Goldpreis Gold – alle wollen es, keiner kauft es

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Zuspruch wegen positiver Preisentwicklung

Befragt nach der Eignung von Gold als Geldanlage legten die positiven Aussagen in den vergangenen zwei Jahren trotzdem zu. So halten 77 Prozent Gold für eine gute Ergänzung zu anderen Anlagen, 71 Prozent sehen in Gold eine sichere Geldanlage, 62 Prozent würden sie auch risikoscheuen Anlegern empfehlen. Fast die Hälfte der Befragten, 47 Prozent, sind sogar der Auffassung, dass Gold für Anleger lukrativ ist, weil sie steigende Kurse erwarten.

„Mehr als 70 Prozent der Deutschen sagen, Gold sei für sie eine sichere Anlage – das ist bemerkenswert angesichts der turbulenten Kursentwicklung der vergangenen Jahre“, sagt Hartmann von Pro Aurum. „Vor dem Hintergrund des Anlagenotstandes hat Gold meiner Überzeugung nach noch immer eine wichtige Funktion als Stabilitätsanker im Portfolio.“

Angesichts der hohen Meinung zum Gold als Geldanlage sind die schwache Quote beim Besitz sowie der lediglich vor sich hin dümpelnde Goldpreis erstaunlich. Woran liegt das schwindende Interesse der Münzkäufer und Goldfondsanleger, obwohl Währungsrisiken und Renditeeinschätzung der Anleger klar für den Goldkauf sprechen?

Ein Aspekt ist sicher die Goldpreisentwicklung. Tatsächlich verzeichnete Gold zumindest in Euro in den ersten Monaten des Jahres ein deutliches Plus von rund zehn Prozent. Schwankte der Goldpreis Ende 2014 um die 950 Euro je Feinunze, sind es heute 1050 Euro.

Angst vor Inflation ist abgeflaut

Gemessen in Dollar hat sich der Goldpreis in den vergangenen zwei Jahren jedoch ausgehend von knapp 1400 Dollar bei einem Preis um die 1200 Dollar je Feinunze eingependelt. Aktuell notiert das Edelmetall mit 1183 Dollar knapp darunter. Da Gold international in Dollar gehandelt wird, ist die Ursache für den Goldpreisanstieg in Euro somit eher der schwachen, von der Euro-Schuldenkrise gebeutelten Gemeinschaftswährung geschuldet als einer steigenden Nachfrage.

Meilensteine des Goldpreises

Der zweite Grund ist in zunehmender Gelassenheit zu suchen – vielleicht sogar Ignoranz seitens der Sparer. Offenkundig haben sich viele Ängste der Anleger, die sonst für vermehrte Goldkäufe sorgten, inzwischen gelegt. Die Sorgen um ein Auseinanderbrechen des Euro-Währungsraums sind weniger ausgeprägt als noch vor drei Jahren, als Notenbankpräsident Mario Draghi versprach, dass die Europäische Zentralbank alles Notwendige tun würde, um den Euro zu schützen – „Whatever it takes“.

Weil der Goldpreis in der Tendenz eher fällt, mag es für viele Anleger zudem verlockender erscheinen, Gold erst später zu kaufen oder den Ernstfall einer Währungskrise oder anziehende Inflation abzuwarten - die trotz der Erwartungen vieler Experten seit dem Ausbruch der Finanzkrise auch sieben Jahre nach der Lehman-Pleite noch immer auf sich warten lässt..

Die Angst vor galoppierender Inflation – eine deutsche Ur-Angst – dürfte deutlich abgeflaut sein, seitdem EU-Politiker immer wieder betonen, dass sogar ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone verschmerzbar sei. Zumal in den vergangenen Monaten vor allem die Sorge vor einer Aufwertung des Euro (Deflation) umging und erst jetzt mit leicht anziehender Inflation (im Mai plus 0,7 Prozent) die Warnungen immer seltener zu hören sind. Selbst die Aussicht auf eine Zinserhöhung der US-Notenbank – und damit einhergehend anziehender Inflation bei der US-Währung – vermag offenbar nicht zu mehr Gold-Hamsterkäufen zu führen. Nicht einmal am Immobilienmarkt oder am Aktienmarkt gebe es eine Spekulationsblase, sind sich Experten einig, ein drastischer Verfall der Vermögenswerte bei Wertpapieren und Immobilien daher nicht zu erwarten.

Das Misstrauen in Papiergeld hat im Vergleich zum Höhepunkt der Schuldenkrise vor drei Jahren deutlich abgenommen. In der Praxis liegen daher Anlagen mit Mini-Rendite, wie Tagesgeld, ein Bausparvertrag, Betongold (Immobilien) oder die Lebensversicherung, weiterhin deutlich vorne.

Einige Markbeobachter vermuten hinter den rückläufigen Goldkäufen lediglich eine schiefe Wahrnehmung des Goldpreises, der nahezu überall nur in Dollar angegeben wird. In Euro aber legte der Goldpreis sowohl im vergangenen als auch im laufenden Jahr im zweistelligen Prozentbereich zu - und für hiesige Anleger ist der Euro-Kurs entscheidend. Für Goldanleger, die auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise zwischen Sommer 2011 und Frühjahr 2013 Gold zu Rekordpreisen von 1600 bis 1800 Dollar gekauft (damals 1200 bis 1350 Euro je Feinunze) haben, ist das allerdings auch nur ein kleiner Trost – sie liegen noch immer deutlich in der Verlustzone. Und für neue Goldkäufer erscheint der Goldpreis in Euro derzeit hoch, was die Nachfrage hemmen dürfte.

Aber wer schon Gold hat und als Teil seines Vermögensportfolios behält, ist gegen böse Überraschungen und schwere Krisen versichert - und bewahrt sich die Chance auf einen steigenden Goldpreis. Dann kann Gold auch bei einem Zusammenbruch der Euro-Zone wieder als Stabilitätsanker glänzen. Denn wie sagte erst kürzlich Börsenguru Marc Faber gegenüber einem US-Fernsehsender: "Ich denke, das Problem ist, dass eines Tages das ganze Finanzsystem implodiert." Seine Strategie: ein diversifiziertes Portfolio aus Aktien, Immobilien und Grundbesitz, 30-jährigen US-Staatsanleihen. "Und ich würde einige Rohstoffe, Edelmetalle, halten", so Faber. Er bevorzugt dabei Goldmünzen und -barren.

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