
Bei „Shopping Queen“, täglich auf Vox, schickt Modeschöpfer Guido Maria Kretschmer Kandidatinnen mit Sendergeld los zum Klamottenkauf – und kommentiert dann aus der Ferne deren Aussehen à la: „Das Kleid geht gar nicht. Das ist ein Rollbraten auf drei Etagen“. 500 Euro dürfen die Kandidatinnen verbraten.
Schon mit der doppelten Summe könnten sie bei der Frankfurter Oil & Gas Invest AG (OGI) einsteigen, für die Kretschmer kräftig trommelt. Er habe sein Geld „dem erfahrenen Management der OGI AG anvertraut. Die wissen wirklich, wie man Geld vermehrt!“, lässt Kretschmer seine Fans auf der OGI-Startseite im Internet wissen.





OGI will in den USA Öl fördern und dafür stolze 60 bis 80 Millionen Euro einsammeln, sagte eine Mitarbeiterin einem Interessenten. Die OGI selbst will die Summe nicht bestätigen und spricht als Ziel für 2015 von „circa 25 Millionen“ Euro. Schon ab 1000 Euro können Kleinsparer in einen „Erdöl-Wertbrief“ investieren – und daraus traumhafte neun Prozent und bei größeren Summen sogar zwölf Prozent Zins kassieren.
Festzins, und sicher, natürlich: Dass die OGI das Geld später nicht zurückzahlen kann, sei „so gut wie ausgeschlossen“, steht im Werbeprospekt. Und selbst in diesem Fall blieben ja noch „hohe Sicherheiten durch Wertbrief und Rückzahlungs-Garantie des Vorstands“. Das klingt nicht schlecht in Zeiten, in denen Sparkassen aufs Sparbuch noch 0,05 Prozent auszahlen – Zins kann man das ja kaum nennen.
Bei Problemen bitte hinten anstellen
Ob Anleger mit dem Tipp des TV-bekannten Modedesigners Kretschmer wirklich gut beraten sind, ist allerdings längst nicht ausgemacht. Hinter dem „Erdöl-Wertbrief“ verbirgt sich tatsächlich ein Nachrangdarlehen, mit dem sie sich bei Finanzproblemen in der Schlange der Gläubiger hinten anstellen müssten. Ganz ausgeschlossen ist die Rückzahlung, wenn diese das Unternehmen in die Insolvenz treiben würde.
Das alles steht allerdings erst im Kleingedruckten der Vertragsunterlagen. „Gerade unerfahrene Kleinanleger laufen Gefahr, derartige Klauseln von windigen Anbietern untergeschoben zu bekommen“, heißt es in einem Fachartikel der Finanzaufsicht BaFin zu solchen Nachrangdarlehen – ohne Bezug zur OGI.
Was den Ölpreis bestimmt
Der Ölbedarf hängt stark von der Konjunktur ab. Mit zunehmenden Wirtschaftswachstum steigt auch der Ölverbrauch. So ist der Bedarf nach Öl in den boomenden Schwellenländern China, Indien und Russland in den vergangenen Jahren massiv gestiegen und hat diese Länder zu den größten Ölverbrauchern der Welt gemacht. Hinzu kommen saisonale Einflüsse, etwa vor dem Winter mit steigendem Heizölbedarf oder der so genannten „Driving Season“ in den USA, weil dann der Benzinverbrauch sprunghaft steigt.
Der Ölpreis hat kaum Auswirkungen auf die Nachfrage, da der Ölverbrauch bei steigendem Ölpreis nicht einfach so eingeschränkt werden kann – man spricht von einer preisunelastischen Nachfrage.
Der Verbund der Erdöl fördernden Länder spricht sich regelmäßig bezüglich der Fördermenge ab, was natürlich Auswirkungen auf den Ölpreis hat. Sollten sich vor allem die arabischen Länder auf ein Senkung der Fördermenge einigen, verknappt dies das Angebot und treibt den Preis für Rohöl.
Erdöl ist grundsätzlich ein knappes Gut, aber es herrscht auch viel Unsicherheit darüber, wie lange die Vorkommen reichen. Hinzu kommt, dass mit steigendem Ölpreis auch der Abbau nur zu höheren Produktionskosten abbaubarer Ölvorkommen eher lohnt, z.B. die Ölgewinnung aus Ölschiefer, Ölsand oder durch Tiefsee-Bohrungen. Außerdem neigen die großen Raffinerien ebenso wie Staaten dazu, ihre Lagerhaltung auszuweiten, wenn der Ölpreis starken Schwankungen unterliegt. Stocken diese Marktteilnehmer ihre Lagerbestände massiv auf, sorgt die erhöhte Nachfrage kurzfristig für neue Preishochs.
An den Börsen wird Öl in Form von Terminkontrakten gehandelt. Die Marktteilnehmer kaufen also Öl, das erst zu einem späteren Zeitpunkt zum vereinbarten Preis geliefert wird. Vom Spotpreis wird gesprochen, wenn es sich um kurzfristige Terminkontrakte handelt, bei denen das Öl innerhalb von zwei Wochen geliefert wird. Längerfristige Terminkontrakte können auch für Spekulanten attraktiv sein.
Der US-Dollar ist die Standardwährung im Rohstoffmarkt. Eine Änderung des Dollar-Kurse hat somit Einfluss auf die Ertragslage des Erdölexporteurs. Auf Staatenebene spielt dabei eine Rolle, wie viele Güter in der Handelsbilanz stehen, die in Dollar bezahlt werden. Die erdölexportierenden Länder haben daher Interesse daran, bei einem fallenden Dollarkurs die Exportpreise für Erdöl etwa durch Angebotsverknappung anzuheben.
Dank der Konstruktion als Nachrangdarlehen unterliegt das OGI-Angebot auf dem grauen Kapitalmarkt auch keiner staatlichen Kontrolle; nicht mal ein Prospekt ist vorgeschrieben. Interessenten sollten die vollmundigen Versprechen daher mit Vorsicht genießen. Er sehe bei dem Angebot „Alarmsignale“, sagt Dietmar Kälberer, Anwalt der auf Anlagerecht spezialisierten Kanzlei Kälberer & Tittel. „Es gibt keinen Grund, etwas Unlauteres in unseren Vorhaben zu sehen“, sagt hingegen OGI-Vorstand Jürgen Wagentrotz.
Die verschwundenen Manager
Doch Schein und Sein passen bei der OGI nicht immer zusammen. So führte die OGI noch zu Jahresanfang auf der Unternehmens-Webseite in der Rubrik „Das Management Team“ auch zwei Mitarbeiter der Unternehmensberatung Roland Berger auf. Mittlerweile wurden deren Namen wieder entfernt. Die beiden externen Roland-Berger-Berater seien „nie Teil des Management-Teams von OGI“ gewesen, teilt Roland Berger auf Anfrage mit. Auch von einer „Partnerschaft“ mit OGI will Roland Berger nichts wissen.
Die OGI sieht trotzdem keine Fehler. Mit Roland Berger sei „ein hoch dotierter Beratungsvertrag geschlossen“ worden. Dass Roland Berger nun „das Bestehen einer umfangreichen Geschäftsbeziehung zu negieren“ versuche, sei der OGI bekannt. Man prüfe „rechtliche Schritte“ wegen des „geschäfts- und treuwidrigen Verhaltens von Roland Berger“.