Je mehr Fondsanleger einem Verkauf der Immobilien zustimmen, desto schneller wäre der Hamburger Initiator seine Altlasten los und könnte mit neuen Produkten wieder höhere Gebühreneinnahmen in die eigene Bilanz schaufeln.
Ähnlich sieht in es Düsseldorf aus. Bei Westfonds, einer Tochter der beiden WestLB-Nachfolgegesellschaften Portigon und Erste Abwicklungsanstalt, fürchten Anleger, dass die Firmengruppe das Fondsgeschäft möglichst schnell abwickeln will – und dafür sogar bereit ist, die Immobilien zulasten der Anleger unter Wert zu verkaufen. Nachdem kritische Anleger des von Westfonds aufgelegten Fonds RWI 25 alle übrigen Gesellschafter angeschrieben haben und so das nötige 25-Prozent-Quorum für eine außerordentliche Gesellschafterversammlung erreicht hatten, verschickte Westfonds ebenfalls ein Rundschreiben – verbunden mit der Bitte, die Zustimmung zurückzuziehen. Wie es mit der Büroimmobilie in Düsseldorf nun weitergehen soll, ist offen. Von der NRW-Landesregierung als ehemalige Patronin der WestLB können die Anleger keine Hilfe erwarten. Sollte Westfonds gegen Anlegerinteressen verstoßen haben, stünde den Betroffenen der Rechtsweg offen, so die Landesregierung. Für ein Eingreifen der Politik sehe sie keine Notwendigkeit. Die Landesregierung bestreitet zudem, dass die von Westfonds gehaltenen Immobilien unter Zeitdruck verramscht werden müssten.
Schnelle Erlöse unter dem Marktwert
Notverkäufe aus geschlossenen Fonds haben einen, wenn auch überschaubaren Vorteil: Geld fließt relativ schnell zurück. Allerdings ist der Preis dafür ein Erlös, der in der Regel deutlich unter dem Marktwert liegt. Denn Kaufinteressenten wissen um die Not der Verkäufer und verhandeln den Preis der Objekte hart nach unten.
Ove Franz, Ex-Vorstand der Wölbern Bank, der selbst noch eine halbe Million Euro in zwei Immobilienfonds seines ehemaligen Arbeitgebers stecken hat, stimmte trotzdem einem Notverkauf des Immobilienfonds Holland 56 zu. "Wir sahen keine Alternative, weil die Mietverträge für die Fondsimmobilien 2014 ausgelaufen wären", sagt Franz.
Welche Ansprüche Anleger bei geschlossenen Fonds haben und wie sie ihr Geld retten können
Geschlossene Fonds müssen die Namen und Anschriften der übrigen Anleger gegenüber Gesellschaftern offenlegen, um einen Informationsaustausch zu gewährleisten. Dies entschied der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen (II ZR 187/09, II ZR 134/11). So können Anleger Mehrheiten für Beschlüsse auch gegen den Willen des Fondsgeschäftsführers organisieren.
Anleger haften bei einem als Kommanditgesellschaft konzipierten Fonds nur mit ihrer Einlage. Eine automatische Nachschusspflicht gibt es nicht. Ausnahme: Schüttet der Fonds unabhängig von Gewinnen aus, kann der Initiator dieses Geld zurückfordern. Dies gilt aber nur, wenn diese Ausschüttungen laut Gesellschaftsvertrag ausdrücklich als Darlehen gewährt werden (Bundesgerichtshof, II ZR 73 11, II ZR 74 11). Ohne diese Klausel, so entschieden die Richter, dürfen die Anleger die Ausschüttungen behalten oder zu Unrecht überwiesenes Geld zurückverlangen. Anders sieht es bei einem Fonds aus, der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) konstruiert ist. Bei einer GbR haften die Gesellschafter auch mit ihrem gesamten Vermögen.
Initiatoren dürfen nicht eigenmächtig Immobilien oder Schiffe verkaufen – auch nicht bei einem Liquiditätsengpass. Sie brauchen dazu eine Mehrheit der Anleger. Wie groß der Anteil sein muss, steht im Gesellschaftervertrag. Vor einem Beschluss haben die Gesellschafter Anspruch auf Informationen über die aktuelle Geschäftsentwicklung. Zwei bis drei Jahre alte Geschäftsberichte sind keine ausreichende Entscheidungsgrundlage.
Wenn ein geschlossener Fonds kriselt, besteht gegenüber Beratern, Bank oder Fonds unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz oder die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts. Ansprüche können bestehen:
- wenn der Berater Provisionen gar nicht oder nicht detailliert genug offengelegt hat. Selbst wenn der Prospekt die Vergütung und deren Empfänger korrekt angibt, muss der Berater darüber aufklären;
- wenn der Fonds als risikoloses Investment für die Altersvorsorge beworben wurde, obwohl es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, bei der Anleger ihren Einsatz verlieren können;
- wenn der Initiator zum Nachteil der Anleger Geschäfte mit eigenen Firmen gemacht hat. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Reederei Schiffe überteuert an hauseigene Fonds verkauft, ohne dass dies im Prospekt steht;
Des weiteren können Ansprüche auf Schadensersatz bestehen,
- wenn das Geld zweckentfremdet wurde. So sammelte beispielsweise die Commerzbank Geld für Medienfonds ein, das aber nur zu einem kleinen Teil in die Produktion von Spielfilmen floss;
- wenn der Prospekt falsche Angaben enthält, etwa über die Höhe der Kosten oder über unternehmerische Risiken;
- wenn von der Gesellschafterversammlung beschlossene Änderungen der Geschäftsgrundlagen juristisch angreifbar sind. Dazu gehören beispielsweise der zeitweise Verzicht auf Mieten oder die Verpflichtung, Geld in einen kriselnden Fonds nachzuschießen.
Ansprüche auf Schadensersatz gegen Vermittler, Fonds oder Bank verjähren nach drei Jahren. Die Frist läuft am Ende des Jahres an, in dem Anleger von der Falschberatung oder dem Prospektfehler hätten wissen müssen. Dieser Zeitpunkt kann je nach Einzelfall auch erst viele Jahre nach Vertragsschluss eingetreten sein. Nur wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, besteht kein Anspruch auf Schadensersatz.
Anfangsverluste des Fonds lassen sich nur mit Gewinnen aus der geschlossenen Beteiligung verrechnen. Das Finanzamt akzeptiert allerdings nur Verluste bis zur Höhe der Einlage. Zweifelt das Finanzamt an der Gewinnerzielungsabsicht des Fonds, weil dieser nur Verluste produziert, muss der Anleger die Steuervorteile nachträglich zurückerstatten.
Allerdings sind die Ertragsaussichten nicht für alle Fonds gleichermaßen schlecht. Wo die Perspektiven besser sind, lohnt es sich, um die Weiterführung des Fonds zu kämpfen – oder zumindest um eine geordnete Abwicklung des Portfolios.
Falsch beraten
Wenn der Fonds nicht mehr zu retten ist, bleiben Anlegern immer noch zwei Alternativen: entweder dass komplette Geschäft per Klage rückabwickeln zu lassen oder die Fondsanteile auf dem Zweitmarkt zu verkaufen.
Ist ein Emissionshaus insgesamt in Schieflage geraten, dann sollten sich die Anleger vornehmlich an die Banken und Anlageberater wenden, die ihnen die geschlossenen Fonds verkauft haben. Deren Berater haben ihre Kunden bisweilen nicht hinreichend auf Risiken hingewiesen oder auch Provisionen (Kick-Backs) verschwiegen. Der Erbin Wiesinger etwa hatte der Bankberater die riskanten Beteiligungen empfohlen, obwohl sie kundgetan hatte, eine sichere Altersvorsorge zu suchen.
Auch vom Risiko, die komplette Einlage zu verlieren, hätte ihr der Bankberater nichts gesagt, sagt sie. Juristen sprechen in solchen Fällen von Falschberatung (siehe Kasten).