Greenwashing Die Vorwürfe gegen die DWS führen in die Irre

Nach einer Razzia wegen des Verdachts auf Kapitalanlagebetrug bei grünen Finanzprodukten tauscht die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS ihren Chef aus. Quelle: imago images

Ständiger Streit um Greenwashing in der Geldanlage, nun mit Razzien bei der Fondsgesellschaft DWS, bringt nichts. Nachhaltigkeit ist dynamisch und lässt sich nicht in Definitionen pressen. Ein Kommentar.

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Iss mal was fürs Klima, heißt es auf dem Werbeaufsteller von Veganz: In Plastik verpackte vegane Plätzchen, Pizza, Sojaschnitzel bietet das Berliner Unternehmen in der Kaffeebar der DWS in Frankfurt. Am ersten Juni ist es dort voll, der Chef hat gerade seinen Hut genommen, weil dem Haus Greenwashing vorgeworfen wird und 50 Ermittler Deutschlands größte Fondsgesellschaft durchsucht haben

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft will Anhaltspunkte dafür gefunden haben, dass die DWS „entgegen den Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Faktoren nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt“ hat. 

Es wäre so, als würde Veganz andere Zutaten verarbeiten als auf den Produkten angegeben. Das wäre nicht fein. Doch in dieser Form trifft der Greenwashing-Vorwurf wohl gar nicht zu. Das Problem ist weniger die Umsetzung, es sind vielmehr die unklaren Vorgaben - was bei Kritik und Razzien nun ausgeblendet wird.

Denn bei nachhaltiger Geldanlage gibt es viel Spielraum. Was ESG-konform ist, ändert sich ständig. Nicht nur die Partei Die Grünen ist flexibel bei der Einstufung von Waffen oder Fracking-Gas. Die EU stuft plötzlich Atomkraft und Gaskraftwerke als nachhaltig ein. Nachhaltige Aktienindizes werden ständig umsortiert- jüngst flog etwa Tesla aus einem solchen Index heraus. Die Fondsgesellschaft der schwedischen Bank SEB hat vor Kurzem Rüstungsaktien in Fonds zugelassen, die solche Investments eigentlich ausgeschlossen hatten – es ist nicht bekannt, dass dort jetzt ermittelt wird. Um zum Veganz-Beispiel zurückzukommen: Wenn in der Inhaltsangabe eines Produkts Mehl steht, würden sowohl Weizen- als auch Roggenmehl noch passen.

Zumal Anleger das Ganze nüchterner sehen – wie der Veganz-Käufer. Nur für zehn Prozent der Menschen in Deutschland ist Nachhaltigkeit bereits ein entscheidendes Kriterium bei der Geldanlage, so eine aktuelle Studie von Union Investment. Bei Finanzanlagen dominierten nach wie vor klassische Sparziele wie der Wunsch nach Rendite und Sicherheit. Auch auf Nachhaltigkeit bedachten Anlegern ist wohl klar, dass durch ihre Geldanlage allein die Welt nicht besser oder sauberer wird. Um aber für eine saubere Welt sorgen zu können, zählt die Rendite. Fondsmanager sollten die Dynamik bei der Nachhaltigkeit daher berücksichtigen können. Strenge Regelauslegungen schaden dabei womöglich mehr als sie helfen.

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