Gold als „sichere Anlage“ Betrugsprozess um Goldhändler PIM verlängert

Laut Anklage soll der mittlerweile insolvente Goldhändler PIM im hessischen Heusenstamm von 2016 bis September 2019 mit ihren Kunden Lieferverträge einschließlich Bonusversprechen über Hunderte Kilogramm Gold abgeschlossen, diese aber nicht erfüllt haben. Quelle: dpa

Nach der Insolvenz des Goldhändlers PIM haben Gläubiger nur einen Bruchteil ihres Geldes wieder gesehen. Der Prozess gegen den Ex-Chef geht in die Verlängerung.

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Die Investoren glaubten an eine gute Anlage und Gewinne. Am Schluss standen viele von ihnen fast mit leeren Händen da. Erbschaften, aufgelöste Lebensversicherungen und Bausparverträge, Rücklagen für die Altersvorsorge – fast alles ist futsch. Den Verträgen zufolge hätten irgendwo rund drei Tonnen Gold in Tresoren liegen müssen. Doch gab es das Edelmetall wirklich, und wo ist das Geld? Seit mehr als einem Jahr verhandelt das Darmstädter Landgericht gegen den ehemaligen Geschäftsführer des insolventen Goldhändlers PIM aus dem hessischen Heusenstamm wegen des Verdachts des schweren Betruges. Das Verfahren gegen den mitangeklagten Ex-Leiter der Vertriebsfirma wurde im November abgetrennt. „Krankheitsbedingt“, heißt es beim Gericht.

Zum Start des Prozesses mit rund 140 geladenen Zeugen am 8. Dezember 2020 war zunächst noch eine Dauer bis Jahresmitte 2021 anvisiert worden. Dann wurde in dem langwierigen Prozess bis Ende vergangenen Jahres durchterminiert. „Es wird 2022 weitergehen“, sagt Gerichtssprecher Jan Helmrich. Bis Ende April soll es nun 21 weitere Verhandlungstage geben.

„Wir wissen alle nicht so recht, wann das Gericht zum Ende kommen möchte“, sagt die Anwältin des angeklagten Ex-Geschäftsführers, Stefanie Schott. Sie hoffe schon, dass nun Ende April endlich ein Urteil komme. „Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass sie länger brauchen.“ Es würden sehr viele Anleger als Zeugen gehört, doch nach wie vor sei eigentlich unklar, über welchen Schaden hier geredet werde. Verzögerungen habe es immer wieder gegeben, weil krankheitsbedingt Termine ausgefallen seien.

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Die PIM Gold GmbH soll zwischen 2016 und September 2019 mit Kunden Lieferverträge einschließlich Bonusversprechen über Gold abgeschlossen, diese dann aber nicht erfüllt haben. Zinsen sollen nach einer Art Schneeballsystem mit Geld neu angeworbener Kunden ausgezahlt worden sein. Verantworten muss sich der 50 Jahre alte frühere Geschäftsführer, der seit September 2019 in Untersuchungshaft sitzt.

Gut zwei Jahre nach einer Anzeige wurden die Räume der Firma im Juli 2019 erstmals durchsucht. Aufgrund der Ermittlungen wurde ein Haftbefehl gegen den Geschäftsführer vollstreckt. Der Goldhändler PIM musste den Geschäftsbetrieb einstellen und ging in die Insolvenz.

Seit der mehrstündigen Verlesung der 226 Seiten umfassenden Anklage vor mehr als einem Jahr sagen nun ehemalige Mitarbeiter oder Geschädigte aus.

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„Mir selbst ist nicht ganz schlüssig gewesen, wie das mit den Zinsen funktioniert“, sagte ein Anleger vor Gericht. Der frühere Unternehmer verließ sich nach dem Verkauf seines Betriebes bei einer ersten Anlage von 1,5 Millionen Euro auf den Rat seines Schwiegersohnes. Der habe ihm versichert, dass alles ganz normal laufe. Selbst habe er sich nie versichert, dass der Gegenwert auch tatsächlich in Gold da gewesen sei. Er habe geglaubt, dass PIM insolvenzsicher sei. Im September 2019 habe er angefangen, sich Gedanken zu machen. „Vom Gefühl her ist es irgendwie komisch geworden“, sagte er vor der 9. Strafkammer. Da habe er auch daran gedacht, die Goldanlage aufzulösen. „Da war ich zu spät dran.“ Da sei die Staatsanwaltschaft gekommen und die Konten eingefroren worden.

Um welche Dimension nicht auffindbaren Edelmetalls und welche Summen es beim Insolvenzverfahren des Goldhändlers geht, schilderte Insolvenzverwalter Renald Metoja im Prozess. Seinen Angaben zufolge hätten nach den Verträgen eben rund drei Tonnen Gold in Tresoren liegen müssen. Rund 270 Kilogramm Feingold und 180 Kilo Schmuck seien gefunden worden. Im Juli sprach er über berechtigte Forderungen von Gläubigern in Höhe von 140 Millionen Euro. Jeweils 7,5 Prozent ihres Investments hätten mehrere tausend Anleger bei einer ersten Auszahlung zurückbekommen.

Sollten weitere Werte entdeckt werden, könnte sich Metoja zufolge diese Quote erhöhen. Er sprach vor der Kammer von einem konfusen System von Verträgen, lückenhafter Buchführung und fehlenden Belegen. Auch sei nicht auszuschließen, dass PIM-Mitarbeiter Gold in der eigenen Tasche verschwinden ließen.

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Der angeklagte Ex-Geschäftsführer hat sich in dem laufenden Verfahren bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Auch der Mann, der mit seiner Anzeige die Ermittlungen ins Rollen brachte, schwieg als Zeuge vor Gericht. Er machte keine Aussage, weil gegen ihn selbst Ermittlungen laufen.

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