Dass die Entwicklung der Realzinsen den Goldpreis maßgeblich bestimmt, ließ sich gut nach der Finanzkrise beobachten. Zwischen Juli 2009 und September 2011 fiel die reale Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen von plus 5,6 Prozent auf ein Rekordtief von minus 1,7 Prozent. In dieser Phase verdoppelte sich der Goldpreis und erreichte sein Rekordhoch nahezu zeitgleich mit dem Tief der Realrendite (siehe Chart). Anschließend drehte der Trend. Die Realrenditen zogen an, und der Goldpreis tat so, als sei Winterschlussverkauf. Seit Ende 2015 fällt die Realrendite wieder – gut also für Gold.
Auch die Aufwärtsdynamik des Dollar hat zuletzt nachgelassen. US-Präsident Trump gibt zwar den starken Mann, einen starken Greenback will er aber nicht: „Ein starker Dollar klingt besser, als er in Wirklichkeit ist“, sagt er.
Die verbale Währungskeule packte unlängst Trumps oberster Handelskrieger Peter Navarro aus. Der „visionäre Ökonom“ (Trump) warf Deutschland vor, es beute die USA und seine europäischen Nachbarn aus, weil es sich durch den tiefen Euro Handelsvorteile verschaffe. Trump legte nach und belegte neben China und Deutschland auch gleich noch Japan mit dem Prädikat Währungsmanipulateur. „Ist es wirklich sicher, dass uns Trump einen starken Dollar bringt?“, fasst Bondkönig Jeff Gundlach, Chef der Investmentgesellschaft Doubleline Capital aus Los Angeles nach. Ein schwacher Dollar wäre gewiss ein zusätzlicher Treiber für den Goldpreis. Allerdings gilt diese Gesetzmäßigkeit nicht immer: Zuletzt häuften sich Tage, an denen der Goldpreis gemeinsam mit dem Dollar anzog. Aus Sicht eines Goldanlegers, der in Euro abrechnet, ist diese Konstellation doppelt erfreulich.
Ohnehin fallen seit Jahren die Aufwärtsschübe des Goldpreises in Euro oft zusammen mit einer Schwächephase des Euro gegenüber dem Dollar. Das passiert immer dann, wenn die Euro-Krise hochkocht, etwa 2012, als nur noch Mario Draghis berühmte Worte, er werde alles tun, um den Euro zu erhalten – „whatever it takes to preserve the Euro“– die Einheitswährung vor dem Aus bewahrte. Gold in Euro erreichte sein Rekordhoch 2012, fast genau ein Jahr nach dem Top in Dollar.
Dollar und Gold im Kommen
Als sicherer Hafen für Fluchtgelder aus der europäischen Peripherie profitierten bisher besonders Bundesanleihen. Das muss sich allerdings bei einer erneuten Eskalation der Euro-Krise, die womöglich ein Sieg von Marine Le Pen vom ultrarechten Front National bei den französischen Präsidentschaftswahlen auslösen könnte, nicht zwingend wiederholen. Le Pen hat für den Fall ihrer Wahl ein Referendum in Aussicht gestellt über den Verbleib Frankreichs in der EU und in der Euro-Zone. Bei einem Sieg Le Pens könnte Kapital die gesamte Euro-Zone verlassen.
Sollten also Bundesanleihen als sicherer Hafen ausfallen – eine Bundesregierung unter einem Bundeskanzler Martin Schulz würde höchstwahrscheinlich den Fuß von der Schuldenbremse nehmen –, wäre neben dem Dollar vor allem Gold gefragt, die härteste Währung der Welt.
Der Dollar sei eigentlich eine „beschissene“ Währung, sagt Anlegerguru Marc Faber gewohnt markig. Die anderen Währungen aber seien noch „beschissener“. Der berühmte Investor aus der Schweiz mit Wohnsitz in Thailand traut überhaupt keiner Papierwährung: „Intelligente Menschen sehen schon, dass, wenn man die Geldmenge erhöht, eine Papierwährung gegenüber einer Währung, die nicht in gleichem Maße erhöht werden kann, auf Dauer verliert.“
Der Intelligenztest: Die Menge des jemals auf der Welt geförderten Goldes wird auf etwa 6130 Millionen Unzen veranschlagt. Aus den Goldbergwerken auf der Welt kommen jedes Jahr noch etwa 100 Millionen Unzen dazu. Ist Gold knapp? Eher nicht.