuletzt, weil die Vordenker der „Sozialen Marktwirtschaft“ dem Sparen einen „Ehrenplatz“ reserviert haben.
  • Drittens: Die Deutschen haben schlechte Erfahrungen mit Volksaktien gemacht. „Volksaktien“, das hört sich ähnlich verlässlich an wie Volkswagen: „Er läuft und läuft und läuft...“ Und tatsächlich wurde die erste „Volksaktie“ der Deutschen 1959 als „gutes und sicheres Papier für eine langfristige Kapitalanlage“ beworben. Nur leider musste der Anleger für die Papiere der Preussag (später TUI), und mehr noch für die ein Jahr später mit Sozialrabatt unters Volk verjubelten Aktien von Volkswagen, schon einen ganz langen Atem aufbringen, um wirklich von ihnen zu profitieren: Der Kurs von Volkswagen halbierte sich in den Siebzigerjahren. Vollends zum Desaster für Anleger aber geriet erst die Privatisierung der Telekom. Als Witwen- und Waisenpapier gestartet, erreichte die T-Aktie bis März 2000 schwindelerregende Höhen, um hernach 90 Prozent ihres Wertes einzubüßen.
Anlagestrategien der Deutschen bei einer sich verschärfenden Euro-Krise

Welch Wunder, dass die meisten Deutschen Gewinne auf Kapital – nicht zu Unrecht – als Prämien auf Risiken deuten, die sie nicht einzugehen bereit sind – auch (und gerade!) nicht in Zeiten von Niedrigzins, Mangelwachstum, Staatsschuldenexpansion und rettungslos aufgepumpten Märkten. Wenn einer aktuellen Studie der GfK zufolge 17 Prozent der Befragten behaupten, Aktien seien attraktiv (2011: acht Prozent), dann blicken sie auf die vergangenen Jahre und stellen das Offensichtliche fest. Wenn gleichzeitig eine halbe Million Anleger aussteigen, tun sie das mit Blick auf die nächsten Jahre und kalkulieren das Wahrscheinliche ein.

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