Es ist schwer, zu sagen, ob Gold seine besten Zeiten schon gesehen hat oder doch nicht. Sicher ist nur: Die Goldminenaktien laufen so, als wäre der Boom in jedem Fall vorbei. Risikobereite Anleger könnten in all dem Gemetzel dennoch Chancen finden – wenn sie die Gründe für den Wandel im Minensektor verstehen.
2012 war ein hartes Jahr für Gold, und 2013 hat das edle Metall (in Dollar) bereits wieder rund sieben Prozent an Wert verloren; gleichzeitig verzeichnet der börsengehandelte Indexfonds Market Vectors Gold Miners ETF über 20 Prozent Wertverlust. Schlechte Ergebnisse lieferten vor allem die in Schwellenländern angesiedelten Minengesellschaften, darunter die südafrikanische Harmony Gold, deren Aktie in diesem Jahr um 29 Prozent abgestürzt ist, und die peruanische Buenaventura, die bereits 28 Prozent Kursverlust verbucht.
Der Edelmetallausblick 2013 der Commerzbank
Die Minenproduktion dürfte 2013 leicht steigen. Nennenswerte Produktionszuwächse soll es jedoch vor allem in China und Russland geben. Allerdings rechnen die Commerzbank-Analysten nicht damit, dass dieses zusätzliche Angebot auf die westlichen Märkte gelangt, weil in diesen Ländern zugleich die Nachfrage stark steigt. Die Goldproduktion in Südafrika leidet hingegen unter abnehmenden Erzgehalt, Streiks der Minenarbeiter und ansteigenden Kosten. Ein steigendes Angebot könnte es beim Altgold geben, das bereits für rund ein Drittel des Gesamtangebots steht.
2012 hat die Nachfrage bislang abgenommen und wird aller Voraussicht nach am Jahresende untere unter der des Vorjahres liegen. Das wäre der erste Rückgang seit 2009. Nachdem die Nachfrage im zweiten Quartal ungewöhnlich schwach war, fiel sie im dritten Quartal wieder ungewöhnlich stark aus. Nach Steuererhöhungen und Rekord-Goldpreise in heimischer Währung lag die Nachfrage aus Indien bis Ende November 24 Prozent unter dem Vorjahreswert. Das verlangsamte Wachstum in China bremste auch dort die Nachfrage um acht Prozent im dritten Quartal. Für 2013 rechnet die Commerzbank mit einer Belebung der Goldnachfrage aus Indien und China, die für etwa die Hälfte der globalen Goldnachfrage stehen.. In Indien sollten sich die Goldkäufer an das gestiegene Preisniveau gewöhnt haben, in China mehren sich die Anzeichen einer konjunkturellen Erholung.
Die Nachfrage von Investoren sollte von im Umfeld niedriger oder sogar negativer Realzinsen von der Flucht in Gold als wertstabile Anlage und alternative Währung profitieren. Zuletzt war die Investorennachfrage rückläufig und lag im dritten Quartal neun Prozent unter dem Vorjahreswert. Gold-ETFs sollten jedoch wie im dritten und vierten Quartal weiter Zuflüsse verzeichnen. Unter Berücksichtigung der außerbörslichen Geschäfte, hat die Commerzbank für 2012 eine um sieben Prozent höhere Investmentnachfrage gegenüber 2011 errechnet. Nachdem spekulative Investoren ihre Wetten auf einen steigenden Goldpreis deutlich reduziert haben, könnte ein Stimmungswechsel der kurzfristig agierenden Finanzanlegern den Goldpreis deutlich steigen lassen. Auch die Nachfrage nach Münzen und Barren sollte 2013 zulegen.
Noch im Sommer hielten sich die Notenbanken mit Goldkäufen zurück. Im dritten Quartal kaufte vor allem die Türkei Gold – hauptsächlich, weil dort die Zentralbank Gold von den Geschäftsbanken als Mindestreserve akzeptiert. Seit Oktober ziehen die Goldkäufe durch Zentralbanken allerdings spürbar an, allein in einem Monat flossen den Instituten netto 40 Tonnen Gold zu. Der World Gold Council rechnet damit, dass die Staaten und Notenbanken 2012 den Rekord-Nettokauf von 457 Tonnen im Jahr 2011 nochmals übertreffen. Damit würden die Zentralbanken bereits im vierten Jahr in Folge als Netto-Käufer auf dem Goldmarkt auftreten.
Der Goldpreis dürfte seinen Aufwärtstrend wieder aufnehmen. Hauptgründe dafür dürften den Commerzbank-Analysten zufolge die ultralockere Geldpolitik der Zentralbanken und geopolitische Risiken sein, die Gold als wertstabile Anlage und sicheren Hafen aufwerten. Seinen Aufwärtstrend Den Preis für eine Feinunze Gold in US-Dollar erwartet die Commerzbank im ersten Quartal bei 1950 Dollar, im zweiten Quartal bei nur 1900 Dollar und im dritten Quartal erneut bei 1950 Dollar. Für das Gesamtjahr 2013 rechnen die Experten auch mit einem Durchschnittspreis von 1950 Euro.
Die Ursache der Malaise: Als der Goldpreis steil nach oben ging, pumpten die Minengesellschaften – verzweifelt bemüht um Produktionssteigerungen – ohne große Kostenüberlegungen massenweise Geld in riesige und teure Projekte. Die Anleger schauten geflissentlich weg und pumpten Geld in die Aktien, selbst wenn deren Performance die Erwartungen nicht erfüllte und ihre Anteile durch die Emission neuer Aktien verwässert wurden. In der Periode zwischen dem Tief des Goldpreises im Oktober 2008 und seinem Hoch im September 2011 übertraf die Performance der Goldminenaktien die des Goldpreises um rund 50 Prozentpunkte.
Nachdem der Goldpreis dann seinen Spitzenwert dieser Hausse erreicht hatte – inzwischen ist er wieder gut 15 Prozent gesunken –, büßte der Gold Miners ETF fast die Hälfte seines Wertes ein. John Bridges, der den Goldsektor für JP Morgan analysiert, meint, die Unternehmen hätten jetzt zumindest begriffen, dass eine um jeden Preis auf Produktionswachstum ausgerichtete Strategie nicht mehr funktioniere. Sie befänden sich nun in einem Strukturwandel hin zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen. So würden unprofitable Minen geschlossen, Anleger mit genauen Informationen über Produktionskosten versorgt und der Fokus auf freie Mittelzuflüsse und attraktive Dividendenrenditen gerichtet.
Der kanadische Favorit
Das bestätigt auch Jamie Sokalsky, neuer Chef des kanadischen Minenkonzerns Barrick Gold: Anlässlich der Präsentation des letzten Quartalsergebnisses sagte er: „Steigende Kosten, unüberlegter Einsatz von Kapital und der Schwerpunkt auf Produktionssteigerungen um jeden Preis führten branchenweit zu einem Rückgang der Aktienbewertungen.“ Das werde sich ändern, verspricht der Barrick-Chef.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Unternehmen, die ausschließlich in aufstrebenden Märkten operieren, müssen sich dazu ein wenig mehr einfallen lassen. Die südafrikanische Gold Fields etwa entschloss sich zu einer Aufspaltung. Die kostenintensiven alten Bergwerke wurden in ein neu gegründetes Unternehmen namens Sibanye Gold ausgegliedert. Die neue Gold Fields will sich auf modernere Minen konzentrieren.
Zumindest bisher zeigen die Anleger wenig Begeisterung. Der Kurs von Gold Fields ist seit der Aufspaltung im Februar neuerlich um 18 Prozent gefallen; der von Sibanye Gold hat nur um knapp zehn Prozent nachgegeben. Die beiden Unternehmen leiden unter den Arbeitskämpfen in Südafrikas Bergbaubranche. Die Unruhen dürften auch nicht so bald beigelegt sein, denn die Arbeitslosigkeit liegt bei fast 25 Prozent, und die Minenbetreiber wollen Kapazitäten abbauen.
Der Ausverkauf der Goldminenaktien lässt inzwischen viele Titel billig erscheinen. Doch billig sind sie aus gutem Grund, denn die Strukturbereinigung ist noch keineswegs gelaufen. Avy Hirshman, Portfoliomanager bei Newgate Capital, meint, risikobereite Anleger sollten sich auf jeden Fall auf Minenbetreiber in stabileren Ländern konzentrieren, vor allem auf solche, die ihre Kosten in einem vernünftigen Rahmen halten und bereits jetzt oder bald einen freien Cash-Flow vorweisen können. „Heute muss man als Anleger seine Hausaufgaben machen und Titel finden, mit deren Geschäftsmodellen man halbwegs ruhig schlafen kann“, so Hirshman.
Sein Favorit ist der kanadische Goldproduzent Yamana Gold, der Minen in Brasilien, Chile, Mexiko und Argentinien betreibt. Yamanas Produktionskosten pro Unze Gold liegen bei 500 Dollar und damit wesentlich unter den Kosten von 800 Dollar und mehr, die pro Unze bei südafrikanischen Bergwerken anfallen.
Yamana hat seine Investitionen deutlich zurückgeschraubt und erwirtschaftete im dritten Quartal des vergangenen Jahres einen freien Cash-Flow in Höhe von 509 Millionen Dollar.