Gold Warum die Gold-Nachfrage weiter steigen wird

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Ein neuer Goldstandard

In Indien ist die Goldnachfrage im vergangenen Jahr zwar scharf eingebrochen um gut ein Fünftel auf 676 Tonnen, der tiefste Wert seit 2009. Doch das dürfte ein einmaliger Effekt gewesen sein. Die Bekämpfung der Korruption im Land – auch beim Golderwerb – ist Teil des strammen Reformkurses, den die indische Regierung unter Premierminister Narendra Modi eingeschlagen hat. So wurden etwa die zwei größten Banknoten aus dem Verkehr gezogen. Diese hatte Modi am 8. November 2016 für ungültig erklärt.

Auf kurze Sicht hat die temporäre Bargeldknappheit den indischen Goldmarkt nahezu lahm gelegt. Vor allem die indische Landbevölkerung, die häufig kein eigenes Bankkonto besitzt und Goldkäufe daher bar tätigt, fehlten vorübergehend die Mittel zum Goldkauf. Inzwischen aber ist der Umtausch von 22 Milliarden Geldscheinen, 86 Prozent des Bargeldumlaufs, nahezu abgeschlossen.

Beim Thema Gold tun sich die deutschen Anleger schwer. In puncto Geldanlage sind viele der geläufigen Vorstellungen aber falsch. Veränderte geo-politischen Verhältnisse erfordern eine genauere Betrachtung.
von Markus Elsässer

Auf lange Sicht wird die Reformpolitik Modis gar für einen wohlstandbedingten Schub der indischen Goldnachfrage sorgen. Neben der ohnehin positiven Demografie im Land –die Anzahl der Beschäftigten in der Altersgruppe der 15– bis 59-Jährigen wird sich in Indien bis zum Jahr 2050 schätzungsweise von aktuell 674 Millionen auf gigantische 940 Millionen erhöhen – verbessern sich die Rahmendaten zusehends. Den bisher größten Wurf landete Premier Modi mit einer einheitlichen Mehrwertsteuer. Die Angleichung – bisher erhoben Teilstaaten unterschiedliche Sätze – wird die Integration des gewaltigen Binnenmarktes vorantreiben, den Wettbewerb fördern und Verbrauchern günstigere Produkte bescheren.

Wachstumsfördernd wirken sich ebenfalls Investitionen in die ländliche Infrastruktur sowie geplante steuerliche Entlastungen für kleine und mittelgroße Unternehmen aus. Der positive Ausblick spiegelt sich inzwischen auch in der indischen Landeswährung Rupie. Sie hat nach einem fast sechsjährigen Abwärtstrend und einer einjährigen Bodenbildungsphase gegenüber Dollar und Euro jetzt nach oben gedreht.

Wachsende Einkommen gepaart mit einer aufwertenden Heimatwährung stärkt die Kaufkraft der traditionell goldaffinen Inder.

Neuer Goldstandard

Auch Finanzinvestoren kehren wieder zurück in die mit physischen Barren besicherten Goldfonds. Nach Abflüssen im vierten Quartal 2016 verzeichnen die vom Börsendienst Bloomberg erfassten Fonds jetzt wieder Mittelzuflüsse. Aktuell horten die Fonds 59 Millionen Unzen. Das ist immer noch 30 Prozent weniger als beim Rekordhoch 2012. Aber es ist gut denkbar, dass es in den kommenden Jahren wieder in alte Bestandshöhen geht. Grund: Ein neuer Goldstandard eröffnet 1,6 Milliarden Muslimen jetzt einen besseren Zugang zum Goldmarkt. Die Prüfungs- und Rechnungslegungsorganisation für islamische Finanzinstitute (Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions, AAOIFI) führte im Dezember 2016 den Scharia-Goldstandard ein. Mit diesem Standard wurden erstmals spezifische Regeln für den Einsatz von Gold als Anlage in der islamischen Finanzbranche festgelegt.

Bisher war es unklar, ob es islamischen Haushalten erlaubt ist, in Gold zu investieren. Wer zuvor Gold besitzen wollte, dem war dies nur in Form von Goldschmuck gestattet. Jetzt haben sie die Möglichkeit, auch in Goldbarren, Goldmünzen, Goldminenaktien oder eben in börsennotierte Goldfonds zu investieren. Sollten nur zwei Prozent der Vermögenswerte, die von islamischen Finanzinstituten gehalten werden, in Scharia-konforme Goldanlagen fließen, bedeutete das eine zusätzliche Goldnachfrage von 38 Millionen Unzen im  Gegenwert von derzeit 48 Milliarden Dollar.

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