Bei „Shopping Queen“, täglich auf Vox, schickt Modeschöpfer Guido Maria Kretschmer Kandidatinnen mit Sendergeld los zum Klamottenkauf – und kommentiert dann aus der Ferne deren Aussehen à la: „Das Kleid geht gar nicht. Das ist ein Rollbraten auf drei Etagen“. 500 Euro dürfen die Kandidatinnen verbraten.
Schon mit der doppelten Summe könnten sie bei der Frankfurter Oil & Gas Invest AG (OGI) einsteigen, für die Kretschmer kräftig trommelt. Er habe sein Geld „dem erfahrenen Management der OGI AG anvertraut. Die wissen wirklich, wie man Geld vermehrt!“, lässt Kretschmer seine Fans auf der OGI-Startseite im Internet wissen.
OGI will in den USA Öl fördern und dafür stolze 60 bis 80 Millionen Euro einsammeln, sagte eine Mitarbeiterin einem Interessenten. Die OGI selbst will die Summe nicht bestätigen und spricht als Ziel für 2015 von „circa 25 Millionen“ Euro. Schon ab 1000 Euro können Kleinsparer in einen „Erdöl-Wertbrief“ investieren – und daraus traumhafte neun Prozent und bei größeren Summen sogar zwölf Prozent Zins kassieren.
Festzins, und sicher, natürlich: Dass die OGI das Geld später nicht zurückzahlen kann, sei „so gut wie ausgeschlossen“, steht im Werbeprospekt. Und selbst in diesem Fall blieben ja noch „hohe Sicherheiten durch Wertbrief und Rückzahlungs-Garantie des Vorstands“. Das klingt nicht schlecht in Zeiten, in denen Sparkassen aufs Sparbuch noch 0,05 Prozent auszahlen – Zins kann man das ja kaum nennen.
Bei Problemen bitte hinten anstellen
Ob Anleger mit dem Tipp des TV-bekannten Modedesigners Kretschmer wirklich gut beraten sind, ist allerdings längst nicht ausgemacht. Hinter dem „Erdöl-Wertbrief“ verbirgt sich tatsächlich ein Nachrangdarlehen, mit dem sie sich bei Finanzproblemen in der Schlange der Gläubiger hinten anstellen müssten. Ganz ausgeschlossen ist die Rückzahlung, wenn diese das Unternehmen in die Insolvenz treiben würde.
Das alles steht allerdings erst im Kleingedruckten der Vertragsunterlagen. „Gerade unerfahrene Kleinanleger laufen Gefahr, derartige Klauseln von windigen Anbietern untergeschoben zu bekommen“, heißt es in einem Fachartikel der Finanzaufsicht BaFin zu solchen Nachrangdarlehen – ohne Bezug zur OGI.
Was den Ölpreis bestimmt
Der Ölbedarf hängt stark von der Konjunktur ab. Mit zunehmenden Wirtschaftswachstum steigt auch der Ölverbrauch. So ist der Bedarf nach Öl in den boomenden Schwellenländern China, Indien und Russland in den vergangenen Jahren massiv gestiegen und hat diese Länder zu den größten Ölverbrauchern der Welt gemacht. Hinzu kommen saisonale Einflüsse, etwa vor dem Winter mit steigendem Heizölbedarf oder der so genannten „Driving Season“ in den USA, weil dann der Benzinverbrauch sprunghaft steigt.
Der Ölpreis hat kaum Auswirkungen auf die Nachfrage, da der Ölverbrauch bei steigendem Ölpreis nicht einfach so eingeschränkt werden kann – man spricht von einer preisunelastischen Nachfrage.
Der Verbund der Erdöl fördernden Länder spricht sich regelmäßig bezüglich der Fördermenge ab, was natürlich Auswirkungen auf den Ölpreis hat. Sollten sich vor allem die arabischen Länder auf ein Senkung der Fördermenge einigen, verknappt dies das Angebot und treibt den Preis für Rohöl.
Erdöl ist grundsätzlich ein knappes Gut, aber es herrscht auch viel Unsicherheit darüber, wie lange die Vorkommen reichen. Hinzu kommt, dass mit steigendem Ölpreis auch der Abbau nur zu höheren Produktionskosten abbaubarer Ölvorkommen eher lohnt, z.B. die Ölgewinnung aus Ölschiefer, Ölsand oder durch Tiefsee-Bohrungen. Außerdem neigen die großen Raffinerien ebenso wie Staaten dazu, ihre Lagerhaltung auszuweiten, wenn der Ölpreis starken Schwankungen unterliegt. Stocken diese Marktteilnehmer ihre Lagerbestände massiv auf, sorgt die erhöhte Nachfrage kurzfristig für neue Preishochs.
An den Börsen wird Öl in Form von Terminkontrakten gehandelt. Die Marktteilnehmer kaufen also Öl, das erst zu einem späteren Zeitpunkt zum vereinbarten Preis geliefert wird. Vom Spotpreis wird gesprochen, wenn es sich um kurzfristige Terminkontrakte handelt, bei denen das Öl innerhalb von zwei Wochen geliefert wird. Längerfristige Terminkontrakte können auch für Spekulanten attraktiv sein.
Der US-Dollar ist die Standardwährung im Rohstoffmarkt. Eine Änderung des Dollar-Kurse hat somit Einfluss auf die Ertragslage des Erdölexporteurs. Auf Staatenebene spielt dabei eine Rolle, wie viele Güter in der Handelsbilanz stehen, die in Dollar bezahlt werden. Die erdölexportierenden Länder haben daher Interesse daran, bei einem fallenden Dollarkurs die Exportpreise für Erdöl etwa durch Angebotsverknappung anzuheben.
Dank der Konstruktion als Nachrangdarlehen unterliegt das OGI-Angebot auf dem grauen Kapitalmarkt auch keiner staatlichen Kontrolle; nicht mal ein Prospekt ist vorgeschrieben. Interessenten sollten die vollmundigen Versprechen daher mit Vorsicht genießen. Er sehe bei dem Angebot „Alarmsignale“, sagt Dietmar Kälberer, Anwalt der auf Anlagerecht spezialisierten Kanzlei Kälberer & Tittel. „Es gibt keinen Grund, etwas Unlauteres in unseren Vorhaben zu sehen“, sagt hingegen OGI-Vorstand Jürgen Wagentrotz.
Die verschwundenen Manager
Doch Schein und Sein passen bei der OGI nicht immer zusammen. So führte die OGI noch zu Jahresanfang auf der Unternehmens-Webseite in der Rubrik „Das Management Team“ auch zwei Mitarbeiter der Unternehmensberatung Roland Berger auf. Mittlerweile wurden deren Namen wieder entfernt. Die beiden externen Roland-Berger-Berater seien „nie Teil des Management-Teams von OGI“ gewesen, teilt Roland Berger auf Anfrage mit. Auch von einer „Partnerschaft“ mit OGI will Roland Berger nichts wissen.
Die OGI sieht trotzdem keine Fehler. Mit Roland Berger sei „ein hoch dotierter Beratungsvertrag geschlossen“ worden. Dass Roland Berger nun „das Bestehen einer umfangreichen Geschäftsbeziehung zu negieren“ versuche, sei der OGI bekannt. Man prüfe „rechtliche Schritte“ wegen des „geschäfts- und treuwidrigen Verhaltens von Roland Berger“.
Ölrausch aus Bierlaune?
Erklärungsbedürftig erscheint auch die OGI-Angabe zu einem anderen „Partner“: So arbeite man eng mit einem „der Weltmarktführer im Bereich Entdeckung, Messung und Erschließung von Erdöl- und Gasvorkommen“ zusammen – dem Unternehmen White Falcon Petroleum Technologies. Dessen Geologen haben für die OGI ein wichtiges Gutachten zu den Erdölvorräten in den USA erstellt.
Doch die erst 2010 gegründete White Falcon mit Sitz in Zug in der Schweiz ist offenbar ein sehr heimlicher Weltmarktführer. Das Unternehmen sei „vielen Experten im Haus nicht bekannt“, teilt der Erdöl- und Erdgasproduzent Wintershall mit. Die Firma sei „nicht bekannt“, heißt es bei der ExxonMobil Production Deutschland GmbH. Diese Unternehmen sind die größten Erdöl- und Erdgasförderer in Deutschland. Damit konfrontiert verweist die OGI darauf, dass große Förderer ihre eigenen Fach- und Forschungsabteilung unterhielten. White Falcon sei vergleichbaren Konkurrenten überlegen.
Ein weiteres Detail: Im zu Jahresanfang an Anleger verschickten Infoprospekt schreibt die OGI, aufgrund „der immer stärkeren Nachfrage“ werde der Ölpreis „weiter rapide ansteigen“. Dass der Ölpreis sich seit Mitte 2014 tatsächlich mehr als halbiert hat, ist keine Erwähnung wert. Es habe „zwischenzeitliche Tendenzen gegeben, die einen prozentualen Wiederanstieg des Ölpreises vermuten ließen“, sagt OGI dazu.
Für die Privatanleger sei der Ölpreis aber sowieso egal, da er „keinerlei Einfluss auf unsere garantierten Festzins-Auszahlungen“ habe. Das stimmt – allerdings nur, solange das Geld der OGI reicht.
Auch eine detaillierte Prognoserechnung, etwa in Abhängigkeit von Ölpreis und Förderkosten, fehlt in den bislang an Interessenten verschickten Unterlagen komplett.
Der Bierstuben-Wirt
Die OGI will mit Erdöl dick verdienen. Im „Salt Basin“ im Bundesstaat Mississippi sollen unter der Erde große Vorkommen liegen. „Wissenschaftlich bestätigte Ölreserven im Wert von ca. 10 Mrd. EUR“, verspricht die OGI. Das entsprechende Gutachten der White Falcon klingt nicht gerade wissenschaftlich nüchtern: Von einem „exorbitant großen Erdölvorkommen“ ist dort die Rede. Der Erdölvorrat von „ca. 120 Millionen Barrel“ (120 Millionen Fässer à 159 Liter) lasse sich „problemlos an die Erdoberfläche fördern“. Mit 30 bis 40 parallelen Bohrungen will die OGI eine Milliarde Euro Gewinn erwirtschaften – pro Jahr.
Gegründet wurde die OGI schon 2010, unter anderem von Sebastian Groß, Kaufmann – und Mitinhaber einer Bierstube in Berlin. Ist der Ölrausch am Ende nur einer Bierlaune entsprungen? Ein Anruf in der Bierstube „Zur Linde“ lässt diese Zweifel schwinden. Die Bierstube sei „die Spielwiese seiner Frau“, sagt Groß. Er sei Finanzanlagenvermittler und habe einen „Ingenieurshintergrund“. Intensiv habe er seit Jahren das Ölprojekt in Mississippi verfolgt, an dem sich vor der OGI schon zwei in Deutschland börsennotierte Unternehmen, Global Oil & Gas AG und Worldwide Energies Inc., versucht hätten.
Den Aktionären dieser beiden Unternehmen brachten die Ölvorkommen allerdings keinen Geldsegen, sondern nahezu einen Totalverlust. Das habe aber an Fehlern der Manager dieser Unternehmen in Deutschland gelegen, sagt Groß. Das Projekt in den USA sei extrem aussichtsreich.
Groß selbst ist heute nur noch mit einem kleinen Anteil als Aktionär an der OGI beteiligt.
Der bescheidene Millionär
Großaktionär und Vorstand der OGI ist Jürgen Wagentrotz, ein schillernder Unternehmer und Multimillionär. Er hat sein Geld vor allem mit Geschäften rund um Immobilien und Glücksspiel gemacht. Ins Ölgeschäft habe er sich seit 2010 „intensiv eingearbeitet“. Als OGI-Vorstand „wurde ich gewählt, weil ich ein weitsichtiger, erfolgreicher Kaufmann bin, der bei seinen bisherigen Geschäften stets Mut und kaufmännisches Geschick bewiesen hat“, so Wagentrotz in einer Stellungnahme.
TV-Modedesigner Kretschmer und OGI-Vorstand Wagentrotz kennen sich. Wagentrotz gehöre zum „engsten Freundeskreis“ sagte Kretschmer 2013 der Zeitschrift „Bunte“. Damals stand Wagentrotz für Kretschmer in einer Promi-Ausgabe der RTL-Quizshow „Wer wird Millionär?“ als Telefonjoker bereit – in der berühmten Folge, in der sich Fußball-TV-Experte Waldi Hartmann blamierte, als er behauptete, Deutschland habe nie eine WM im eigenen Land gewonnen. Joker Wagentrotz kam nicht zum Einsatz. Dabei hätte er die richtige Antwort gewusst, sagt er.
Kretschmer soll 10.000 Aktien halten
Nun, als OGI-Vorstand, soll Wagentrotz Kretschmer wenigstens als Aktionär zum großen Gewinn verhelfen: Kretschmer hält laut einer Liste zur letzten OGI-Hauptversammlung 10.000 der nicht börsennotierten OGI-Aktien. Zu OGI-üblichen Konditionen würde dieser Anteil über 80.000 Euro Einzahlung entsprechen.
Damit würde der Modedesigner zu einem kleinen Kreis von 146 Aktionären zählen. Kretschmer hat Fragen zur OGI und seinem Anteilsbesitz bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.
Finger weg von Finanzprodukten, wenn...
Renditen von über acht Prozent pro Jahr versprochen werden, gleichzeitig aber ein Drittel der eingeworbenen Summe für Kosten wie Werbung oder Vertrieb draufgeht
der Initiator bislang noch keine erfolgreichen Finanzprodukte aufgelegt hat
der Initiator nicht nachweisen kann, dass er die versprochenen Renditen im Kerngeschäft erwirtschaftet oder mit Vorgängerprodukten bereits erzielt hat
das Objekt, in das investiert werden soll, noch nicht feststeht oder das Anlegergeld als Kredit an andere Gesellschaften weitergereicht wird, der Anleger sich also nicht direkt an einer Immobilie oder einem Schiff beteiligt
Anleger Geld nachschießen müssen, falls das Unternehmen zum Sanierungsfall wird
Wagentrotz hielt auf der Hauptversammlung vom August 2014 gut 30 Prozent der Aktien. Er selbst soll über zehn Millionen Euro in das Unternehmen investiert haben; etwa ein Zehntel seines Nettovermögens.
Wie reich Wagentrotz ist, muss auch die Anleger der „Erdöl-Wertbriefe“ interessieren. Denn falls sie ihr Geld aus dem Nachrangdarlehen nicht direkt von der OGI bekommen, soll Wagentrotz zusätzlich persönlich für ihr Geld bürgen. Diese Garantie, den Interessenten wird sie als hochwertig aussehende Urkunde zugeschickt, ist Teil eines „Sicherheitspakets“.
OGI hat hohes Eigenkapital
Anleger sollen ihre traumhaft hohen Zinsen (ab 1000 Euro neun Prozent, ab 5000 Euro zehn und ab 10.000 Euro zwölf Prozent) quartalsweise von der OGI bekommen. Die Mindestanlagedauer beträgt zwei Jahre; auf die Einlage kommt noch ein Ausgabeaufschlag von zwei Prozent.
Meilensteine der Ölpreisentwicklung
Die ersten gewinnbringenden Erdölbohrungen finden Mitte des 19. Jahrhunderts statt. In dieser Zeit entstehen auch die ersten Raffinerien. Bis 1864 steigt der Ölpreis auf den Höchststand von 8,06 Dollar pro Barrel (159 Liter); inflationsbereinigt müssen damals im Jahresdurchschnitt 128,17 US-Dollar gezahlt werden. In den folgenden Jahrzehnten bleibt der Preis auf einem vergleichsweise niedrigen Level, fällt mitunter sogar, bedingt etwa durch den Erfolg der elektrischen Glühlampe, durch die Öl im privaten Haushalt nicht mehr zur Beleuchtung nötig ist.
Mit dem Erfolg des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts steigt die Öl-Nachfrage rasant; speziell in den USA, wo der Ford Modell T zum Massenprodukt wird. 1929 fahren insgesamt 23 Millionen Kraftfahrzeuge auf den Straßen. Der Verbrauch liegt 1929 in den Staaten bei 2,58 Millionen Fass pro Tag, 85 Prozent davon für Benzin und Heizöl. Die Preise bleiben allerdings weiter unter fünf Dollar pro Fass (nicht inflationsbereinigt), da auch mehr gefördert wird.
In den 30er Jahren kommt die Große Depression, die Unternehmenszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Deflation und einen massiven Rückgang des Handels durch protektionistische Maßnahmen zur Folge hat. Während der Weltwirtschaftskrise verringert sich die Nachfrage nach Erdöl und der Preis sinkt auf ein historisches Tief. 1931 müssen bloß noch 0,65 Dollar pro Barrel gezahlt werden (inflationsbereinigt etwa zehn US-Dollar). So billig sollte das schwarze Gold nie wieder sei.
Nachdem sich die Weltkonjunktur erholt hat, steigt der Preise für Öl wieder, bleibt aber konstant unter fünf Dollar pro Barrel. Für die Jahre zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Ölkrise im Herbst 1973 spricht man deshalb vom „goldenen Zeitalter“ des billigen Öls.
In den 70er und 80er Jahren kommt der Ölpreis in Bewegung. Als die Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) nach dem Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarn im Herbst 1973 die Fördermengen drosselt, um politischen Druck auszuüben, vervierfacht sich der Weltölpreis binnen kürzester Zeit. Zum Ende des Jahres 1974 kostet ein Barrel über elf Dollar (inflationsbereinigt fast 55 US-Dollar). Dies bekommen auch Otto-Normal-Bürger zu spüren: In Deutschland bleiben sonntags die Autobahnen leer, in den USA bilden sich Schlangen vor den Tankstellen.
Während der zweiten Ölkrise in den Jahren 1979/1980 zieht der Ölpreis nach einem kurzfristigen Rückgang weiter an. Ausgelöst wird dies im Wesentlichen durch Förderungsausfälle und Verunsicherung nach der Islamischen Revolution. Nach dem Angriff Iraks auf Iran und dem Beginn des Ersten Golfkrieg explodieren die Preise regelrecht. Auf dem Höhepunkt im April 1980 kostet ein Barrel 39,50 Dollar (inflationsbereinigt 116 Dollar).
Die 80er und 90er Jahre sind – abgesehen von dem kurzzeitigen Anstieg verursacht durch den Zweiten Golfkrieg – eine Phase niedriger Ölpreise. Die Industriestaaten befinden sich in einer Rezession und suchten aufgrund vorhergehenden Ölkrisen mit besonders hohen Preisen nach alternativen Energiequellen. Weltweit gibt es Überkapazitäten. Während der Asienkrise 1997/1998 sinkt die Nachfrage weiter. Ende des Jahres 1998 werden 10,65 Dollar pro Barrel verlangt.
Nach Überwindung der Krise wachsen die Weltwirtschaft und damit auch der Ölbedarf schnell. Selbst die Anschläge auf das World Trade Center 2001 sorgen nur für einen kurzen Rücksetzer. Anfang 2008 steigt der Ölpreis erstmals über 100 US-Dollar je Barrel, Mitte des Jahres sogar fast auf 150 Dollar. Ein Grund für den Preisanstieg wist der Boom des rohstoffhungrigen China, mittlerweile zweitgrößter Verbraucher der Welt.
Die globale Finanzkrise und eine schwächelnde Konjunktur sorgen für einen Rückgang der Nachfrage. Gleichzeitig bleibt das Angebot durch die massive Förderung in den USA (Fracking) hoch. Die Folge: Der Ölpreis bricht ein. Ab Sommer 2014 rutscht der Preis für Brentöl innerhalb weniger Monate um rund 50 Prozent auf 50 Dollar. Erst im Februar 2015 erholte sich der Ölpreis leicht und schwankt um die 60 Dollar je Barrel.
Im Mai 2015 hatten sich die Ölpreise zwischenzeitlich erholt. Die Sorte Brent erreichte mit einem Preis von 68 US-Dollar je Barrel ein Jahreshoch. Von da aus ging es bis September des Jahres wieder steil bergab auf 43 Dollar. Nach einer Stabilisierung zwischen September und November nahm der Ölpreis seine wieder Talfahrt auf. Am 15. Januar hat der Ölpreis die 30-Dollar-Marke unterschritten.
Mit einer Bestätigung des Steuerberaters über das eingezahlte Kapital in Höhe von insgesamt 26 Millionen Euro zum 31. Juli 2014 will die OGI ihre Finanzstärke belegen. Tatsächlich grenzt die OGI sich durch das hohe Eigenkapital von vielen zwielichtigen Ölbuden ab. Die gingen in den vergangenen Jahren auch in Deutschland mit mickriger Kapitalausstattung auf Anlegerfang. Ihre Geschäfte kamen über Absichtserklärungen nie hinaus.
Doch wie viel von dem eingezahlten Kapital heute noch übrig ist – und damit im Zweifel auch zur Rückzahlung der „Erdöl-Wertbriefe“ verfügbar wäre –, können Interessenten nicht erfahren. Laut Jahresabschluss 2013 standen ursprünglich eingezahlten 17,7 Millionen Euro Eigenkapital nur noch 4,2 Millionen Euro Cash und Bargeldguthaben gegenüber. Eine zweistellige Millionensumme an Eigenmitteln sei über die Jahre in Landrechte, Messungen und Probebohrungen geflossen, sagt ein von der OGI beauftragter Berater.
Der zweifelnde Anwalt
Sind die Erdölvorkommen in Mississippi wirklich so werthaltig wie von der OGI erhofft, stünde den Investitionen ja zumindest ein echter Gegenwert gegenüber. Als weitere Sicherheit für die Privatanleger sollen die „Erdöl-Wertbriefe“ deshalb von einem Treuhänder in das „OGI-Erdöl-Vorratsverzeichnis eingetragen und treuhänderisch verwaltet“ werden.
Anwalt Kälberer hält dieses Konstrukt für „völlig intransparent“. Auf die Frage nach der offiziellen, rechtlichen Bedeutung des Verzeichnisses, an anderer Stelle auch „Erdöl-Quellen-Verzeichnis“ genannt, bestätigt die OGI nur dessen Existenz.
Dass der beauftragte Treuhänder gleichzeitig OGI-Aufsichtsrat ist, könnte zu Interessenkonflikten führen. Geschlossenen Fonds zum Beispiel schreibt die Finanzaufsicht BaFin mittlerweile vor, dass eingesetzte Treuhänder im Regelfall nicht gleichzeitig Aufsichtsrat sein dürfen. Die OGI sieht in der Doppelfunktion keinen Interessenkonflikt.
Fakten zum Rohölpreis
Die Fachleute unterscheiden zwischen Reserven und Ressourcen. Reserven sind Rohstoffe, die mit heutigen Mitteln wirtschaftlich gefördert werden können, also zum Verbrauch zur Verfügung stehen. Ressourcen sind weitere Vorkommen eines Rohstoffs in der Erdkruste, die aber noch nicht zugänglich sind. Die Ölreserven betragen, je nach Quelle, ungefähr 220 bis 240 Milliarden Tonnen, davon etwa ein Fünftel aus unkonventionellen Quellen wie Schieferöl und Ölsände. Den bisherigen Verbrauch seit Beginn des Ölzeitalters beziffert die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf 175 Milliarden Tonnen.
Bei heutigem Verbrauch noch mehr als 50 Jahre. Die Nachfrage und der Verbrauch werden jedoch in den nächsten Jahrzehnten zunehmen. Öl ist mit einem Anteil von einem Drittel der wichtigste Energieträger. Damit hat es zwar relativ an Bedeutung verloren; vor 40 Jahren hat Öl noch fast die Hälfte des weltweiten Energieverbrauchs abgedeckt. Aber der Energieverbrauch steigt weltweit weiter an und damit auch der Ölverbrauch. Nach der Prognose von BP erhöht er sich bis 2035 von heute 90 auf 109 Millionen Barrel pro Tag. Andere Prognosen sind niedriger, die Internationale Energie-Agentur (IEA) rechnet mit 104 Millionen Barrel bis 2040.
Da streiten die Gelehrten. Es gibt zwei Denkschulen. Die Anhänger der Peak-Oil-Theorie gehen davon aus, dass bei konventionellem Öl bereits das Fördermaximum erreicht ist und nur mit teuren unkonventionellen Methoden wie Fracking von Ölschiefer und Förderung von Ölsänden noch Produktionssteigerungen möglich sind. „Nur Nordamerika trug in den Jahren seit 2005 überhaupt zu einer Steigerung der globalen Ölförderung bei. Ohne Berücksichtigung der USA und Kanada ist die Welt bereits seit neun Jahren auf dem Ölfördergipfel“, heißt es auf einer Internet-Seite der Peak-Oil-Fraktion. Sie sieht stark steigende Ölpreise bereits vor 2020 voraus.
Die Peak-Oil-Theorie hat eher an Zustimmung verloren; auch weil ihre Befürworter den Zeitpunkt für den Ölgipfel schon mehrfach verschieben mussten. „Die Dinge stehen nicht still in der Energieindustrie“, sagt Daniel Yergin, einer der weltweit führenden Ölexperten. Durch technische Innovation könnten immer neue Ressourcen entwickelt und zu förderbaren Reserven werden. Für jedes geförderte Fass Öl würden so 1,5 neue Fässer den Reserven hinzugefügt. Yergin erwartet, dass sich die Ölförderung gegen Mitte des Jahrhunderts auf einem Plateau befindet, ehe dann die Förderung und die Nachfrage langsam nachgeben.
Der Wissenschaftler Leonardo Maugeri hat bereits 2012 eine Ölschwemme und fallende Preise ab 2015 vorhergesagt, weil die Kapazitäten zur Ölförderung auf der Angebotsseite erheblich ausgeweitet würden. „Der Schiefergas-Ölboom in den USA ist keine Blase, sondern die wichtigste Revolution im Ölsektor seit Jahrzehnten“, schrieb er in einer Studie. Es gebe enorme Mengen von konventionellem und unkonventionellem Öl, das zum Teil noch gar nicht entdeckt sei. Ein Fördergipfel, ein Peak-Oil, sei nicht in Sicht. So ist es gekommen. Es gibt Öl im Überfluss und die Preise sind verfallen. Das Förderkartell Opec hat sich vorläufig selbst aus dem Spiel genommen und will den Ölhahn nicht mehr zudrehen. Sondern ganz marktwirtschaftlich versuchen, seine Kostenvorteile bei der Förderung auszuspielen.
Kurzfristig ist der Ölpreis einer Vielzahl von verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, von Kriegen oder Krisen über Handelsembargos und Finanzspekulation bis hin zu Naturkatastrophen und Wetterverhältnissen. Diese kurzfristigen Preisschwankungen kann niemand vorhersehen. Mittelfristig erwarten die meisten Experten eine Periode mit eher gemäßigten Preisen und gut versorgten Märkten für mehrere Jahre. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen, die bereits jetzt Rohöl für deutlich unterbewertet halten und vor einem Preisanstieg warnen, etwas bei den Bankanalysten. Die BGR vertritt einen mittleren Kurs. Erdöl, so die Behörde, sei der einzige Energierohstoff, bei dem sich eine Limitierung abzeichnet.
Kretschmers Fans sollten bei Klamotten bleiben
Noch liegt das Erdöl im fernen Mississippi ohnehin tief unter der Erde – etwa 5000 Meter Gestein trennen die OGI und ihre Anleger vom erhofften Ölgewinn. Die müssen erst mal überwunden werden. Wagentrotz’ persönliche Garantie soll die Privatanleger als Letztes absichern, falls aus dem großen Ölboom doch nichts wird.
Das Problem: Die Anleger müssen darauf vertrauen, dass bei Vorstand Wagentrotz dann genug zu holen ist und sie wirklich an ihr Geld kommen. „Die Werthaltigkeit dieser Garantie kann von außen niemand einschätzen“, sagt Anwalt Kälberer. „Wir haben am grauen Kapitalmarkt schon oft gesehen, dass angebliche Garantien oder Sicherheiten letztlich nicht viel wert waren.“ Einen belastbaren Nachweis über das Millionenvermögen des Vorstands bekommen Anleger nicht.
Die notariellen Protokolle zu den Hauptversammlungen der OGI vom Januar und August 2014 nennen bei Vorstand Wagentrotz als Ortsangabe die Karibik-Insel Saint Lucia. Diese Adresse würde es Privatanlegern sicher nicht erleichtern, Ansprüche durchzusetzen. Laut Wagentrotz ist die Karibik-Anschrift aber nur die eines Feriendomizils. Er habe einen Wohnsitz in der Schweiz; Ansprüche könnten „dort jederzeit gerichtlich durchgesetzt werden“.
Bleibt zu hoffen, dass Anleger das nie testen müssen. „Wenn jeder so demokratisch und verantwortungsvoll handeln würde, wie die OGI AG, sähe die Welt besser aus“, teilt OGI-Vorstand Wagentrotz in seiner Stellungnahme mit.
Kretschmer-Fans sollten trotzdem lieber bei Klamotten bleiben – und ihr Idol am besten auch.
Nachtrag: Die OGI AG legt Wert auf die Feststellung, dass am 21. Januar 2015, einen Tag vor Redaktionsschluss der gedruckten Fassung dieses Artikels, eine detaillierte Prognoserechnung auf der Website der OGI AG veröffentlicht worden ist. Ein Postversand der Prognoserechnung wird nach Angaben von OGI an Interessenten kurzfristig erfolgen, wenn die Übersetzung und der Druck abgeschlossen sind.