Gold-Comeback Wo das Gold für harte Zeiten herkommt

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Der Wert einer Lieferung ist erst nach dem Einschmelzen bekannt

Der Agosi-Arbeiter wälzt die Schmuckstücke mit einem Magneten um. Er nickt zufrieden: Nichts bleibt hängen, augenscheinlich handelt es sich um Gold und Silber. Routiniert streift er Wärmeschutz-Handschuhe über, der Schmuck verschwindet im Tiegel über dem Feuer. Hitze dehnt sich in der Werkshalle aus. Eine Flamme flackert auf. 1100 Grad, der Tiegel glüht gelborange. Mit einer Zange hebt der Mann das Gefäß, kippt die geschmolzene Masse in eine Barrenform. Nach nur einer Minute kühlt er den goldenen Block in Wasser. Er ist kaum dicker als eine Tafel Schokolade – wiegt aber stolze 1,6 Kilo.

Wie viel Geld der Goldsammler für den Schmuck bekommt, hängt davon ab, welche Metalle der enthält. „Genau bestimmen kann man den Metallgehalt einer Kundenlieferung erst, wenn sie geschmolzen worden ist“, sagt Volkmar Häuser, Leiter der Edelmetall-Rückgewinnung. Daher bohren die Analyse-Mitarbeiter Löcher in den Block, im Schnitt enthalten Schmuckstücke der Altgoldhändler 60 Prozent Gold. Bis zum Barren mit 999 Tausendsteln Feingehalt ist es noch ein langer Weg.

Konditionen für Krügerrand-Goldmünzen bei unabhängigen Edelmetallhändlern

Goldbarren werden nicht an Wert verlieren

Rund 36.000 Euro kostet ein Kilobarren Gold aktuell auf dem Markt. Die Agosi-Gruppe gießt solche Barren in Amsterdam für ihre Mutter Umicore. Dass Barren demnächst wieder stark an Wert verlieren, ist eher unwahrscheinlich – egal, wie die Notenbanken sich in Zukunft verhalten.

  • Hörten die Zentralbanken auf, die Märkte mit Liquidität zu fluten, würden Investoren ihr Kapital aus den mit Notenbankgeld aufgepumpten Aktien- und Anleihemärkten abziehen – und auch in Gold umschichten. Schon 2014 haben die Analysten der Commerzbank beobachtet, dass mit Gold besicherte Wertpapiere „Zuflüsse verzeichneten, insbesondere, wenn es an den Aktienmärkten zu starken Rückgängen kam“.
  • Blähen die Zentralbanken ihre Bilanzsummen weiter auf, treibt das den Goldpreis. Das zeigt die Vergangenheit: 2012 erreichte die aggregierte Bilanzsumme des Euro-Systems ihren Rekordstand bei 3102 Milliarden Euro. Vereinfacht lässt sich an der Bilanzsumme der Prozess der Zentralbankgeldschöpfung in der Euro-Zone ablesen. Mehr Euro bei konstanter Goldmenge – diese Relation schob vor 2012 den Goldpreis an. Denn anders als Papierwährungen ist Gold nicht beliebig vermehrbar.

Für den steilen Anstieg der Bilanzsumme des Euro-Systems und parallel des Goldpreises in Euro hatte Draghi damals vor allem mit zwei 500-Milliarden-Euro-Spritzen gesorgt. Über Liquiditätsprogramme hatte die EZB den Banken vor drei Jahren das Geld geliehen. Bis spätestens März 2015 müssen sie zurückzahlen. Während vor allem Institute in Südeuropa bis heute an diesem Tropf hängen, begannen andere im Sommer 2012 mit der Rückzahlung. Entsprechend schrumpfte die Bilanzsumme des Euro-Systems, auf 1988 Milliarden Dollar im vergangenen September. Nahezu parallel fiel der Goldpreis in Euro auf das Preisniveau aus der Zeit vor der Liquiditätsflut zurück, im Tief ging es runter auf 873 Euro.

Draghi hört erst auf, wenn das Inflationsziel erreicht ist

Doch um das Ziel – Inflation – zu erreichen, müssen die EZB und ihre angeschlossenen nationalen Notenbanken ihre Bilanzsumme vermutlich noch viel stärker aufblähen als bisher geplant. Ökonomen der Investmentbank Morgan Stanley schätzen, dass ein Staatsanleihekaufprogramm über 1000 Milliarden Euro nur einen Effekt von 0,4 Prozentpunkten auf Inflation und Wirtschaftsleistung hätte. Plausibel mit Blick auf das EZB-Inflationsziel von knapp zwei Prozent scheint daher, dass die Notenbank ihre Bilanz auf 4500 Milliarden Euro aufblasen müsste. So sehen das auch Analysten der Royal Bank of Scotland. Draghi betonte am Donnerstag denn auch, er werde erst Schluss machen mit den Käufen, wenn sein Inflationsziel erreicht sei.

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