Global Wealth Report Die Europäer werden ärmer, die Japaner reicher

Das private Vermögen und die Zahl der Dollar-Millionäre haben weltweit zugenommen. Wer die Gewinner und die Verlierer in Sachen Reichtum sind und warum der Ausblick verhalten bleibt.

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Global Wealth Report: Es gibt immer mehr Reiche. Quelle: Getty Images

In der siebten Auflage der Vermögensstudie des Credit Suisse Research Institute (CSRI) sind Krisenfolgen allgegenwärtig: Die Folgen von Finanzkrise, Euro-Krise und Brexit-Votum der Briten sind deutlich spürbar. Trotzdem: Das private Vermögen ist global betrachtet gestiegen. Weltweit besitzen die privaten Haushalte ein Vermögen von 255.708 Milliarden Dollar, also 256 Billionen Dollar. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Zunahme um 3,5 Billionen Dollar und entspricht einer Zunahme um 1,4 Prozent.

Der Global Wealth Report der Credit Suisse basiert auf den Vermögensdaten von 4,8 Milliarden Erwachsenen aus mehr als 200 Ländern. Die Zunahme des Privatvermögens ist demnach nur moderat ausgefallen. Noch vor der Finanzkrise 2008 war es im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Zudem deckt sich das Vermögenswachstum ziemlich genau mit dem weltweiten Bevölkerungswachstum, so dass das durchschnittliche Privatvermögen eines Erwachsenen im weltweiten Durchschnitt mit 52.800 Dollar pro Kopf gegenüber dem Vorjahr unverändert geblieben ist.

Deutliche Unterschiede gegenüber dem Vorjahr gibt es allerdings bei der Betrachtung der Pro-Kopf-Vermögen in den Regionen, Ländern und bei der Zahl der Millionäre pro Land.

Deutsche dank Immobilien reicher

Die Menschen in Deutschland werden dank des Immobilienbooms reicher. Das Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem stieg in diesem Jahr gegen den weltweiten Trend um 2,8 Prozent auf 185.175 Dollar (rund 174.157 Euro), wie aus dem Global Wealth Report hervorgeht. Deutschland verzeichnete damit den drittstärksten Zuwachs. Angetrieben wurde der Entwicklung in Deutschland, aber auch in anderen Teilen Welt vor allem von steigenden Immobilienpreisen.

Vor allem die Zahl der Reichen und Superreichen stieg kräftig. Der Studie zufolge erhöhte sich die Zahl der Dollar-Millionäre in Deutschland von Mitte 2015 bis Mitte 2016 um 44.000 auf rund 1,6 Millionen. Bis 2021 dürfte sie um 30 Prozent auf rund 2,1 Millionen zulegen. Der Club der Superreichen, die ein Vermögen von mindestens 30 Millionen Dollar haben, vergrößerte sich um 500 auf nun 6100 Mitglieder. Deutschland lag damit auf dem dritten Rang nach den USA und China.

Bis 2021 werde es rund 1800 neue Superreiche zwischen Kiel und Berchtesgaden geben, sagten die Studienautoren voraus. Beim Durchschnittsvermögen kam Deutschland allerdings nur auf Rang 19.

Millionäre weltweit

Briten verlieren nach Brexit-Votum

Größter Verlierer im Vergleich der privaten Vermögensentwicklung ist laut CSRI Großbritannien. Wegen des per Referendum beschlossenen Ausstiegs Großbritanniens aus der Europäischen Union haben die Briten erhebliche Vermögensverluste erlitten. Nach dem Brexit-Votum waren die Wechselkurse gegenüber dem Pfund stark gefallen und hatten die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt. Michael O’Sullivan, Chief Investment Officer der Division International Wealth Management bei der Credit Suisse, plädiert deshalb dafür, neben der Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung auch die Folgen für das private Vermögen der britischen Haushalte im Auge zu behalten. „Seit der Brexit-Abstimmung Ende Juni ist das Vermögen der britischen Haushalte um 1,5 Billionen US-Dollar gesunken. Das Vermögen pro Erwachsenem ist bereits um 33.000 Dollar auf 289.000 Dollar gefallen. Tatsächlich sind, in US-Dollar gemessen, 406.000 Menschen in Großbritannien keine Millionäre mehr“, erläutert O’Sullivan.

Japaner gewinnen

Die schlechte Wechselkursentwicklung, die vor allem für Exporte günstig ist, hat in fast allen Regionen zu einer Abnahme der privaten Vermögen geführt. Lediglich die Region Asien-Pazifik, allerdings ohne die wachstumsstarken Volkswirtschaften China und Indien, konnte einen Vermögenszuwachs verzeichnen.

Die größte Zunahme bei den privaten Vermögen unter den Einzelstaaten konnte Japan verbuchen. Hier stieg das private Gesamtvermögen um 3,9 Billionen Dollar. Den zweithöchsten Anstieg können die USA mit einem Plus von 1,7 Billionen Dollar für sich beanspruchen.

Schweizer an der Spitze, aber mit Einbußen

Unangefochten an der Spitze stehen wie in den Vorjahren die Schweizer. Dort beträgt das Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem laut CSRI 561.900 Dollar. Gegenüber 2015 ist das ein Rückgang um 27.000 Dollar.

Was deutsche Haushalte verdienen – und wofür sie es ausgeben
Haushaltsbruttoeinkommen Quelle: dpa
Einkommen aus nichtöffentlichen Transferzahlungen und Untervermietung Quelle: REUTERS
Einnahmen aus Vermögen Quelle: obs
Einkommen aus öffentlichen Transferzahlungen Quelle: dpa
Bruttoeinkommen aus Erwerbstätigkeit Quelle: dpa
Konsumausgaben Quelle: dpa
Bekleidung, Schuhe Quelle: dpa

Der Analyse zufolge ist das Vermögen der Schweizer seit dem Jahr 2000 in Dollar gerechnet um stolze 142 Prozent gestiegen. Ein großer Teil dieses Anstiegs geht allerdings auf die Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Dollar zurück, vor allem in den Jahren von 2000 bis 2013. Gemessen in Schweizer Franken beträgt der Anstieg bis 2016 dennoch 44 Prozent. Im Schnitt sind die Schweizer so pro Jahr um 2,3 Prozent reicher geworden.

Ein großer Teil der Schweizer gehört mit seinem privaten Vermögen damit Weltspitze. Von einem Prozent der reichsten Privathaushalte weltweit liegt der Anteil der Schweizer bei beachtlichen 2,3 Prozent – obwohl lediglich 0,1 Prozent der Weltbevölkerung in der Schweiz lebt. Den Credit-Suisse-Bankern zufolge verfügen fast zwei Drittel der erwachsenen Schweizer über ein Vermögen von 100.000 Dollar, zwölf Prozent sind sogar Dollar-Millionäre.

Ungleichheit nimmt zu

Auf Platz zwei der globalen Spitzenreiter steht Australien – wenn auch mit großem Abstand zur Schweiz.

Trend zu geringerem Vermögenszuwachs

Loris Centola, globaler Leiter Research der Division International Wealth Management bei Credit Suisse, ist überzeugt, dass die Folgen der Rezession 2008 bis 2009 den Vermögenszuwachs weiterhin bremsen. „Immer mehr deutet auf eine langfristige Stagnation hin. Die Entstehung einer multipolaren Welt, die von den Folgen des Brexit-Votums in Großbritannien und von der US-Präsidentschaftswahl bestätigt wird, dürfte diesen Trend noch verstärken.“ Geringere Vermögenszuwächse als in der Vergangenheit könnten Normalität werden, meint O’Sullivan.

Dennoch erwartet das CSRI zunächst eine moderate Beschleunigung des Vermögenswachstums. Bis 2021 könnte das globale Gesamtvermögen von heute 256 Billionen Dollar auf 334 Billionen Dollar anwachsen.

Entwicklungsländer dürften dabei stärker profitieren als die Industriestaaten, die nur noch ein Drittel des Vermögenswachstums der kommenden fünf Jahre abbekommen. Zudem dürften die privaten Vermögen in den Schwellenländern China und Indien überproportional zunehmen.

Rasante Zunahme der Millionäre

Die beschriebene Entwicklung zeigt sich auch an der Zahl der Millionäre. Seit dem Jahr 2000 ist ihre Anzahl von 12,4 Millionen weltweit auf knapp 33 Millionen gewachsen – ein Plus von 155 Prozent. Die Zahl der Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWIs), die über ein investierbares Vermögen von 30 Millionen Dollar und mehr verfügen, hat sich im gleichen Zeitraum sogar mehr als verdreifacht. Heute haben 141.000 Menschen auf der Welt ein derart hohes Privatvermögen.

Das sind die reichsten Clans Deutschlands
Platz 10: Familie RöchlingEs ist Georg Duffner zu verdanken, dass die Röchling SE & Co. KG heute so sicher und breit im globalen Markt etabliert ist. Der bis zum Mai amtierende Geschäftsführer sorgte maßgeblich für den Umbau vom Mischkonzern zum Kunststoffverarbeiter. Das Unternehmen meldete zuletzt einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro. Der Gewinn des Betriebs, der rund 8.400 Mitarbeiter beschäftigt, beläuft sich auf 136 Millionen Euro. Das Vermögen der Familie Röchling wird auf 3,4 Milliarden Euro geschätzt – 100 Millionen mehr als im vergangenen Jahr.Quellen: Bilanz, Unternehmen Quelle: obs
Platz 9: Familie WerhahnVom „Bilanz“-Magazin als „rheinisches Syndikat“ betitelt, befinden sich rund 200 Unternehmen im Besitz der Wilh. Werhahn KG. Zu den stärksten Mitgliedern der Gruppe zählen der Baustoffkonzern Basalt AG , der Finanzdienstleister Abcfinance und der Messerhersteller Zwilling J. A. Henckels, der auch die Hersteller für Friseurbedarf Jaguar und Tondeo in sich vereint. Mit Anton Werhahn (rechts) steht seit 2005 als Vorstandssprecher wieder ein Repräsentant der drei Werhahn-Stämme an der Spitze des Mischkonzerns. Das Vermögen der 420 Werhahns legte im Vergleich zum vergangenen Jahr (3,1 Mrd.) kräftig zu und steht nun bei circa 4,5 Milliarden Euro. Quelle: dpa - picture-alliance
Platz 8: Familie HanielNicht nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Markus Haniel (rechts), sondern der gesamten Franz Haniel & Cie. GmbH, fehlt seit Jahren die zündende Idee. Die Investmentholding befindet sich auf dem absteigenden Ast, das Vermögen der Großfamilie schmälerte sich seit 2007 um rund 10 Milliarden Euro auf heute 5,0 Milliarden Euro. Das liegt vor allem an der geplanten Ausrichtung zum Handels- und Dienstleistungskonzern, an der bis heute festgehalten wird und durch welche man sich 2007 endgültig aus dem produzierenden Geschäftsbereich zurückzog. Quelle: dpa
Platz 7: Familie SiemensDie Großfamilie Siemens umfasst mittlerweile zwar 300 Mitglieder, sie ist trotz ihres geschätzten Vermögens von rund 6,2 Milliarden Euro (plus 0,2 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr) aber eher zurückhaltend und medienscheu. Einzig Nathalie von Siemens scheint den Weg in die Öffentlichkeit für sich entdeckt zu haben. Die Ururenkelin des Begründers der modernen Elektrotechnik und Gründers der heutigen Siemens AG, Werner von Siemens, ist seit 2015 Mitglied des Aufsichtsrates des Technologiekonzerns und wird bereits als Kandidatin für die leitende Position gehandelt. Quelle: dpa
Platz 6: Familie HeraeusDie Reorganisation der Geschäftsbereiche der Heraeus Holding im vergangenen Jahr scheint sich für den Technologiekonzern bereits ausgezahlt zu haben. Das Unternehmen mit Schwerpunkt auf den Edel- und Sondermetallen erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Handelsumsatz von 12,9 Milliarden Euro – ein Plus von 0,7 Milliarden Euro zum Vorjahr. An der Spitze des Konzerns steht Jan Rinnert, der Schwiegersohn vom Aufsichtsratsvorsitzenden und Unicef-Deutschland-Vorsitzenden Jürgen Heraeus (im Bild). Zusammen mit seinen beiden Geschwistern hält der 80-Jährige 25 Prozent der Anteile. Das Vermögen der 200 Köpfe umfassenden Familie beläuft sich wie schon im Vorjahr auf 6,3 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Platz 5: Familie FreudenbergDie einstige Handelsgesellschaft und Gerberei ist heute unter dem Namen Freudenberg & Co. KG vor allem für ihre Dichtungs- und Schwingungstechnik sowie für die Produktion von Vliesstoffen und Filtrationen bekannt und beliefert vornehmlich die Automobilindustrie. Von den 8,4 Milliarden Euro Umsatz bleiben nach allen Abzügen immer noch vortreffliche 521 Millionen Euro Gewinn. Ein gutes Fünftel davon beansprucht die 320-köpfige Gesellschafterfamilie für sich, dessen Vermögen bei 7,15 Milliarden Euro steht. Quelle: picture alliance
Platz 4: Familie MerckAuch das älteste Pharmaunternehmen der Welt befindet sich im überwiegenden Familienbesitz. Die Merck KGaA konnte in ihrer 348-jährigen Geschichte noch nie einen so hohen Umsatz wie im vergangenen Jahr erwirtschaften. 12,8 Milliarden Euro bedeuten ein Plus von satten 13 Prozent zum Vorjahr. Die rund 200 Mercks sehen dem vorliegenden Wachstum mit Wohlwollen zu. Sie halten über die E. Merck KG circa 70 Prozent der Anteile am Unternehmen. Im „Bilanz“-Magazin wird das Vermögen der Familie nun erstmals auf 8,5 Milliarden Euro geschätzt. Quelle: Reuters

Kein anderes Segment der Vermögenspyramide ist seit der Jahrtausendwende stärker gewachsen, als das der Millionäre und UHNWIs. Bis 2021 prognostizieren die Credit-Suisse-Experten 45,1 Millionen Millionäre und 208.000 UHNWIs.

In der unteren Hälfte der Vermögenspyramide finden sich vor allem Erwachsene aus Indien, Afrika und Teile der Region Asien-Pazifik (wieder ohne China und Indien).

Laut Global Wealth Report verfügt das oberste Prozent der Vermögensbesitzer aktuell 50,8 Prozent des weltweiten Haushaltsvermögens – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Jahr 2000. Damit bestätigt sich einmal mehr die Annahme, dass die Ungleichheit in der Weltbevölkerung zugenommen hat.

Michael Jackson ist der reichste Tote der Welt
Platz 9: Albert EinsteinFormeln scheinen einträglicher zu sein, als Dessous: Der Entdecker der Relativitätstheorie, Albert Einstein, starb am 18. April 1955 im Alter von 76 Jahren. Sein posthum angehäuftes Vermögen wird auf 11,5 Millionen Dollar geschätzt. Macht Platz neun im Ranking der reichsten Toten.  Quelle: AP
 John Lennon Quelle: dpa
Theodor Seuss Geisel Quelle: dapd
Platz 6: Bob MarleyDeutlich jünger war der Sänger, Songwriter und Mitbegründer des Reggae, Bob Marley, als er starb. Marley wurde nur 36 Jahre alt. Sein posthumes Vermögen wird auf 21 Millionen Dollar geschätzt.  Quelle: AP
Platz 5: PrinceDer im April 2016 gestorbene Pop-Star Prince (57) folgt in der Aufstellung mit 25 Millionen Dollar. Quelle: Reuters
Platz 4: Elvis PresleyElvis Presley (1935 - 1977) verdiente auf Platz vier geschätzte 27 Millionen Dollar, vor allem durch die Touristenattraktion Graceland.  Quelle: dpa
Platz 3: Arnold PalmerIhm folgt der im September verstorbene Golf-Champion Arnold Palmer mit geschätzten 40 Millionen Dollar. Quelle: AP

Allerdings halten Vermögende überproportional viele Finanzanlagen wie Aktien oder andere Wertpapiere. Die Autoren des Global Wealth Report gehen davon aus, dass deren Wertentwicklung für die Entwicklung der privaten Vermögen und der Vermögensungleichheit in der Gesellschaft eine große Rolle spielen.

Steigen die Kurse in den kommenden Jahren nicht so schnell und stabilisiert sich der Anteil der Finanzanlagen, könnte das Aufgehen der Vermögensschere gestoppt werden. Würden die Finanzanlagen abnehmen, könnte sich der Trend zu mehr Ungleichheit sogar umkehren. Ein konkreter Anlass für solch eine Entwicklung ist allerdings schwer auszumachen.

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