Offenbar haben die nachlassenden Sorgen um eine erneute Eskalation der Schuldenkrise sowie ein mögliches Ende des billigen Geldes dazu geführt, dass Gold als sicherer Hafen für Geld und Vermögen weniger nachgefragt wird, obwohl es faktisch - vor allem in der Eurozone - keinen Anlass zur Entwarnung gibt. Die Probleme der hochverschuldeten und von internationaler Finanzhilfe abhängigen Länder bleiben nach wie vor ungelöst, die Risiken der Geldschwemme der Notenbanken bleiben unvermindert. Das sehen auch einige Analysten kritisch. "Wir haben Gold aus zwei Gründen gekauft: Weil wir über die inflationären Auswirkungen der Geldpolitik besorgt waren und weil wir einen Zusammenbrechen des Finanzsystems befürchtet haben", sagte etwa Sean Corrigan, Chef-Investmentstratege bei Diapason Commodities Management. "Und obwohl dies vielleicht eine komplette Fehleinschätzung ist, hat der Markt entschieden, dass keins von beiden derzeit Anlass zur Sorge ist."
Vor allem unerwartet positive Konjunkturnachrichten aus den USA haben Staatsanleihen wieder renditeträchtiger werden lassen und die Wahrscheinlichkeit für einen baldigen Rückzug aus den Staatanleiheaufkäufen der US-Notenbank (Fed) steigen lassen. Sogar eine Erhöhung der Leitzinsen durch die Fed halten die Akteure für zunehmend wahrscheinlich. Investoren schichten daher ihr Goldvermögen zunehmend in andere Anlagen um. Der allmähliche Aufschwung der US-Wirtschaft und steigende Zinsen für US-Staatsanleihen könnten so auch weiterhin den Goldpreis drücken.
Obwohl sich fundamental nichts an den Vorteilen einer Goldanlage im Sinne von Werthaltigkeit und Vermögensversicherung geändert hat, schreiben die Investmentbanken in ihren Goldpreisprognosen diesen Trend fort. Erneut senkte Goldman Sachs seine Preiserwartung für das Edelmetall. Am Ende des laufenden Jahres erwartet Goldman Sachs den Goldpreis demnach nur noch bei 1300 Dollar. Zuvor war die Bank noch von 1435 Dollar ausgegangen. Noch schwärzer sieht die Preisprognose für 2014 aus: Hier senkte Goldman Sachs die Erwartung von 1270 Dollar auf nur noch 1050 Dollar. Anders gesagt, gehen die Goldman-Analysten davon aus, dass der Goldpreis bis zum Jahresende nochmals moderat ansteigt, bevor er im kommenden Jahr seine Talfahrt wieder aufnimmt. Bereits im April hatte Goldman Sachs wenige Tage vor einem deutlichen Kurssturz beim Gold seine Prognose gesenkt - was bei vielen Beobachtern den Verdacht der Kursmanipulation aufkommen ließ.