WirtschaftsWoche: Herr Zulauf, welcher europäischen Großbank geht bald die Luft aus?
Felix Zulauf: Im Prinzip sind in Europa schon mehrere Banken pleite, vermutlich auch einige in den USA. Aber die Regierungen werden keine große Bank bankrott gehen lassen.
Warum eigentlich nicht?
Der Ausfall einer großen Bank würde Ausfälle bei anderen nach sich ziehen, die der Pleitebank Kredit gegeben oder von dieser Derivate gekauft haben. Es würde also zu einer Kettenreaktion und letztlich zum Zusammenbruch des Finanzsystems kommen. Um den zu verhindern, werden im Lauf der nächsten zwei bis drei Jahre weitere Banken verstaatlicht werden, in den Peripherieländern, aber auch darüber hinaus.
Große Verstaatlichungen wären vor drei bis vier Jahren billiger gewesen.
Richtig. Schon während der damaligen Krise hätten alle systemrelevanten Banken sofort verstaatlicht werden müssen – zu Tiefstkursen. Danach hätte man Bonuszahlungen aussetzen und die Banken sukzessive auf eine stärkere Eigenkapitalbasis stellen können. Nach sieben bis zehn Jahren wären die überlebensfähigen Banken wieder reif für den Markt gewesen. In der jetzigen Form werden viele Banken nicht überleben.
Warum nicht?
Sie sind zu stark verschuldet, und nicht nur die Banken allein. In den letzten Jahrzehnten haben wir alle, im staatlichen und im privaten Bereich, in einem Ausmaß Schulden aufgebaut, dass das System nicht mehr funktionieren kann. Wir können nicht mehr wachsen, weil wir zu viele Schulden am Hals haben.
Die US-Großbank JP Morgan hat mit Derivate-Geschäften zwei Milliarden Dollar in den Sand gesetzt. Ist es denkbar, dass sich dieser Verlust im Bankensystem potenziert?
Zwei Milliarden Dollar sind für JP Morgan ein Klacks. Den Verlust stecken die relativ schnell weg. Aber es könnte auch zehnmal mehr werden. Das Problem ist ein anderes: Es gibt in Amerika nur fünf Banken, die etwa 95 Prozent der ausstehenden US-Derivate auf ihren Büchern haben. JP Morgan ist eine davon. In Europa ist das Geschäft etwas breiter verteilt. Global bewegt sich der Derivate-Markt irgendwo zwischen 400 und 700 Billionen Dollar. Das sind enorme Summen.
Wenn realwirtschaftliche Trends dann auf einmal die Märkte heftig bewegen, kann es große Ausschläge geben. Dann besteht die Gefahr, dass sich eine Bank nicht richtig abgesichert oder sich schlicht verspekuliert hat. Auch dann droht ein Systemkollaps, der wiederum nur durch Verstaatlichungen verhindert würde. Ich sehe da keinen anderen Ausweg.
Die Regulierungsbehörden schreiben den Banken vor, riskante Geschäfte künftig mit mehr Kapital abzusichern. Können die Banken die höheren Kapitalanforderungen überhaupt umsetzen?
Man hat ihnen da ja recht viel Zeit gegeben. Die schärferen Eigenkapital-Vorschriften nach dem Basel III-Abkommen greifen erst von 2019 an.
Einzelne Länder wollen die Vorschriften verschärfen und drängen auf eine frühere Umsetzung.
Im Prinzip zu Recht, zur Gesundung des Finanzsystems brauchen wir besser kapitalisierte Banken. Zum heutigen Zeitpunkt aber schwächen die Eigenkapitalregeln das Finanzsystem massiv und schaden der Konjunktur. Wenn fällig gewordene Kredite nicht mehr erneuert werden, weil die Bankbilanzen wegen fehlendem Eigenkapital schrumpfen müssen, wird die wirtschaftliche Aktivität zwangsläufig zurückgehen. Das Problem reicht bis in die Schwellenländer hinein. Betroffen wären dort vor allem die Länder in Zentral- und Osteuropa.
Der Prozess ist noch lange nicht beendet
Wird Griechenland aus dem Euro und in die Pleite entlassen?
Die Stimmung hat gedreht. Hinter der Kulisse wird der Austritt von Griechenland vorbereitet. Und ich gehe davon aus, dass Griechenland noch in diesem Jahr zum zweiten Mal zahlungsunfähig wird.
Stehen wir erst am Anfang einer Phase mit Staatsbankrotten und Austritten aus der Währungsunion?
Ja, dieser Prozess ist noch lange nicht beendet. Griechenland allein wäre ja noch überhaupt kein Problem für Europa und die Eurozone, aber es ist eben nur der Anfang eines Problems, das sich unter der Oberfläche massiv ausweitet. Griechenland wird vermutlich im zweiten Halbjahr als erstes Land die Eurozone verlassen. Im nächsten Jahr folgen weitere Länder, zunächst wahrscheinlich Portugal und Irland, aber dann kommt Spanien. Die Frage ist, ob die Eurozone bereit ist, das Projekt Euro zu beerdigen und zurück zu nationalen Währungen zu gehen.
Wird sie das?
Ich vermute, dass wird noch nicht passieren. Die Politik hängt derart an diesem Fantasieprojekt, dass sie es vor sich her trägt wie ein Dogma, koste es, was es wolle. Es wird unendliches Leid über Europa gebracht. Die Krise wirkt fast so wie ein Krieg. Sie zerstört wirtschaftliche Strukturen, Unternehmen und Existenzen. Hier spielt sich ein Drama ab. Möglicherweise kommt Italien noch in eine ähnliche Zwangslage wie Spanien, möglicherweise auch noch Frankreich. Frankreich ist, wenn es sich Reformen verweigert, noch stärker gefährdet als Italien.
Warum wurde die Sprengkraft des spanischen Immobilienmarktes so lange ignoriert?
Die Manager-Elite agiert heute sehr kurzfristig. Vorstände stehen unter Druck, ihren Aktionären Gewinne zu präsentieren. Ich habe einmal mit dem Vorstandschef einer europäischen Großbank diskutiert, ob eine Bank nicht ihr Geschäft bremsen müsste, sobald am Horizont Probleme auftauchen, zum Beispiel eine Immobilienkrise. Der Bankchef sagte, wenn er zu früh bremse, verliere er seinen Stuhl. Wer eine Welle länger mit reitet, holt kurzfristig eben mehr für seine Aktionäre heraus.
Und wenn er zu spät bremst?
Dann verliert die Bank Geld und Vermögen und er verliert möglicherweise ebenfalls seinen Stuhl. Es ist also eine Frage des Timings.
Kein gutes Timing hatten vor allem die spanischen Sparkassen. Statt bei der Vergabe von Immobilienkrediten zu bremsen, wie es etwa die Großbanken Santander und BBVA seit 2007 machen, haben sie dann erst kräftig Gas gegeben.
Die beiden Großbanken bringen mehr internationale Erfahrung mit, weil sie ein großes Lateinamerika-Geschäft haben und auch in den USA aktiv sind. Sie haben die Gefahren früher erkannt. Die lokalen Institute und Provinzbanken haben diese Erfahrung nicht.
Die Regierung zwingt sie jetzt, Kredite zu kündigen und ihre Immobilien zu verkaufen.
Damit wird die zweite Phase des Immobiliendebakels eingeleitet. Wenn um jeden Preis verkauft werden muss, stürzen die Immobilienpreise in Spanien vom heutigen Niveau nochmals um 40 bis 50 Prozent ab. Dann werden auch Kredite faul, die sonst vielleicht nicht faul geworden wären. Diese Abwärtsspirale befördert das gesamte spanische Bankensystem in die Pleite. Es führt kein Weg vorbei an großen Verstaatlichungen spanischer Banken.
Naiver Glaube an die Eurozone
Was bedeutete das für die spanischen Staatsfinanzen?
Die Verschuldung des spanischen Staates wird massiv nach oben gehen. Der Staat muss wahrscheinlich mindestens 150 Milliarden Euro für die Banken ausgeben. Die Staatsschuldenquote springt dann rasch auf deutlich über 100 Prozent der Wirtschaftsleitung. Das ist nicht mehr bezahlbar. Die Pensionskasse der spanischen Staatsangestellten hält 90 Prozent ihrer Anlagen in spanischen Staatsanleihen. Die Renten dieser Staatsangestellten könnten also auch nicht mehr so bedient werden, wie ursprünglich versprochen. Spanien steckt in einer ähnlichen Misere wie Griechenland, nur ist die Dimension viel größer. Ich erwarte, dass Spanien 2013 aus der Eurozone austreten wird.
Werden einzelne Länder zum Austritt gezwungen?
Nicht gezwungen, aber der Druck der Straße wird aufgrund der wirtschaftlichen Depression immer weiter zunehmen. Das Volk wird sich gegen den Euro wenden und den Austritt fordern, in Spanien und anderswo.
In Griechenland will die Mehrheit der Bevölkerung den Euro behalten.
Die Menschen gehen noch davon aus, dass Griechenland nicht von den anderen Staaten aus der Eurozone herausgekickt werden kann und dass die anderen immer weiter zahlen. Doch dieser Glaube ist naiv, das wird nicht passieren. Europa wird die Griechen nicht aus den Sparprogrammen entlassen. Selbst wenn die anderen Staaten ihnen ein paar Sparmaßnahmen erlassen oder auch Investitionen fördern – der griechischen Volkswirtschaft wird das nicht helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Griechenland wird austreten, das ist nur eine Frage der Zeit.
Wie ginge es anschließend weiter?
Die neue Währung dürfte etwa 50 bis 70 Prozent gegenüber dem Euro abwerten. Im ersten Jahr haben sie dann natürlich Chaos. Das griechische Finanzsystem wäre vollkommen bankrott, Banken und Versicherungen müssten vom Staat neu mit Kapital ausgestattet werden. Es wird Kapitalverkehrskontrollen geben. Nach etwa einem Jahr rechne ich damit, dass zum Beispiel Tourismus und Landwirtschaft gegenüber Italien, Spanien und Portugal Marktanteile gewinnen und sich die griechische Wirtschaft entsprechend erholt.
Zu Lasten der anderen Eurostaaten?
Für die wird es umso schlimmer. Aber wenn der Erste austritt, werden die Nächsten folgen.
Befördern Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen die Länder der Peripherie auf direktem Weg in die Dritte Welt, wenn sie am Euro festhalten?
So kann man das sagen. Das ist eine Depression. Deren Ausmaß in Griechenland ist vergleichbar mit der Großen Depression in Amerika. Nur hatte Amerika damals den New Deal, also große Konjunkturpakete. Dagegen bekommt Griechenland aus Brüssel Austerität verpasst, also harte Sparmaßnahmen.
Europa will Gleichgewicht auf Deutschlands Kosten
Einen New Deal will auch der neue französische Staatspräsident. Als Ergänzung zum Fiskalpakt soll ein Wachstumspakt geschnürt werden. Die Haushalte konsolidieren und zugleich Wachstumsimpulse fördern – wie funktioniert das ohne zusätzliche Ausgaben?
Das ist Wunschdenken, es funktioniert nicht. Wenn man mehr Wachstum will, kann man entweder in alter Keynes-Manier Konjunkturprogramme auflegen, etwa Investitionen in die Infrastruktur. Die aber treiben die Staatsverschuldung weiter in die Höhe. Oder man leitet Strukturreformen ein, um effizienter zu werden, etwa über Liberalisierungen und Privatisierungen. Das führt in einer ersten Phase aber dazu, dass die Konjunktur geschwächt wird.
Europa versucht beides gleichzeitig. Der Fiskalpakt soll zum Sparen verpflichten...
...wird aber wahrscheinlich nicht von allen Ländern ratifiziert werden. Bevor der Wachstumspakt überhaupt kommt, ist der Fiskalpakt also de facto gestorben. Es werden Verträge geschlossen, die dann jeweils wieder schnell gebrochen werden. Alle wichtigen Eckpunkte des Grundvertrages zur Europäischen Währungsunion sind ja inzwischen gebrochen worden, was die Verluderung unserer Rechtsstaaten aufzeigt. An der verfahrenen Situation wird sich absolut nichts ändern.
Lassen sich die Ungleichgewichte in der Eurozone durch mehr Inflation in Deutschland beseitigen?
Theoretisch wäre das machbar. Wenn Deutschland die Lohnstückkosten um 20 bis 30 Prozent anhebt, etwa über eine massive Erhöhung der Löhne, wären die anderen Länder wettbewerbsfähiger und könnten auf mehr Ausfuhren nach Deutschland hoffen. Aber die Verschuldungsproblematik wäre damit nicht behoben. Sollte Deutschland das machen, müsste der deutsche Lohnempfänger, der bisher eine gewisse Sparsamkeit gepflegt hat, plötzlich heftig konsumieren. Aber das entspricht nicht der deutschen Mentalität. Und das seit Gründung der Bundesrepublik praktizierte Erfolgsmodell Deutschlands, über große Wettbewerbsfähigkeit zu wachsen, wäre zu Ende. Deutschland sollte diesen Weg nicht gehen.
Europa sieht das anders.
Normalerweise orientiert sich jeder Mensch an den großen Leistungsträgern und eifert den Erfolgreichen nach. Dass sich Deutschland nun in der Rangliste nach hinten orientieren soll, zeugt von völlig falschem Denken. Ein deutlich schwächeres Deutschland wäre für ganz Europa eine Katastrophe, da der Kontinent im globalen Wettbewerb deutlich abfallen und der allgemeine Wohlstand deutlich sinken würde.
Auch die Bundesbank spricht plötzlich davon, dass es nicht so schlimm wäre, wenn die Inflation in Deutschland etwas höher wäre als im Rest der Eurozone.
Das sind politische Äußerungen, die nicht wirklich ernst gemeint sind. Die Bundesbank will Vorwürfe, die kommen werden, wenn der Euro eines Tages zerbricht, von sich weisen können. Sie kann dann später behaupten, dass sie im Prinzip für gewisse Anpassungen offen gewesen sei.
Unwissende Bevölkerung
Die im Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) versammelten Finanzminister der Euro-Zone könnten am Parlament vorbei jederzeit in die deutsche Haushaltskasse greifen. Wird der Bundestag gegen den ESM aufbegehren?
Nein, das glaube ich nicht. Die SPD ist ja auch völlig verblendet. Sie versteht die Situation überhaupt nicht und trägt auch nur den Euro als Dogma vor sich her. Und wenn Frau Merkel ihre Partei direkt neben der SPD positioniert, fehlt natürlich die Opposition im Bundestag. Die FDP hat einige Personen, die das bringen könnten. Doch das ist noch eine sehr junge Mannschaft. Die haben nicht dieses Gewicht. Das ist schade und nicht ganz ungefährlich. Ich gehe davon aus, dass der ESM im Bundestag durchkommt.
Sind Sie auch so sicher wie Bundespräsident Joachim Gauck, dass der ESM auch vor dem Bundesverfassungsgereicht besteht?
Vielleicht bemängelt das Verfassungsgericht den ESM, wenn Klagen eingingen. Grundsätzlich ist es aber doch so, dass heutzutage das Top-Management der Großindustrie, die hohe Politik und die hohe Justiz eng miteinander verbandelt sind. Man wird sich arrangieren. Da wird nicht mehr sehr demokratisch entschieden. Wir nennen uns zwar Demokratie, aber die Demokratie ist in den meisten Industrieländern im Niedergang. Und der Stimmbürger spürt, dass an seinen Interessen vorbei regiert wird.
Gauck sagt, die Rettungsschirme würden von der deutschen Bevölkerung akzeptiert.
Der Großteil der Bevölkerung weiß überhaupt nicht, worum es geht. Möglicherweise versteht auch der Bundespräsident die ganze Komplexität und die Folgen daraus nicht.
Sollte man die Bevölkerung in dieser Frage nicht direkt abstimmen lassen, wie es in der Schweiz üblich wäre?
Dann kämen die Fakten ans Licht, aber das will die Politik nicht. Die Politik geht davon aus, dass der Euro ein Integrationsprojekt ist. So wird das auch der Bevölkerung immer wieder verkauft. Sicher: Es sind jetzt über sechs Jahrzehnte ohne Krieg ins Land gegangen, das haben wir der europäischen Integration zu verdanken. Aber die europäische Integration ist nicht auf den Euro angewiesen.
Der Euro ist kein Integrationsprojekt, sondern er spaltet Europa. Ursprünglich wurde die Idee verfolgt, mit der gemeinsamen Währung die Währungsschwankungen im europäischen Wirtschaftsraum auszuschalten. Aber wegen der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeit haben wir jetzt dafür harte Ausschläge in der Realwirtschaft. Wenn Sie Spanier, Griechen, Italiener und Portugiesen fragen, werden die sehr bald zu dem Schluss kommen, dass es besser war, als die Wechselkurse noch schwankten und sich die Konjunktur einigermaßen geordnet und zuverlässig entwickelte.
Der Euro wurde den Bürgern verkauft mit dem Argument, dass sie im Ausland nicht ständig Geld wechseln müssten.
Ich fand das nicht schlimm. Natürlich wäre es schön, wenn man eine einheitliche Währung hätte, die funktionieren würde. Aber der Euro war eben ein Projekt zum falschen Zeitpunkt, weil die dafür notwendigen realwirtschaftlichen Voraussetzungen fehlten. Die Bundesbank lag damals absolut richtig. Sie hatte gesagt, dass sich die europäischen Volkswirtschaften zunächst über zwei bis drei Jahrzehnte einander annähern müssten. Dieser Prozess wäre dann am Ende durch die Währungsunion gekrönt worden.
Euro wird nicht überleben können
Warum hat man es nicht so gemacht?
Die Franzosen haben sich durchgesetzt, die glaubten, nach der Währungsunion würden sich die Strukturanpassungen dann von selbst ergeben.
Das wurde auch hierzulande gelehrt.
Richtig, die Mehrheit der Ökonomen hat das unterstützt. Aber es gab eine Minderheit, die die Bedenken klar angesprochen hat. Aber ihre Vertreter wurden immer belächelt und als Anti-Europäer hingestellt. Das war und ist immer noch falsch.
Wird die Europäische Zentralbank (EZB) das Ende des Euro ohne Gegenwehr zulassen, sich also selbst überflüssig machen?
Die EZB wird immer wieder neue Geschütze auffahren. Mit den LTRO-Krediten an die Banken hat sie die Büchse der Pandora geöffnet, gezwungenermaßen. Hätte sie das nicht gemacht, hätten Spanien und Italien einen Bankenkollaps erlebt, ihre Volkswirtschaften wären komplett eingebrochen. Diesem Schritt werden weitere folgen, die EZB weiß selbst aber noch gar nicht, wie stark sie ihre Bilanz in den nächsten Jahren aufblasen muss, wenn sie das System zusammenhalten will.
Die EZB sagt, sie wollte mit LTRO eine Kreditklemme in Südeuropa verhindern.
Das ist keine Kreditklemme, das ist ein Bankrott des Bankenapparates und der Regierungen mehrerer Länder. Die bankrotten Banken müssen die bankrotten Staaten finanzieren und bekommen dafür die Finanzierung zu günstigsten Konditionen von der EZB bereitgestellt.
Wäre es für den Steuerzahler nicht billiger, wenn die EZB die Staaten direkt zu einem Zinssatz von einem Prozent finanzieren würde, also ohne den teuren Umweg über die Banken?
Sicher, auf den ersten Blick wäre das günstiger. Aber da gibt es rechtliche Hürden, deshalb wählt man den Umweg. Diese Geldpolitik ist natürlich höchst ungesund. Aus der Geschichte von Deutschland bis Simbabwe wissen wir, dass es nach im Schnitt fünf Jahren, in denen eine Notenbank über ein Drittel des Staatshaushaltes finanziert, zu einer Währungsreform kommen wird. In den USA und Großbritannien sind wir schon heute über dieser Schwelle und auch in Europa und Japan wird sie überschritten werden.
Wollte die EZB via LTRO auch Großbanken aus dem Ausland den Ausstieg aus Spanien und Italien erleichtern?
Das war nicht ihr Grundgedanke. Ich glaube aber, die Weitsichtigen unter den Verantwortlichen sind nicht unglücklich darüber, wenn sich das europäische Bankensystem wieder nationalisiert, also zum Beispiel spanische Banken vor allem spanische Staatsanleihen halten. Eine Rückkehr zu nationalen Währungen könnte so mit weniger Schmerzen ablaufen.
Hat der Euro überhaupt keine Chance mehr?
Realistisch betrachtet wird er nicht überleben können. Eine Chance hätte er nur in einer umfassenden Fiskalunion, also mit gemeinsamer Haushaltspolitik. Die aber wäre nur in einer politischen Union möglich, also in den Vereinigten Staaten von Europa. Zu diesem Schritt aber sind die europäischen Völker nicht bereit. Deshalb wird die Politik weiterhin Kompromisse machen, und deshalb bleiben wir in einer mehrjährigen Dauerkrise – bis der Euro gescheitert ist.
Deutschland in der Falle
Die Target 2-Kredite der Bundesbank an das Eurosystem steigen monatlich um 50 bis 100 Milliarden Euro, insgesamt sind es aktuell 650 Milliarden Euro. Lässt sich dieser Trend noch stoppen?
Die Bürger in der Peripherie ahnen, dass ihre Länder möglicherweise bald aus dem Euro austreten werden. Um sich gegen kommende Abwertungen ihrer neuen Währung zu schützen, verschieben sie ihr Geld, möglichst zu einer Bank in Deutschland. Das machen nicht nur private Sparer, sondern auch Unternehmen. Das Kapital fließt von der Peripherie ins Zentrum. Also gibt es zu viel Kapital in Deutschland, weshalb es dort auch auf Spargelder und Anleihen kaum noch Zinsen gibt. In der Peripherie fehlt dagegen Kapital, weil die Banken laufend Einlagen verlieren. Die Banken in der Peripherie können weniger Kredite vergeben und auch nur noch beschränkt eigene Staatspapiere kaufen, selbst dann, wenn ihnen die EZB viel Geld gibt.
Und die Bundesbank türmt in ihrer Bilanz immer mehr Ansprüche gegen die Notenbanken der Peripherie an.
Es ist fatal. Die einzelnen Notenbanken können die Kapitalabflüsse in andere Länder durch unbegrenzte Geldschöpfung finanzieren, die dann im Falle von Zuflüssen nach Deutschland bei der Bundesbank als Ansprüche gegen das Eurosystem beziehungsweise jene nationalen Notenbanken in den Büchern stehen. Man kann das lösen, indem die Bundesbank oder die EZB den deutschen Banken sagen: Schickt das Geld wieder zurück! Aber dann wäre der Euro sofort erledigt.
Also sitzt Deutschland in der Falle?
Genau, die Bundesbank sitzt da und kann nichts tun. Sobald das System auseinander bricht, werden diese Forderungen ausfallen. Dann ist die Bundesbank pleite und muss durch den Staat, also durch Steuergelder, neu kapitalisiert werden.
Je länger der Euro also existiert, umso höher werden seine Beerdigungskosten?
So ist es. Wenn der Euro heute aufgespalten würde, kostete das Deutschland in etwa eine Billion Euro. Und mit der Zeit wird es immer mehr.
Der Run in deutsche Staatsanleihen geht trotzdem weiter. Der Renditeabsturz hat sich zuletzt beschleunigt. Eine Trendbeschleunigung kündigt oft eine Trendwende an. Werden die Zinsen in Deutschland bald nach oben drehen?
Diese Trendbeschleunigung spiegelt die Kapitalflucht aus der Peripherie ins Zentrum. So lange der Euro in der heutigen Form am Leben erhalten wird, bleiben die Zinsen in Deutschland tief oder gehen noch tiefer, weil das Geld weiter nach Deutschland drängt und für ein Überangebot an Kapital sorgt. Kapitalflucht und die Zinspolitik der EZB verzerren die Zinsen nach unten.
Der Euro überlebt, weil Deutschland Rettungsschirme finanziert und die anderen Notenbanken alimentiert. Langfristig gefährdet dies Deutschlands Zahlungsfähigkeit.
Tatsächlich zahlt erst einmal die EZB…
…an der die Bundesbank aber den gewichtigsten Kapitalanteil hält.
Deshalb wäre es das Beste, Deutschland würde aus der Euro-Zone austreten. Dann hätten wir nicht mehr diese großen Spannungen, die durch die große Differenz in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen Deutschland und dem Rest entstanden sind. Diese Spannungen ließen sich mit unterschiedlichen Währungen viel besser auffangen. Aber Deutschland kann aus historischen Gründen nicht austreten. Deshalb bleibt Deutschland dabei und andere werden gehen.
Abschied vom Projekt Euro
Wo werden die Renditen zuerst nach oben drehen, in Deutschland oder in den USA?
In Deutschland. Ich gehe davon aus, dass sich Europa im Laufe der nächsten Jahre vom Projekt Euro verabschiedet. Dann hört die Kapitalflucht nach Deutschland auf und die nationalen Währungen kommen zurück. Dann kann es sein, dass für eine gewisse Zeit eine neue D-Mark, oder wie die neue Währung auch heißen mag, auch tiefe Zinsen hat. Die heutige Zinssituation ist absolut unnatürlich. In dieser ganzen Phase der europäischen Unsicherheit werden wahrscheinlich die USA der bevorzugte Zufluchtsort sein.
Das findet übrigens schon heute statt, weil ein Teil der Fluchtgelder aus der Peripherie auch in den Dollar drängt. So gesehen wird eigentlich der Dollar die neue Zufluchtswährung. Der Dollar wird fester und die Zinsen in Amerika fallen. Erst mit etwas Verzögerung wird man feststellen, dass auch die USA auf Dauer kein geeigneter Zufluchtsort sind. Dann fließt das Geld in Häfen, die längerfristig bessere Renditen und mehr Stabilität versprechen. Das könnten dann einige Schwellenländer sein. Aber es ist noch zu früh, diese heute schon zu definieren.
Werden die Renditen in den USA im Verlauf des Jahres in Richtung ein Prozent fallen?
Davon gehe ich weiter aus. Als ich das beim Roundtable des US-Anlegermagazins „Barron‘s“ im Januar gesagt habe und zehnjährige US-Treasuries bei 2,2 Prozent Rendite zum Kauf empfohlen habe, haben meine Kollegen mit dem Kopf geschüttelt und mich ungläubig angeschaut. Inzwischen ist die Rendite auf 1,7 Prozent gesunken...
...und die Kurse der Staatsanleihen sind entsprechend gestiegen.
Neben der Kapitalflucht wirkt noch ein anderer Effekt. Im Kreditsystem wird heute nur noch gegen Sicherheiten Geld ausgeliehen. Doch es gibt immer weniger Wertpapiere auf der Welt, die als Sicherheiten akzeptiert werden. Solange das System noch hält, gibt es eine künstliche Verknappung vermeintlich erstklassiger Papiere. Dazu zählen US-Treasuries und deutsche Bundesanleihen. Relativ gesehen zur weltweiten Kreditpyramide gibt es immer weniger solcher Papiere.
Viele Ökonomen haben nicht vor der Krise gewarnt, aber alle produzieren jetzt Lösungsvorschläge. Willem Buiter, der Chefökonom der Citigroup, spürt offenbar so starken deflationären Druck, dass er von den Notenbanken fordert, das Geld notfalls mit Hubschraubern abwerfen zu lassen, um die Wirtschaft zu stimulieren. Was halten Sie von der Idee?
Sie ist unsinnig und verantwortungslos. Wir haben gesehen, was diese großen Geldschöpfungen bringen, nämlich nichts. Auch der konjunkturelle Aufschwung, den wir hatten, war kein Resultat geldpolitischer Übungen, sondern von fiskalpolitischen. Mit neuen Schulden wurde kurzfristig Wachstum erkauft. Dafür hat man jetzt noch mehr Schulden. Sie können die Schuldenproblematik nicht mit noch mehr Schulden bekämpfen. Das ist Unsinn. Man will die Medizin, also die Restrukturierung von verschuldeten Wirtschaftssubjekten nicht, weil damit zu viele Schmerzen verbunden sind. Wenn ein Kranker aber eine Therapie verweigert, muss er zu einem späteren Zeitpunkt eine möglicherweise tödliche Operation ertragen.
Warum lehnen viele Ökonomen die Vergabe der richtigen Medizin ab?
Das sind schon alles intelligente Leute, aber die vertreten irgendwelche Interessen, wenn es auch nur der eigene Stuhl ist, den man retten will.
Wer Geld anzulegen hat, hat heutzutage ein Problem.
Das ist so. Mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte hat jeder natürlich den Ehrgeiz, eine gute Rendite zu erarbeiten. Aber heute geht es nicht mehr um Rendite. Es geht darum, das Kapital zu erhalten und über die Runden zu bringen. Auf uns kommt eine völlig neue Welt zu. Es wird eine sehr dirigistische Welt sein. Die Regierungen werden totalitärer werden. Der freie Kapitalverkehr wird wahrscheinlich zu Ende gehen oder zumindest massiv eingeschränkt werden. Anleger sollten sich daher einige elementare Fragen stellen.
Staatsanleihen und eine Portion Gold
Welche?
In welcher Region will ich zuhause sein? Wo sind die Schmerzen am geringsten, die auf mich zukommen? In welcher Währung will ich engagiert sein? Mit welchen Vermögensklassen kann ich am besten überleben? Das höchste Gut ist eigentlich, handlungsfähig und geistig beweglich zu sein, um auf die sich immer wieder neu ergebenden Umstände reagieren zu können.
Welche Vermögensklassen helfen dabei?
Seit vielen Jahren empfehle ich, einen kleinen Aktienbestand zu halten, aber eher um mit Aktien mittelfristige Kursschwankungen auszunutzen und damit langfristig einen Bestand an unternehmerischer Substanz zu besitzen. In großem Umfang habe ich Staatsanleihen empfohlen von so genannten erstklassigen Schuldnern – und eine Portion Gold. Das finde ich immer noch richtig.
Keine Immobilien?
Man kann auch Immobilien halten. Aber besser in Staaten, denen man zutraut, dass sie nicht totalitär werden. Es wird neue Steuern geben, weil die Staatskassen ja leer sind. Der Staat aber kann sich Geld nur dort holen, wo es welches zu holen gibt und das nicht flüchtet. Ich kann mir vorstellen, dass es in Deutschland eines Tages in größerem Ausmaß eine Besteuerung von Immobilienbesitz geben wird. Das Eigenheim wird vielleicht geschont werden, aber zusätzlicher Immobilienbesitz vermutlich nicht.
Wie entwickelt sich der Goldpreis?
Ich sehe Gold nach wie vor in einem langfristigen Aufwärtstrend. Der Goldpreis ist seit seinem Hoch bei über 1900 Dollar pro Unze im vergangenen September in einer zyklischen Korrektur. Diese wird vermutlich im Lauf dieses Sommers enden, wenn der Austritt Griechenlands aus dem Euro kommt.
Warum sollte ausgerechnet ein Austritt Griechenlands der Auslöser sein?
Ein Austritt Griechenlands dürfte von den Märkten zunächst gefeiert werden nach dem Motto: Endlich sind wir dieses Problem los. Danach werden die Märkte heftig überrascht werden, weil der nächste Aussteiger schon in der Schlange steht. Temporär wird in dem dann angerichteten Chaos die Notenbank wieder einspringen müssen. Zudem wird man in Amerika mit Blick auf den Wahltermin möglicherweise versuchen, die Aktienmärkte durch neue Notenbankenprogramme wieder etwas nach oben zu schieben. Die könnten dann der Auslöser sein für die nächste zyklische Avance von Gold.
Die US-Schuldengrenze sollte ursprünglich bis 2013 nicht überschritten werden. Was passierte, wenn die Grenze schon im Spätsommer, also zum Höhepunkt des Präsidentschaftswahlkampfs, erreicht wird?
Dann wird die Schuldengrenze einfach nach oben geschoben. Das sind Kleinigkeiten, semantische Dinge. Die hohe Politik hält sich doch schon lange nicht mehr an Gesetze und Vorschriften.
In den USA laufen Ende des Jahres Steuererleichterungen und Konjunkturprogramme aus. Von 2013 an starten automatische Ausgabenkürzungen. Wie wird die US-Wirtschaft diese verkraften?
Nach den Wahlen werden die USA versuchen, das Fiskaldefizit von gegenwärtig fast zehn Prozent etwas zu beschränken. Dann wird sich der Kongress mit dem Präsidenten zusammensetzen und sagen: Jetzt sind die Wahlen vorbei, jetzt müssen wir an unserem Haushalt Änderungen vornehmen und das Defizit zurückführen. Sobald die USA die Ausgaben des Staates zurückfahren, geht die Konjunktur in die Rezession. Die US-Konjunktur trägt sich nicht mehr selbst, wie fast überall in der industrialisierten Welt.
Das nächste Jahr ist für Aktien gefährlich
Und was passiert in den Schwellenländern?
Das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft hat sich dramatisch verlangsamt. Die publizierte Wachstumsrate von zuletzt acht Prozent ist weit höher als die tatsächliche. Ich gehe davon aus, dass China nur noch bescheiden wächst. Das sieht man auch am Elektrizitätsverbrauch, der praktisch nicht mehr zunimmt. Aufs Jahr gerechnet sind das noch 0,7 Prozent Wachstum. So gesehen stagniert die chinesische Volkswirtschaft.
Wird China wieder große Stimulierungsprogramme auflegen?
Nein. Die Regierung hatte damit völlig übertrieben, aber jetzt eingesehen, dass die letzten Konjunkturprogramme eigentlich kontraproduktiv waren. Man hat sich langfristige Probleme eingehandelt, etwa einen überhitzten Immobilienmarkt, und soziale Konflikte angeheizt. Die Regierung wird eingreifen, um das System nicht kollabieren zu lassen, aber geordnet und relativ spät. Große Programme wird es nicht geben.
Was bedeutet das für Aktien?
Die Schwellenländer, die Lieferanten von Rohstoffen, die Zulieferer der Investitionsgüter und Halbfertigprodukte werden weniger verkaufen. Die Folge sind schwächere Unternehmensgewinne und Druck auf die Gewinnmargen. Der Aktienmarkt quittiert das in der Regel mit Kursabschlägen.
Also sollten Anleger jetzt besser keine Aktien kaufen?
Aktien sind interessant, man muss langfristig welche haben. Aber ich gehe davon aus, dass die nächsten zwölf bis 18 Monate für Aktien sehr gefährlich werden. Aktuell notieren viele auf hohem Niveau. Da drohen Abstürze, vor allem im nächsten Jahr.
Immer mehr Anleger erinnern sich an die Nifty-Fifty aus den frühen Siebzigerjahren und schwören wieder auf Blue Chips globaler Konzerne mit großer Preismacht, einer soliden Bilanz und sicheren Dividenden. Stimmt dieser Ansatz?
Die Strategie ist eigentlich richtig, aber sie schützt nicht vor großen Kursverlusten. Wir gehen von der alten Welt, die von großen Exzessen geprägt, aber eine sehr freie Welt war, in eine neue Welt, die dirigistisch und totalitärer wird. In diesem Umfeld werden sich Großkonzerne mit starken Marktstellungen und Produktionsanlagen in allen Ländern dieser Welt besser behaupten können. Sie haben Verhandlungsmacht auch gegenüber den Regierungen. Beim Übergang von der alten in die neue Welt ist der Besitz solcher Aktien eine kluge Idee. Das Problem ist, dass wir derzeit in einem Ausscheidungsrennen stecken.
Von 45 Aktienmärkten, die ich statistisch verfolge, weisen weniger als 30 Prozent einen steigenden 200-Tages-Durchschnitt auf. Nach einer einfachen, aber bewährten Regel, befinden sich also über 70 Prozent in einem Bärenmarkt. Und mit Blick auf einzelne Aktien ist das genauso. Immer weniger Aktien sind in einem Bullenmarkt. Am Schluss korrigieren dann auch die Henkels, Beiersdorfs, Coca-Colas und Apples dieser Welt – und zwar massiv. Auch solche Werte werden im Verlauf der kommenden zwölf Monate stark unter Druck kommen. Jetzt ist nicht die Zeit, um große Aktienbestände zu fahren. Ich erwarte aber, dass wir nächstes Jahr interessante Kaufmöglichkeiten bekommen werden.
Währungsreform für Japan im Anmarsch
Was halten Sie von japanischen Aktien?
Noch ist es zu früh, um nach Japan zu springen. Die Bank of Japan hat durch immense Geldschöpfung auf das Ende des Fiskaljahres hin den Yen nach unten geschoben. Als der Termin am 31. März vorbei war, hat sie damit wieder nachgelassen. Japan kommt jetzt in eine Zwickmühle. Bisher konnte Japan seine immense Staatsverschuldung von über 200 Prozent der Wirtschaftsleistung intern finanzieren.
Ende letzten Jahres war es damit vorbei. Dann sind die Chinesen eingesprungen. Sie haben japanische Staatsanleihen gekauft und gleichzeitig den Yen nach oben getrieben, um sich einen Konkurrenten im Export vom Leib zu halten. Das hat den Japanern nicht gepasst, deshalb sind sie eingesprungen und haben ihre eigene Währung wieder geschwächt. Aber die japanische Notenbank will noch keine dauerhaft schwache Währung.
Warum nicht?
Sie will, dass die Regierung Reformen und Liberalisierungen durchführt, die langfristig effizient sind. Aber die Regierung scheut sich davor und will, dass die Notenbank die Währung schwächt. Es muss also erst zu einer Verschärfung der Krise kommen, bevor die Wende in der Geldpolitik kommt. Dann wird die Notenbank mehr eigene Staatsanleihen kaufen und so den Yen schwächen. Die Japaner selbst werden dann von Anleihen in Aktien umsteigen. Und das Ausland könnte auf diesen Zug aufspringen. Das alles kann sich im Laufe des nächsten Jahres vollziehen.
Können eine Flucht aus Anleihen und höhere Zinsen Japan in die Pleite treiben?
Das wird verzögert, indem die Notenbank als großer Käufer und Staatsfinanzier einspringt. Die Bilanz der Zentralbank wird sich dann weiter massiv ausweiten, so wie es auch in Amerika und Europa passieren wird.
Wann endet das Spiel?
Ich weiß nur, dass es eines Tages Währungsreformen geben wird. Um auf die vorbereitet zu sein, sollte jeder Anleger etwas Gold besitzen.