
Spanien ist hochverschuldet. Erst am Donnerstag teilte die Zentralbank in Madrid mit, dass die Staatsverschuldung im Mai auf einen Rekordwert von 97,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen ist, das entspricht 997 Milliarden Euro. Auch die Aussichten sind düster: die spanische Regierung rechnet damit, dass die Verschuldung noch in diesem Jahr die Marke von einer Billion Euro knackt.
Gegensteuern will die Regierung offenbar mit einem neuen Projekt. Als erster EU-Staat hat der Mittelmeerstaat eine Steuer auf Bankguthaben eingeführt. Und zwar heimlich und abseits der Öffentlichkeit - aufgrund des WM-bedingten Fußballfiebers hat das kaum einer mitbekommen. Das mag auch an dem auf den ersten Blick niedrigen Steuersatz liegen. Rückwirkend zum 1. Januar 2014 werden spanische Bankguthaben mit 0,03 Prozent besteuert. Somit ist "Steuerflucht" ausgeschlossen. Anders wäre eine solche Steuer gefährlich gewesen, da sie im schlimmsten Fall in einem bank run enden könnte, bei dem Sparer ihr Geld von der Bank holen.
Spanien plant eine Steuerreform
Ein gutes Jahr vor den Parlamentswahlen plant Spaniens Regierung eine Steuerreform, die die Steuerzahler des Landes um insgesamt neun Milliarden Euro entlasten soll. Statt derzeit sieben soll es künftig nur noch fünf Steuerklassen geben, der Eingangs- und Spitzensteuersatz (derzeit 25 bis 52 Prozent) auf 19 bis 45 Prozent sinken; Familien mit Kindern und Pflegebedürftigen dürfen auf weitere Erleichterungen hoffen. Dafür soll der Spitzensteuersatz künftig schon ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 60.000 Euro gelten.
Auch den Unternehmen will die Regierung entgegenkommen. Der Körperschaftsteuersatz von derzeit 30 Prozent soll auf 28 Prozent im nächsten Jahr und auf 25 Prozent ab 2016 fallen. Gleichzeitig sollen die Unternehmen künftig weniger Möglichkeiten haben, ihre zu versteuernden Einnahmen durch Abschreibungen oder Minderung der Vermögenswerte zu senken.
Zwar betonte Wirtschaftsminister Luis de Guindos, die Reform befände sich „in Einklang mit den Empfehlungen aus Brüssel“. Dort drängt sich allerdings der Eindruck auf, das Land tanze aus der Reihe: „Die Maßnahmen erschweren die Einhaltung des Defizitabbaus, zu dem Spanien sich verpflichtet hat“, bemängelte die EU-Kommission. Die Beamten in Brüssel haben dabei nicht unbedingt etwas gegen Erleichterungen bei den direkten Steuern, drängen aber darauf, den Ausfall durch höhere Einnahmen bei indirekten Steuern zu kompensieren.
Um wie geplant das Defizit bis 2016 unter die Maastricht-Schwelle von drei Prozent zu drücken, müsste die spanische Regierung nach Schätzung der EU-Kommission ihr strukturelles Defizit im nächsten Jahr um 0,8 Prozent und 2016 um 1,2 Prozent senken. Das aber ist mit den jetzt verkündeten Steuergeschenken noch schwieriger geworden.
Von der Steuer erhofft sich die Regierung Mehreinnahmen in Höhe von rund 400 Milliarden Euro. Laut der Banco de Espana haben die Spanier Sparguthaben in Höhe von 1,4 Billion Euro auf ihren Konten. Interessanterweise soll die Steuer offenbar zunächst von den Kreditinstituten getragen werden - es gilt aber als ausgemacht, dass diese die Kosten an ihre Kunden weitergeben werden.
Bisher war eine solche Steuer lediglich von einigen Regionen Spaniens eingeführt worden, die Regierung hatte sich dagegen immer gewehrt. Nun rechtfertigt sie die neue Steuer damit, ein regionales Auseinanderbrechen des Steuersystems verhindern zu wollen. Steuerharmonisierung nennt die Regierung ihre Sparerabgabe.
Grundsätzlich beschlossen worden war eine solche Steuer schon zu Beginn des vergangenen Jahres. Damals wurde der Steuersatz allerdings zunächst auf null Prozent festgelegt. Viele fürchten jetzt, dass die Besteuerung mit 0,03 Prozent nach einer Weile merklich erhöht werden könnte, wenn die Proteste der Bevölkerung ausbleiben. Zunächst also eine Art "Testballon"?
Zunächst bleibt abzuwarten, welche tatsächlichen Folgen die Steuer für die Sparer hat. Sollte es für Bankkunden teuer werden, dürften auch deutsche Auswanderer ihr Geld schnell wieder daheim in Deutschland zur Bank bringen.