Grauer Kapitalmarkt Die dubiosen Geschäfte der Euro Grundinvest

Der Immobilienfonds Euro Grundinvest fällt mit nebulösen Immobiliendeals auf - und lässt Anleger von einem Phantom beruhigen.

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Wo sich Blasen aufbauen
DeutschlandHauspreis zu Miete: - 14 % (Unterbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: -16 % (Unterbewertung) (Hauspreise gemessen an ihrem historischen Durchschnittsverhältnis zu Mieten und Durchschnittseinkommen) Die Zahlen zeigen, dass deutsche Immobilienkäufer nach wie vor solide finanzieren. Auch wenn es in einzelnen Metropolen zu Überhitzungen gekommen ist, so geht für die gesamte Wirtschaft noch keine Gefahr vom Immobilienmarkt aus.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa
NiederlandeHauspreis zu Miete: +6 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +23 % (Überbewertung) Die Niederlande kämpfen seit vielen Jahren mit einer Immobilienkrise. Inzwischen sind die Preise zwar deutlich gefallen, aber noch immer sind Häuser recht sportlich bewertet.Quelle: Deutsche Bank Quelle: AP
ÖsterreichHauspreis zu Miete: +13 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +15 % (Überbewertung) Auch in Österreich sind Immobilien teuer, gemessen an den Mieten und Durchschnittseinkommen.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa
DänemarkHauspreis zu Miete: +15 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +9 % (Überbewertung) Dänen finanzieren gerne Wohnung und Haus ohne monatliche Tilgungsraten. Die Banken machen das, weil sie von deutlich steigenden Immobilienpreisen und steigenden Einkommen ausgehen.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa
SpanienHauspreis zu Miete: +20 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +13 % (Überbewertung) Der Immobilienboom führte in Spanien lange zu massiver Bautätigkeit. Heute zeugen Rohbauten und leerstehende Gebäude vom Platzen der Immobilienblase. Noch sind die Preisübertreibungen nicht abgebaut. Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa
SchwedenHauspreis zu Miete: +32 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +16 % (Überbewertung) Die Hauspreise in Schweden haben sich wie dieses "Turning Torso" genannte Appartment-Hochhaus weit in den Himmel geschraubt.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa/dpaweb
FrankreichHauspreis zu Miete: +36 % (Überbewertung)Hauspreis zu Durchschnittseinkommen: +29 % (Überbewertung) Frankreichs Wirtschaft kommt nicht recht in Schwung. Die Gefahren für hochverschuldete Haushalte nehmen zu.Quelle: Deutsche Bank Quelle: dpa

Malte Hartwieg ist ein äußerst vielseitiger Geschäftsmann: Ursprünglich gelernt hat er den Beruf des Maurers. 2008 finanzierte er seiner Ehefrau in München ein Spa für Männer. Stolz erzählte er im Fernsehinterview, dass er das Nobel-Etablissement aus der eigenen Tasche bezahlen konnte. Parallel betrieb er bis vor Kurzem den Finanzvertrieb dima24, dessen Mitarbeiter am Telefon geschlossene Fonds diverser Anbieter an Privatanleger verscherbelten. Und weil Hartwieg so gut weiß, wie man mit Geld umgeht, legte er zuletzt auch eigene Fonds auf, die das Geld der Dima-Kunden gewinnbringend in Immobilien, Edelmetalle, Öl und Gas in Deutschland, Nahost oder der Karibik investieren sollten.

Doch Hartwieg hat sich offensichtlich verschätzt. Nicht nur, dass der Männer-Spa seine Pforten geschlossen hat: Anleger, die in Fonds aus dem Hartwieg-Reich mit den Namen Selfmade und NCI investiert hatten, haben seit Monaten keine Ausschüttungen gesehen. Laut Eigenwerbung hat Dima Fondsbeteiligungen für 2,3 Milliarden Euro vermittelt. Zwischen 200 und 320 Millionen davon sollen nach Schätzungen von Unternehmenskennern in Hartwieg-Fonds wie Selfmade oder NCI geflossen sein.

Immobilienfonds in Auflösung

Entspannt zurücklehnen konnten sich bislang nur die Zeichner von fünf Immobilienfonds mit dem Namen Euro Grundinvest (EGI), die auch zur Hartwieg-Gruppe gehören – die Deutschland-Fonds EGI 12, 15, 17 und 18 und ein Spanien-Fonds.

Erst kürzlich überbrachte eine Dame namens „Brigitte Lorenz“ den Anlegern des Fonds EGI 15 im Namen der Gesellschaft fantastische Nachrichten: „Die Euro Grundinvest ist einer der solidesten Bauträger Münchens“, heißt es in einem Brief. Das aktuelle Projektvolumen läge mit mehr als 100 Millionen Euro deutlich über dem bisher platzierten Eigenkapital. „Diese Entwicklung macht es nun möglich, für Sie die im Prospekt versprochenen Erfolge zu realisieren.“ Will heißen: Die Anleger des EGI 15 sollen die angekündigten acht Prozent Zinsen und auch noch eine Gewinnbeteiligung von bis zu vier Prozent pro Jahr auf ihre Einlagen bekommen.

Die Sache hat nur einen ganz kleinen Haken: Bei der Euro Grundinvest gibt es keine „Brigitte Lorenz“. Und Projekte im Umfang von 100 Millionen Euro gibt es laut einer von der EGI selbst erstellten Übersicht von Anfang März auch nicht.

Es ist vielmehr unklar, wo das Kapital der einzelnen Fonds konkret steckt. Fragen hierzu beantwortet die EGI nur rudimentär. Sie kann nicht einmal erklären, mit welchen Geschäften der bereits aufgelöste erste Fonds der Gruppe, der EGI 12, eine jährliche Rendite von zwölf Prozent pro Jahr erwirtschaftet haben will. Genauso dubios ist, dass die Gruppe im Juni 2011 eine „City Residenz“ in München mit einer angeblich sensationellen Rendite verkauft haben soll – die Gesellschaft aber keine Angaben zum Objekt machen kann.

Bis März 2013 flossen knapp 54 Millionen Euro in die EGI-Fonds. Wie viel danach noch verkauft wurde, ist nicht bekannt. Über Genussrechte sollen laut Schätzung eines Unternehmenskenners bis heute weitere zehn Millionen in die Gruppe geflossen sein. Wie viel insgesamt zusammenkam, sagt EGI nicht.

Die Fonds selbst erwerben keine Immobilien. Vielmehr soll der Großteil des eingezahlten Kapitals an andere Unternehmen der Gruppe weitergereicht werden, die Malte Hartwieg über mehrere Zwischengesellschaften bis Mai komplett gehörten. Wo das Geld jedes einzelnen Fonds steckt, erklärt die EGI nicht. Ob es gewinnbringend investiert wurde, ist unklar.

Wo sind die Millionen?

In den 2010 aufgelegten EGI 12 zahlten Anleger knapp 11,7 Millionen Euro ein. Vor und bei der Auflösung des Fonds Mitte 2013 erhielten sie 15,7 Millionen Euro zurück. Sollte die Differenz in Höhe von vier Millionen Euro tatsächlich erwirtschaftet worden sein, wäre das ein außerordentliches Kunststück: Von den 11,7 Millionen Euro, die Anleger eingezahlt hatten, wurden 9,6 Millionen Euro an eine Gesellschaft weitergereicht, die das Geld investieren sollte. Der Rest war für Fondskosten einkalkuliert. Die EGI müsste mit diesem Betrag 64 Prozent Rendite gleich 6,1 Millionen Euro Gewinn gemacht haben. Nur so wären für die Fondszeichner zwölf Prozent Rendite pro Jahr herausgekommen.

Die EGI behauptet, dass die Rendite von der Euro Grundinvest Objekt München GmbH komme, die auch noch Renditen für den Fonds EGI 18 abwerfen soll. Wie diese das Wunder vollbracht hat, erklärt die EGI nicht. Sollte die GmbH tatsächlich Profit in der Höhe gemacht haben, dann aber vermutlich nicht durch gewinnbringende Immobiliengeschäfte: In der letzten publizierten Bilanz der Gesellschaft von 2011 findet sich kein Hinweis auf Grundeigentum. Laut der Bilanz der Mutter hatte die Objekt München GmbH ihr Eigenkapital 2012 sogar aufgezehrt und stand mit knapp 100 000 Euro im Minus. Und einer internen Aufstellung der EGI ist zu entnehmen, dass die Objekt München GmbH auch im März 2014 weder ein Haus noch ein Grundstück besaß. Beim Grundbuchamt München war Mitte März ebenfalls kein Immobilienbesitz verzeichnet.

Hier kostet Wohnen am meisten
Frankfurt am Main, Westend-SüdIm Frankfurter Westend kostet der Quadratmeter für eine Eigentumswohnung im Schnitt 4.642 Euro. Kein Wunder, hier sind viele Banker und Top-Manager zuhause.Quelle: Die Angaben beziehen sich auf Angebotspreise von Immobilienscout24. Das Referenzobjekt der Berechnungen ist eine 30 Jahre alte Wohnung mit 80 Quadratmetern und drei Zimmern. Quelle: dpa
Heidelberg, NeuenheimAuf Platz sieben landet der Heidelberger Stadtteil Neuenheim. Hier kostet der Quadratmeter 4.863 Euro. Neuenheim liegt gegenüber der Altstadt, geprägt wird der Stadtteil durch viele Villen und Grünflächen. Quelle: dpa
Amrum, NorddorfViele Deutsche fahren nach Norddorf auf Amrum in den Urlaub. Doch die, die auf unserem Platz sechs sesshaft werden wollen, müssen tief in die Tasche greifen: 5.305 Euro zahlt man hier pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung. Quelle: dpa
JuistDie Nordseeinsel Juist liegt zwischen Borkum und Norderney. Hier zahlen Wohnungskäufer 5.666 Euro pro Quadratmeter. Quelle: dpa
Hamburg, HafencityDie Hamburger Hafencity ist eines des größten Städtebauprojekte in Europa. Auf rund 155 Hektar entsteht ein neuer Stadtteil an der Elbe. Ein Wohnung können sich dort nur wenige leisten: der Quadratmeter kostet 5.760 Euro. Quelle: APN
NorderneyDas White Sands Festival auf Norderney lockt stets viele Besucher an. Insgesamt kommen jedes Jahr hunderttausende Urlauber auf die Insel. Einen festen Wohnsitz haben aber nur knapp 6000 Einwohner. Wer eine Wohnung kaufen möchte, muss 6.578 Euro pro Quadratmeter berappen. Quelle: dpa
München, LehelDas Lehel gehört mit 6.947 Euro pro Quadratmeter zu den teuersten Fleckchen in Deutschland, wenn Sie nach einer Eigentumswohnung Ausschau halten. Fast genauso teuer ist es nebenan in der Altstadt (6.918 Euro). Lehel und Altstadt bilden zusammen den Münchener Stadtbezirk Nr. 1. Quelle: dpa

Woher stammen die Gewinne?

Dass die Gewinne des EGI 12 aus dem Verkauf einer „City Residenz“ im Münchner Stadtteil Bogenhausen stammen, ist zumindest fraglich. Im Juni 2011 wurde zwar auf diversen Internet-Portalen, über die Unternehmen ihre Pressemitteilungen verbreiten, eine spektakuläre Erfolgsmeldung veröffentlicht: EGI habe das Mehrfamilienhaus „City Residenz“ in München mit 1100 Quadratmetern an einen „institutionellen Investor aus dem Mittleren Osten“ verkauft. Nach nur sechs Monaten, mit einem „hohen Ertrag“. Ein wahres Luxusobjekt soll das gewesen sein, mit extra großen Stellplätzen für Limousinen bis sechs Meter Länge und einer sportwagentauglichen Tiefgarageneinfahrt.

Einem Unternehmenskenner zufolge hat EGI diesen Bau aber nie besessen. EGI behauptet, die Meldung stamme nicht von ihr, sie müsse herausfinden, wer sie eingestellt habe und um welches Objekt es sich handle. Was bei der Suche herauskam, teilte sie auch zwei Monate nach einer Anfrage der WirtschaftsWoche nicht mit.

Volumen von 100 Millionen Euro

Dass die Gruppe Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen Euro besitzen soll, wie die erfundene EGI-Mitarbeiterin Brigitte Lorenz den Anlegern des EGI 15 berichtete, ist ebenfalls höchst verwunderlich. Denn laut einer „vorläufigen“ Liste der EGI von Anfang März verfügt die Gruppe inklusive der Objekte in Spanien nur über Projekte im Umfang von 81 Millionen Euro. Eine endgültige Aufstellung, die bis Mitte Mai avisiert wurde, lieferte EGI nicht.

Spannender als das Projektvolumen, worunter die EGI die unbelasteten Sachwerte und die erwarteten, aber keineswegs sicheren Einnahmen ihrer Objekte zusammenfasst, ist ohnehin, wie viel Geld tatsächlich in Immobilien investiert wurde.

Für drei von sieben Projekten in Deutschland beziffert die EGI die Investitionen auf 3,9 Millionen Euro. Zu den anderen Objekten nennt sie keine Zahlen. Ein Unternehmenskenner schätzt die Investitionssumme für zwei weitere Objekte auf zwölf Millionen Euro. Hinzu kommen zwei bislang unbebaute Grundstücke, darunter 48 100 Quadratmeter in München, die beim Grundbuchamt als „Schlechtfeld/Ackerland“ geführt werden. Damit dürfte sich das in deutsche Immobilien investierte Kapital auf weniger als 20 Millionen Euro belaufen – so viel hatte allein der Fonds EGI 17 bis März 2013 an Kapital eingesammelt.

Mangelt es dem Geschäftsführer an Qualifikation?

Fraglich ist, ob das reicht, um an alle Anleger nicht nur jedes Jahr die versprochenen Zinsen, sondern am Ende auch das eingesetzte Kapital plus etwaiger Gewinnbeteiligungen und Frühzeichnerboni auszuzahlen:

Komplett fertiggestellt wurde bislang nur ein einziges Bauwerk. Das Haus mit 30 Eigentumswohnungen in Karlsfeld bei München soll 11,5 Millionen Euro eingespielt haben. Nach Informationen der WirtschaftsWoche hat das Objekt rund 7,3 Millionen Euro gekostet. Demnach bliebe ein Gewinn von 4,2 Millionen Euro. Die EGI äußert sich zu den Kosten nicht.

Ein Quadratmeter kostet 7249 Euro

Das Jacobi-Palais im Münchner Stadtteil Bogenhausen ist in sechs Eigentumswohnungen unterteilt. Fünf davon sollen bislang verkauft worden sein. Insgesamt soll das Projekt, das laut einem Insider nur 4,5 Millionen gekostet hat, stolze 8,1 Millionen Euro wert sein. Das scheint sportlich kalkuliert: Laut einer Immobilienanzeige kostet dort ein Quadratmeter im ersten Stock knapp 7249 Euro.

Das macht bei einer verkaufbaren Fläche von insgesamt 776 Quadratmetern 5,6 Millionen Euro. Selbst wenn das Penthouse zu einem höheren Preis verkauft wurde, dürften sich schwer mehr als sechs Millionen Euro mit dem Objekt erzielen lassen – macht 1,5 Millionen Euro Gewinn.

Hier frisst die Miete das Gehalt auf
Die Mieten in den deutschen Großstädten werden nach einer Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auch im nächsten Jahr kräftig steigen. Die Wissenschaftler rechnen mit einem Anstieg von durchschnittlich 3,5 Prozent, Kaufpreise legen demnach sogar um 6,5 Prozent zu. „Nach mehreren Jahrzehnten stagnierender Immobilienpreise befindet sich der deutsche Immobilienmarkt seit 2010 in einer Boomphase“, teilte das Institut mit. Ursache sei vor allem Wohnungsknappheit in den Städten, in die immer Menschen zögen. Besonders schlimm ist das in... Quelle: ZB
...Hamburg. In der Hansestadt eine freie Wohnung zu finden, ist eine regelrechte Herkules-Aufgabe: In der Hansestadt gibt es nur 1,5 Prozent Leerstand. Wegen des knappen Angebotes stieg der Preis deshalb binnen fünf Jahren um 26 Prozent. Das hat die Stiftung Warentest ermittelt. Quelle: dpa
Platz 6: Dresden Quelle: dpa
Platz 9: Hannover Quelle: obs
Platz 2: Berlin Quelle: dpa
Platz 8: Bremen Quelle: dapd
Platz 7: Köln Quelle: dpa

Zusammen mit den 4,2 Millionen Gewinn aus Karlsfeld käme die Gruppe mit ihren direkten Immobilieninvestments bislang also auf einen Gesamtgewinn von 5,7 Millionen Euro – ein Erfolg, wenngleich sie die Summe noch nicht komplett auf dem Konto hat. Verglichen mit den 6,2 Millionen Euro Gewinn, den die Objektgesellschaften allein für die Anleger des EGI 12 erwirtschaftet haben sollen, erscheint ein Gesamtgewinn von 5,7 Millionen Euro für die gesamte Gruppe und damit alle EGI-Fonds aber mickrig.

Bei anderen Projekten läuft dagegen vieles nicht nach Plan:

Gescheiterte Immobilienprojekte?

So verkündet die EGI bereits im April 2012, dass die Vorbereitungen für den Bau von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften in Dachau „auf Hochtouren laufen“. Im März 2014 hieß es: „Das Immobilienprojekt in Dachau ist auf der Zielgeraden und soll im Sommer abgeschlossen werden.“ Bislang steht dort erst ein Gebäude.

Das gleiche Bild in Röhrmoos: Im April 2012 verkündet die EGI, dass dort im März die Bauarbeiten für 16 Doppelhaushälften beginnen. Gelogen hat EGI nicht. Schließlich sagte sie nicht, im März welchen Jahres. Und so lässt sich Anlegern das Projekt zwei Jahre später noch mal als „neues Immobilienvorhaben“ unterjubeln, dessen Baustart nun „im Sommer geplant“ ist.

Unter Umständen liegt es an der mangelnden Qualifikation von EGI-Geschäftsführer Erwin Beran, dass die Projekte nicht in Schwung kommen. Laut einem Insider war Beran vor seinem anspruchsvollen Job bei der EGI Hartwiegs Chauffeur. Die Frage, welche Ausbildung Beran qualifiziere, mit Anlegergeld finanzierte Millionenprojekte zu managen, beantwortet EGI nicht. Sie verweist lapidar auf dessen „langjährige Tätigkeit im Wirtschaftsbereich“.

Hartwieg hat derweil eine neue Spielwiese gefunden. Beim Unternehmen Crypsilon stand er bis vor Kurzem im Impressum. Hier sollen Anleger Rechenleistung für „High Performance Computer“ buchen. Mit denen sollen Einheiten der virtuellen Währung Bitcoin generiert werden. Laut Homepage des Unternehmens hat sich eine solche Investition „bereits nach wenigen Monaten“ amortisiert. Und mit seiner Beteiligung Krüger Sachwert GmbH hat Hartwieg auch bereits eine neue Vertriebsplattform für Finanzprodukte.

Bleibt abzuwarten, was er sich als Nächstes einfallen lässt, wenn auch dieses Business nicht funktionieren sollte.

Maltes Imperium

Bei „Nitro“ denken nicht nur Chemiker an Sprengstoff – es ist eine geläufige Kurzform für Nitroglyzerin. An was Malte Hartwieg dachte, als er eine seiner zentralen Firmen „Nitro Invest“ nannte, ist nicht überliefert. Fakt ist aber, dass der gelernte Maurer und spätere Finanzvertriebler rund um die Nitro Invest GmbH ein hochexplosives Anlagekonstrukt gebastelt hat. Vier Emissionshäuser haben 21 geschlossene Fonds und Genussrechte aufgelegt, Tausende Anleger bis zu 320 Millionen Euro in das Konglomerat gesteckt – meist vermittelt über dima24.de, ein Online-Portal, das ebenfalls Hartwieg hochgezogen hat (WirtschaftsWoche 04/2014). Nun droht alles in die Luft zu fliegen.

Für Geniesser: Promi-Koch Holger Stromberg kochte für Tünde und Malte Hartwiegs Männer-Spa (von links)

Neun geschlossene Fonds

Hartwiegs erstes eigenes Emissionshaus hat neun geschlossene Fonds aufgelegt. Sechs Emirates-Fonds von Selfmade sollten laut Prospekten in Immobilien oder Infrastrukturprojekte im arabischen Raum investieren, der India-Fonds in Infrastruktur in Indien, der Caribbean-Fonds in ein Luxus-Ferienresort in der Karibik und der Brazil-Fonds in brasilianische Wohnimmobilien. Die Beteiligungen sind fragwürdig gestrickt: Die deutschen Fondsgesellschaften zeichnen Genussrechte von Firmen in den Zielländern, konkrete Vorgaben für die Verwendung der Mittel gibt es nicht.

Was in den Emiraten, der Karibik und anderswo mit dem Geld passierte, ist unklar. Auszahlungen bekommen Anleger jedenfalls nicht mehr. Der von Hartwieg beauftragte Anwalt Werner Klumpe teilte Anlegern im April mit, dass er daran arbeite, den Verbleib des Geldes zu klären. Schuld an der Misere sei Geschäftspartner Christian K., der vor Ort verantwortlich gewesen sei.

Nach der Selfmade-Welle nahm Hartwieg Immobilien ins Programm. Über seine Holding Nitro Invest gründete er das Emissionshaus Euro Grundinvest. Dieses legte fünf geschlossene Fonds und zuletzt Genussrechte auf.

Von den fünf Fonds der Nitro-Tochter investierten drei in Öl- und Gasquellen in den USA, dazu gibt es einen Fonds für die Goldsuche in Kanada und einen Silberfonds. Die Lage ist bei der Mehrzahl der NCI-Fonds so trostlos wie bei Selfmade: Anleger bekommen keine Auszahlungen mehr, die Anwaltskanzlei versucht zu klären, was mit dem Geld passiert ist. Auch hier soll laut Anwalt Klumpe Hartwiegs Geschäftspartner Christian K. der Schuldige sein.

Mehrere Strafanzeigen

Dieses Emissionshaus der Nitro-Holding brachte bislang erst einen geschlossenen Fonds auf den Markt. Er investiert laut Eigenwerbung über eine luxemburgische Gesellschaft in Derivate. Anleger können nach drei Jahren kündigen, empfohlen wird allerdings eine Haltedauer von fünf Jahren mit einer möglichen Rendite von 173 Prozent. Wer 30 Jahre dabei bleibt, soll sagenhafte 2691 Prozent erhalten. Wo die herkommen sollen, ist ein Rätsel– zumal nach Abzug der Nebenkosten nur gut drei Viertel des Anlegergeldes investiert werden.

Während die Nitro Invest GmbH nach wie vor Hartwieg gehört, hat der 41-Jährige die Anteile an der Verkaufsplattform dima24.de Anfang des Jahres an seine Mitarbeiter Renate Wallauer und Frank Schuhmann abgegeben. Die Lage bei Nitro Invest, dima24.de, Selfmade Capital und NCI sowie den meisten ihrer Fonds ist kritisch: Hartwiegs Anwalt Klumpe warnt in einem Schreiben vom April dieses Jahres vor zahlreichen Insolvenzen, wenn Anleger Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend machen.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigt, dass ihr mehrere Strafanzeigen gegen Hartwieg und K. vorliegen. Seit Anfang des Jahres prüft die Behörde, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Hartwieg äußerte sich auf Nachfrage nicht zu den Anzeigen, K. war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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