Geldanlage Was Sparern bei einer D-Mark-Rückkehr blüht

Auslandsaktien, Lebensversicherung, Gold und Immobilien: Wenn die D-Mark doch zurückkehrt, müssen sich Anleger umstellen. Welche Geldanlagen dann sicher sind und welche nicht.

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Eine Rückkehr zur D-Mark als Folge der Euro-Krise ist unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar Quelle: dpa

Bei einer Rückkehr zur D-Mark bliebe eine Aktie eine Aktie. Der Kurs deutscher Aktien von Siemens, BASF und Co. könnte 1:1 auf D-Mark umgestellt werden, der Aktienkurs würde sich weiter nach Angebot und Nachfrage richten. „Für Aktionäre deutscher Titel ändert sich von der Währungsseite gesehen her nichts“, sagt Thomas Wacker, Chef der Kreditanalyse der UBS Vermögensverwaltung in der Schweiz.

Wohl aber von anderer Seite: In einem Extrem-Szenario könnte der Aktienhandel zeitweise ausgesetzt werden. Die Börsen hätten Zeit für eine Umstellung.

Aktien: Deutsch kaufen

Setzt der Handel wieder ein, dürfte es zunächst nach unten gehen. Eine Umstellung träfe Unternehmen massiv. Mit der D-Mark-Aufwertung würden deutsche Waren im Ausland teurer. Abfedern würden das zwar billigere Importe.

Mit der starken Mark könnten Konzerne etwa Öl, das in Dollar gehandelt wird, günstiger kaufen. Viele Unternehmen importieren für Exporte Teile, die sie verbauen. Sie könnten so Preisnachlässe im Exportgeschäft teilweise kompensieren. „Die Nachteile überwiegen jedoch unter dem Strich“, urteilt Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank.

Treffen würde Unternehmen die Rezession. Bürger in Südländern könnten sich deutsche Produkte kaum mehr leisten. „Wichtige Absatzmärkte brächen weg“, sagt Zeuner. Konzerne, die stark vom europäischen Export abhängen, könnten Umsatz und Gewinn einbüßen. Ulrich Kater, Deka-Chefvolkswirt, fürchtet „erhebliche Gewinneinbrüche, Massenarbeitslosigkeit auch in Deutschland und massive Kursverluste bei Aktien“.

Börsencrash nicht unwahrscheinlich

Falls die Euro-Zone bricht, droht ein Crash nicht nur bei europäischen Aktien, sondern weltweit. Credit Suisse erwartet, dass die Gewinne je Aktie der 500 wichtigsten börsennotierten US-Unternehmen um 40 Prozent einbrechen und der Leitindex S&P 500 ein gutes Drittel an Wert verlieren würde.

Zwar könnte die starke D-Mark Anleger in deutsche Aktien locken. Doch insbesondere der exportlastige Dax dürfte sich dem Crash kaum entziehen können.

So sollten Anleger, die einem D-Mark-Szenario folgen, nicht zu viele Aktien halten und Wert auf Titel legen, die den Großteil des Geschäfts mit heimischen Konsumenten machen. Kabel Deutschland macht jeden Euro (oder Mark) Umsatz hierzulande.

Dass im Fall des D-Days die Deutschen den Fernseher nicht mehr benötigen – ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Klinikbetreiber Rhön: Patient bleibt Patient. Optiker-Marktführer Fielmann dürfte weiter Brillen verkaufen und könnte günstiger einkaufen, weil die Kosten für Importware in Mark fallen dürften. Beim Netzwerk Xing dürfte es kaum zur Kundenflucht kommen, weil der Euro zerbricht.

Den Crash aussitzen

Eine Ein-Euro-Münze (r) und eine Deutsche Mark (D-Mark) Quelle: dpa

Mit einem kleinen Depot deutscher Aktien mit hohem heimischem Umsatzanteil könnten Anleger einen Börsencrash aussitzen und möglicherweise später wieder zu günstigen Kursen Bares in die international aufgestellten Konzerne aus Dax und MDax umschichten.

Wenn es keine Kapitalverkehrskontrollen geben sollte, dürften mittelfristig auch vermehrt ausländische Anleger deutsche Aktien nachfragen, um so auf Währungsgewinne aus einer fortschreitenden D-Mark-Aufwertung und ein neues deutsches Wirtschaftswunder zu setzen.

Grundsätzlich entscheiden Börsentrend und Gewinnaussicht über den Anlageerfolg. Doch die Währungsentwicklung bestimmt ihn mit. Bereits heute nehmen Anleger ausländischer Titel den Währungseffekt in Kauf. Hinter Papieren, die im Depot in Euro gebucht sind, verbergen sich Fremdwährungen.

Aktien mit Kernmarkt Deutschland

Vorrang für deutsche Aktien

Bei Auslandsaktien abwarten

Bei der Kursfindung einer Apple-Aktie in Frankfurt etwa richtet sich der Kurs nicht nur nach den New Yorker Kursen, sondern auch nach der aktuellen Euro/Dollar-Entwicklung. Eine schwache Währung kann den Anlegerertrag deshalb belasten.

Wer zum Ende des Euro etwa italienische Aktien im Depot hätte, müsste mit Währungsabwertungen rechnen. Wer dagegen zu diesem Zeitpunkt Bares hält, könnte mit der starken D-Mark Fiat- oder Pirelli-Aktien günstiger kaufen.

Anleihen: Am liebsten Bunds

Auch bei Euro-Anleihen müssen deutsche Anleger zwischen in- und ausländischen Emittenten unterscheiden. Wer bei einer Währungsumstellung als Deutscher Auslandsanleihen im Portfolio hat, kann über den Wechselkurs Geld verlieren. Das ist heute schon ein Risiko für Anleger, die Anleihen außerhalb der Euro-Zone kaufen.

Bundesanleihen dürfte Deutschland wohl auf D-Mark umstellen, also die Rückzahlung in D-Mark garantieren. Anderenfalls wäre die Altersvorsorge von Millionen Deutschen noch stärker gefährdet und der Ruf des Bundes auf den Kapitalmärkten lädiert – ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn schließlich will Deutschland ja später noch in D-Mark Schulden machen.

Riskanter wären Unternehmensanleihen. Wacker von UBS hat sich zahlreiche Bond-Prospekte angesehen: Wer einen Bond kaufe, sagt er, gehe einen Vertrag ein. „Die Verträge sehen nicht vor, dass die Schulden in einer anderen Währung zurückgezahlt werden.“

Unternehmen kein Geld leihen

Einige geschredderte Fünf-Mark-Münzen. Quelle: REUTERS

Es wäre zwar denkbar, dass Deutschland Unternehmen zwingt, Schulden in D-Mark zu begleichen. Sehr erfolgreich wäre das aber wohl nicht: Viele Dax-Konzerne haben eine ausländische Finanzierungstochter. Siemens etwa emittiert Anleihen über eine Finanzierungstochter in den Niederlanden.

„Der deutsche Gesetzgeber kann nicht eingreifen, wenn der Schuldner im Ausland sitzt“, sagt Schuster von Freshfields, „und der niederländische Gesetzgeber hat die gleichen Rechte wie der deutsche. Stellten die Niederländer alle Verbindlichkeiten ihrer Gebietsansässigen von Euro auf Gulden um, müssten niederländische Finanzierungstöchter deutscher Konzerne Zins und Tilgung für ihre Anleihen in Gulden leisten.“

Wertet die D-Mark zum Gulden auf, verlieren Anleger bei der Rückzahlung der Schulden über den Wechselkurs Geld. Gegen diese Theorie spricht, dass Anleger Unternehmen mit dieser Haltung langfristig kein Geld mehr leihen dürften.

Ausweg: Unternehmen könnten Anlegern einen Umtausch ihrer Euro- in D-Mark-Bonds anbieten. Falls sie überhaupt zahlen können: „Stellte Deutschland per Gesetz alle Anleihen von deutschen Unternehmen auf D-Mark um, schulden diese plötzlich eine härtere Währung, lauten ihre Vermögenswerte aber ganz oder teilweise auf eine weichere Währung, könnte diese Maßnahme für Unternehmen existenzbedrohende Folgen haben“, sagt Freshfields-Partner Gunnar Schuster, Co-Leiter der weltweiten Gruppe Banken & Versicherungen.

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Handfeste Werte: Immobilien

Ein Haus in Deutschland bleibt ein Haus. Lediglich die Währung, in der man über den Preis verhandelt, würde sich im Zuge einer Währungsumstellung ändern. Und hier bestimmt der Markt den Preis. Fällt Europa allerdings im Zuge der Neuordnung in die Rezession, verlieren Menschen ihre Jobs, werden sie sich weniger Immobilien leisten.

Die Nachfrage lässt nach, die Preise sinken. Andererseits könnten Anleger noch stärker in Sachwerte flüchten und Immobilien kaufen wollen. Die Preise könnte das weiter beflügeln. Für Deutsche, deren Immobilienkredit in D-Mark umgerechnet wurde, ändert sich nichts. Sie verdienen fortan D-Mark und zahlen ihren Kredit in D-Mark zurück. „Der vereinbarte Zinssatz könnte weiter gelten“, sagt Zeuner.

Immer wieder Gold

Zerbricht die Währungsunion, hätte dies einen Nachfrage- und einen Währungseffekt auf Gold: Zum einen dürften mehr Anleger als heute auf der Suche nach Sicherheit Gold nachfragen, der Preis also steigen. Zum anderen halten, weil Gold in Dollar abgerechnet wird, Goldbesitzer mit ihren Barren und Münzen faktisch ein Dollar-Investment.

Mehr Gold fürs Geld

Eine Euro-Münze vor einem Ein-Dollar-Schein Quelle: REUTERS

Schwächelt der Dollar-Preis zur D-Mark, bekommen sie bei einem Verkauf ihres Goldstückes weniger D-Mark zurück als mit einem starken Dollar. Tröstlich, der erste Effekt dürfte überwiegen: „Der Goldpreis steigt in Krisensituationen schneller, als der Dollar fällt“, sagt Goldminen-Fondsmanager Martin Siegel.

Wer Gold kaufen möchte, hat mit der starken Mark eine hohe Kaufkraft und bekommt mehr Gold für sein Geld.

Empfehlung: Anleger sollten Gold als Versicherung halten, auch im D-Mark-Szenario; am besten physisch in Form von Münzen. 20 bis 30 Prozent sind ein gesunder Depotanteil. Selbst in D-Mark ist Gold über lange Zeiträume ein Gewinner.

Lebensversicherung

Schlechter stünde es um die Altersvorsorge. „Versicherer müssten Leistungen in D-Mark auszahlen, hätten Kapitalanlagen aber teils in schwächeren Währungen angelegt. Dies könnte einzelne Versicherer in Existenznöte bringen“, sagt Freshfields-Partner Schuster.

Ende 2010 hatten deutsche Lebensversicherer gut 38 Prozent der rund 747 Milliarden Euro, die sie für Kunden anlegen, im Ausland investiert. Werden diese in Fremdwährungen umgestellt und werten um nur zehn Prozent ab, müssten Lebensversicherer 28,4 Milliarden Euro abschreiben.

Versicherer müssten abschreiben

Bei 40 Prozent wären es allein durch Wechselkursverluste 113,5 Milliarden. Lebensversicherer halten traditionell die meisten Gelder in Schuldpapieren, aktuell rund 88 Prozent. Für die Anlage gelten die beschriebenen Szenarien für Anleihen: Bundesanleihen wären wenig riskant, außerhalb von Deutschland gekaufte Papiere könnten abwerten.

Weil rund 50 Prozent der Versicherer-Anlagen in Bankpapieren stecken, würden Probleme der Banken die Verluste der Versicherer potenzieren. Die Finanzaufsicht BaFin müsste vertraglich zugesagte Garantiezinsen kippen und versprochene Auszahlungssummen kürzen.

Für alle, die in Frankfurt exponiert mit Geld zu tun haben, ist das D-Mark-Szenario der reine Horror. „Ich würde meine Frau anrufen, sagen: ,Schatz, pack das Auto.‘ Dann würden wir in unser Ferienhaus fahren“, sagt ein prominenter Milliarden-Verwalter.

Drei Jahre Arbeit bis zur Mark

Top Secret: In diesem Bunker vresteckte die Bundesbank bis 1988 Not-D-Mark für den befürchteten III. Weltkrieg Quelle: dpa

Ein Problem wäre es, das EZB-System auseinanderzubrechen. Über ihr „Target2“-Zahlungssystem wickeln die Euro-Notenbanken Zahlungen untereinander ab. Die Forderungen der Bundesbank aus Target2 liegen bei über 450 Milliarden Euro, weil viele Bürger von Schuldenländern Geld auf Konten deutscher Banken überwiesen.

Über die EZB floss es an die Bundesbank, die es an Banken weiterleitete und so Forderungen gegen das Euro-System aufbaute. Bei einem Crash müsste sie ihre Forderungen wohl abschreiben.

Logistisch wäre die Wiedereinführung eine Herkules-Aufgabe. Die Euro-Bargeld-Einführung 2002 wurde drei Jahre lang vorbereitet. Allein die Frankfurter Sparkasse gab in den ersten beiden Monaten nach der Euro-Einführung 200 Tonnen Euro-Münzgeld an Kunden aus.

Fahrkartenautomaten, Händlerkassen, Bankcomputer und 58.000 Geldautomaten in Deutschland müssten umgestellt werden. „Wir reden über rund drei Jahre, bis mit einer neuen Währung alles wieder wie heute funktioniert, da stehen riesige Prozesse hinter“, sagt ein Frankfurter Banker.

Der bislang wohl letzte D-Mark-Schein wurde am 7. März 2000 bei Giesecke & Devrient in München gedruckt, es war ein Zehner. Die Druckplatten wurden vernichtet, nur wenige stehen noch im Geldmuseum der Bundesbank in Frankfurt.

Geheim, Geheimer, D-Mark

Immerhin: Auch die D-Mark-Einführung 1948 wurde schließlich drei Jahre lang geheim vorbereitet. Laut einem Bericht des Deutschlandfunks brachte am Ende dieser drei Jahre, am 20. April 1948, ein Bus mit undurchsichtigen Milchglasscheiben die Mitglieder der von Ludwig Erhard geführten „Sonderstelle Geld und Kredit“ in einen US-Fliegerhorst bei Kassel.

Dort seien die letzten geheimen Vereinbarungen zur Abschaffung der Reichsmark und Einführung der D-Mark getroffen worden.

Und: Im Kalten Krieg, Anfang der Sechziger, hatte die Bundesbank schon mal eine Geheimwährung. 15 Milliarden der D-Mark-Serie „BBk II“ wurden in einem Bunker in Cochem an der Mosel gelagert, 30 Meter unter der Erde. Die Scheine sollten in einem dritten Weltkrieg die D-Mark ersetzen. Erst 1988 wurde das Geld vernichtet.

Von einer Serie „BBk III“ aber ward bis heute nichts vernommen.

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