Es steht kein Minus vor den Zahlen, noch wachsen die weltweiten Vermögen weiter an, zumindest im Schnitt. Dennoch schlägt die Bosten Consulting Group (BCG) in ihrem traditionsreichen Global Wealth Report Alarm. Das heute veröffentlichte Vermögensbarometer konstatiert, das Wachstum privater Vermögen sei zu einem „abrupten Stillstand“ gekommen. Der Wert sei der Niedrigste der vergangenen 50 Jahre.
2018 lag das Wachstum laut BCG weltweit bei 1,6 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 7,5 Prozent gewesen, in den Jahren davor im Schnitt 6,3 Prozent. Die Gründe für den Rückgang: der Absturz großer Aktienindizes um bis zu 20 Prozent im vierten Quartal, zudem hohe Bewertungsniveaus, geopolitische Risiken und die anhaltenden Niedrigzinsen.
Folgerichtig hatten jene Länder am meisten zu kämpfen, in denen viel an der Börse investiert wird, allen voran Japan, Nordamerika und Westeuropa. In Nordamerika gingen die privaten Vermögen voriges Jahr um 0,4 Prozent zurück, in Japan sogar um drastische 1,3 Prozent. In Westeuropa stiegen sie zwar, aber nur um magere 0,6 Prozent. Eine Ausnahme bildet das Aktien-Muffel-Land Deutschland: Hier wuchsen die Vermögen leicht überdurchschnittlich mit 1,9 Prozent.
Dass es auch anders geht, zeigen Länder, die früher einmal als zweite oder dritte Welt bezeichnet wurden: So wuchs Reichtum in Asien – Japan ausgenommen – um 7,1 Prozent, in Osteuropa und Zentralasien um 6,8 Prozent, in Lateinamerika um 6,3 Prozent und im Nahen Osten um 5,7 Prozent.
Den beeindruckendsten Wert präsentiert ausgerechnet das sonstige Sorgenkind Afrika, wo die Vermögen um 8,9 Prozent wuchsen – und damit, anders als in den anderen Regionen, kaum schwächer als in den Vorjahren. Die BCG-Analysten führen das Wachstum vor allem auf den Einfluss Südafrikas zurück und dort wiederum auf die starken Lebensversicherungen und Pensionsfonds.
Naheliegenderweise sind es auch die Schwellenländer, die den stärksten Zuwachs an Millionären verzeichnen. So gab es in Asien – wiederum ohne Japan – voriges Jahr 10,1 Prozent mehr Millionäre als zuvor, gefolgt von 9,8 Prozent mehr Millionären in Afrika und 9,1 Prozent in Lateinamerika.
Absolut gesehen sitzt der Reichtum dennoch weiterhin vornehmlich in den alten Industriestaaten: Allein in Nordamerika leben zwei Drittel aller Millionäre (s. Bildergalerie am Ende des Artikels). Auf Platz zwei folgt Westeuropa mit knapp drei Millionen Millionären. Allen 22 Millionen Millionären weltweit zusammengenommen gehört laut BCG die Hälfte der weltweiten Vermögen.
Im Global Wealth Report wird nicht nur der Status quo observiert, die Analysten wagen auch einen Blick in die Zukunft. Und der fällt deutlich positiver aus, als es die verbreiteten Rezessions-Warnungen vermuten lassen. Demnach könnten die weltweiten Vermögen bis 2030 im Schnitt um 5,7 Prozent pro Jahr wachsen. Nordamerika, Japan und Westeuropa schneiden auch hier wieder zum Teil deutlich unterdurchschnittlich ab mit geschätzten 5,4 Prozent, 1,1 Prozent und 3,6 Prozent jährlichen Wachstums.
Wachstumstreiber bleiben die Emerging Markets, allen voran Asien mit stolzen 9,4 Prozent. Auch Lateinamerika und Afrika können sich laut BCG mit plus 8,2 Prozent beziehungsweise plus 7,7 Prozent auf starkes Wachstum einstellen.
Doch auch wenn der Westen beim Wachstum der Vermögen deutlich abgehängt wird, noch kann er von der Substanz zehren. Laut Prognose werden im Jahr 2023 etwa 118 Billionen Dollar Vermögen allein in Nordamerika konzentriert sein. Selbst Asien mit seiner eindrucksvollen Wachstumsgeschichte käme zu dem Zeitpunkt mit 58 Billionen Dollar gerade einmal auf die Hälfte.




