Seit der Finanzkrise hat ein Ansturm auf Immobilien eingesetzt. Die Menschen fürchten, dass ihr Geld bald weniger wert sein wird. Deshalb stecken sie es lieber in Beton und Steine. Die Flucht ins Eigenheim nimmt zum Teil absurde Formen an. Um ein Haus in begehrter Lage zu ergattern, sind Käufer bereit, extreme Preise zu zahlen. Ob das eine gute Idee ist, wird sich jedoch erst Jahre später zeigen, beim Verkauf. Die Risiken einer Immobilie – etwa Finanzierung oder Nebenkosten – werden oft außer Acht gelassen.
Bei Aktien ist es genau umgekehrt. Hier schauen die Deutschen vor allem auf die Risiken. Kursschwankungen schrecken viele ab. Schließlich hat die Aktie einen Preis, der sich täglich verändert. Dass viele Aktien nach wie vor unterbewertet sind, wird gerne übersehen. „Dass Aktienkurse schwanken, ist kein Grund, nicht zu investieren; auch die Preise von Immobilien schwanken stark - allerdings sieht man es dort nicht jeden Tag“, sagt Privatbankier Friedrich von Metzler.
Dabei lassen sich die Vorteile von Immobilien und Aktien kombinieren: Mit Immobilienaktien können Anleger vom Immobilienboom profitieren, ohne gleich ein Haus zu kaufen. Der Vorteil: Schon mit kleinem Geld kann man einsteigen, und jederzeit wieder aussteigen. Zugegeben, ein Ersatz für die eigenen vier Wände ist das nicht. Aber als Geldanlage oder als Schutz vor Inflation können börsennotierte Immobilien-AGs durchaus interessant sein.
Preisentwicklung bei Wohnimmobilien seit der Eurokrise
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1899 Euro*
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 24 Prozent
* Kriterien: Durchschnittsimmobilie, 30 Jahre alt, gepflegter Zustand
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1180 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 10 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1252 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 1 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1692 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 19 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 2237 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 21 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1718 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 15 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1243 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 0 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 2427 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 17 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 2625 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 28 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 2464 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 30 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1479 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 16 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1506 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 16 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1994 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 17 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1426 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 7 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 889 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 8 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1805 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 8 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1788 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 13 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 3692 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 33 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 1827 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 22 Prozent
Preis pro Quadratmeter im zweiten Quartal 2012: 2346 Euro
Veränderung seit dem zweiten Quartal 2009: + 15 Prozent
„Zwei Aspekte sprechen für deutsche Immobilienaktien. Erstens weisen viele von ihnen nachhaltig hohe Dividendenrenditen aus. Zweitens besteht Potenzial auf Wertsteigerung“, sagt Markus Steinbeis, Leiter Fondsmanagement der Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen.
Eine Immobilienaktie ist nichts anderes als ein Anteilsschein an einem Unternehmen, das sein Geld mit Immobilien verdient. Was viele abschreckt, ist eigentlich der große Vorteil: der Wert einer Immobilien-AG lässt sich jeden Tag am Börsenkurs ablesen; anders als bei Immobilienfonds, bei denen einmal im Jahr ein Sachverständiger vorbeikommt, um den Bestand zu bewerten.
Am deutschen Aktienmarkt ist eine Vielzahl dieser Firmen gelistet, zu den größten zählen Deutsche Wohnen, Gagfah, Deutsche Euroshop oder GSW Immobilien. Sie sind im MDax vertreten, dem Index der Deutschen Börse für die mittelgroßen Aktien. Demnächst kommt TAG Immobilien hinzu, der Aufstieg in den MDax ist bereits besiegelt.
Anleger sollten sich das Geschäftsmodell genau anschauen. Das kann sich von Fall zu Fall sehr unterscheiden: Die einen investieren in Wohnungen, andere setzen auf Büroimmobilien, wieder andere bauen Einkaufszentren; die einen leben von Mieteinnahmen, die anderen verdienen, indem sie Objekte günstig kaufen und teurer verkaufen.
In den Metropolen explodieren die Preise
Gut läuft es derzeit für Wohnimmobilienfirmen wie Deutsche Wohnen, TAG oder GSW. Die Firmen haben für Milliarden neue Wohnungen gekauft – und wurden dafür von den Anlegern belohnt. Die Aktien sind in diesem Jahr deutlich gestiegen, teilweise um 30, 40 Prozent. Dabei profitieren sie auch von der Entwicklung auf dem heimischen Markt für Wohnimmobilien. „Diese defensiven Geschäftsmodelle erfreuen sich hoher Beliebtheit. Speziell in Ballungszentren – wie zum Beispiel Berlin – ist weiteres Potenzial bei der Mietentwicklung vorhanden“, sagt Steinbeis.
Daran wird sich nach Ansicht von Experten so schnell nichts ändern. Der Boom setze sich weiter fort, erklärt Michael Kiefer, Leiter der Immobilienbewertung bei Immobilienscout24. „Dafür sorgen billiges Baugeld und die Furcht vor einer drohenden Inflation. Und diese wird weiter zunehmen: Denn mit der neuen Strategie der EZB, wenn nötig, Staatsanleihen kriselnder Euro-Mitglieder in unbegrenztem Ausmaß aufzukaufen, wird eine Geldentwertung ein immer realistischeres Szenario.“
10 Tipps für Börseneinsteiger
Bevor ein potentieller Anleger zum ersten Mal Aktien kauft, sollte er sich Gedanken darüber machen, welches Ziel er mit der Geldanlage verfolgt und für welchen Anlegertyp er sich hält. Wenn mit den Aktien später die Altersvorsorge aufgestockt oder das Studium der Kinder finanziert werden soll, muss an der Börse eine andere Taktik angewendet werden, als wenn es um kurzfristige Gewinne geht. Die grundlegende Frage ist: Sind Sie auf den Betrag angewiesen und investieren deshalb lieber mit möglichst geringem Risiko oder können Sie eventuelle Verluste verschmerzen und renditestärkere aber auch riskantere Papiere kaufen?
Wer die Frage nach der eigenen Risikoneigung mit "no risk, no fun!" beantwortet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er zwar sehr viel gewinnen, aber auch sehr viel verlieren kann. Für den Anfang schadet es nicht, auf eine langfristige Strategie zu setzen und die Entwicklungen an den Märkten zu beobachten. Kleine Zockereien für den Nervenkitzel sind dann im Verlustfall besser zu verschmerzen. Nach dem Geckoschen Leitsatz "Greed is good" sollten Börsenneulinge nicht handeln.
Was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, dürfte jedem klar sein. Wer sein Depot auch mit Anleihen und Zertifikaten füllen möchte, sollte nur in Produkte investieren, die er auch versteht. Wer nur auf die Renditeversprechen hört und Produkte kauft, deren Vor- und Nachteile, beziehungsweise Funktionsweisen er nicht begreift, fällt über kurz oder lang auf die Nase.
Bevor Sie ein Depot eröffnen, vergleichen Sie die Gebühren der Banken. Je höher die Gebühren sind, desto geringer fällt die Rendite nachher aus. Direktbanken haben im Regelfall günstige Konditionen und bieten kostenlose Depots an.
Anleger sollten ihr Geld - und damit auch ihr Risiko - zumindest am Anfang möglichst breit streuen. Verteilen Sie Ihr Geld auf verschiedene Märkte wie Rohstoffe und Energie, sowie auf Aktien, Fonds und Anleihen.
Wer seinem Portfolio Fonds oder Zertifikaten beimischt, sollte auch innerhalb dieser Anlageklassen auf eine gute Mischung achten. Fondsanbieter und deren Produkte lassen sich online schnell vergleichen. Wer nicht nur in ein oder zwei Gesellschaften investiert, ist auf der sicheren Seite.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich Zeit nehmen für Ihre Geldanlage und Ihr Depot regelmäßig überprüfen: Welche Anlageinstrumente haben sich wie entwickelt? Ist es Zeit, das Depot umzuschichten, oder läuft alles in meinem Sinne?
Bei der Überprüfung des Depots sollte man sich immer mal wieder fragen: Würde ich diese Aktie oder diesen Fonds heute noch kaufen? Lautet die Antwort ja, behalten Sie das Produkt. Sind Sie von der Qualität nicht mehr überzeugt, wird es Zeit zum Verkauf.
Entwickelt sich eine Aktie oder ein sonstiges Produkt nicht so, wie geplant, sollten Sie nicht zögern, es zu verkaufen. Sogenannte Stopp-Loss-Orders, also Untergrenzen, bei denen verkauft werden soll, können hilfreich sein. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn man den Kurs nicht permanent selbst im Auge behalten kann oder will.
Grundsätzlich gilt: Verlieren Sie nicht die Nerven. An der Börse gibt es Kursschwankungen, Aktienkurse können unerwartet einbrechen. Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf zu verlieren. Panische und unüberlegte Deals kosten meist mehr Geld als die Abwärtstrends.
In Metropolen wie München, Hamburg und Frankfurt ist die Nachfrage groß, das Angebot knapp. Selbst der Berliner Wohnungsmarkt, der lange brach lag, kommt in die Gänge. In der Hauptstadt werden pro Jahr 10.000 neue Wohnungen gebraucht, gebaut werden nur 3000. Das andere Extrem erleben Immobilienbesitzer auf dem Land. In dünn besiedelten, strukturschwachen Gegenden sinken die Preise.
Die Gelehrten streiten, ob Immobilienaktien mehr von der Großwetterlage am Aktienmarkt oder von der Entwicklung der Immobilienpreise abhängen. Die Frage ist besonders für große Investoren wie etwa Pensionskassen von Bedeutung. Bei der Aufteilung ihres Portfolios müssen sie entscheiden, wohin die Papiere gehören: zum Immobilienvermögen oder zum Aktienbestand.
Aktuelle Studien im Auftrag der European Public Real Estate Association (EPRA) kommen zu dem Schluss: Die Entwicklung von Immobilienaktien orientiert sich stärker am Immobilienmarkt. Immobilienaktien sollten als Teil der Immobilien- und nicht ihrer Aktienquote geführt werden, sagt Fraser Hughes, Direktor Research der EPRA.
Das sieht Vermögensverwalter Steinbeis ähnlich: „Langfristig hängt die Entwicklung vom Immobilienmarkt ab, das ist das zugrundeliegende Asset.“ Diese langfristige Entwicklung werde jedoch durch kurz- und mittelfristige Schwankungen begleitet.
Anleger müssen sich im Klaren sein: Börsenkurse können stark schwanken, heftige Abstürze inbegriffen. Als die Wirtschaft während der Finanzkrise 2008 in die Rezession abrutschte, wurden Immobilienaktien besonders heftig abgestraft. Investoren nahmen einen Rückgang der Immobilienpreise vorweg, obendrein standen mehrere Unternehmen vor der Pleite, weil Banken kaum noch Kredite bereitstellten. Das Geschäft mit Immobilien erfordert viel Kapital. Die Branche ist davon abhängig, dass sie günstig an Geld kommt.
Immobilienaktien unter Wert
Inzwischen stehen die meisten Unternehmen aber wieder auf stabilem Fundament; zumindest diejenigen, die es geschafft haben, ihre Schuldenquote zu reduzieren. In Deutschland gebe es eine kleine Gruppe gut geführter und aktionärsfreundlicher Immobiliengesellschaften mit angemessenen Bilanzkennziffern, schreibt Bernd Stahli von Merrill Lynch in einer Branchenstudie. Derzeit zählten zu dieser Gruppe Deutsche Euroshop, Deutsche Wohnen sowie GSW Immobilien.
Um zu entscheiden, ob eine Immobilienaktie günstig oder teuer ist, gibt es eine einfache Methode: Man vergleicht den Börsenwert mit dem sogenannten Nettoinventarwert (engl. Net Asset Value, NAV). Der NAV gibt den Wert aller Vermögensgegenstände eines Unternehmens an, bei einer Immobilienfirma entspricht er dem Wert der Immobilien nach Abzug der Schulden. Wenn der Börsenwert unter dem NAV liegt, kann das bedeuten, dass die Aktie unterbewertet ist – vorausgesetzt es stehen keine großen Abschreibungen an.
In den vergangenen Jahren waren fast alle Immobilienaktien so billig, dass der Börsenwert weit unter dem Immobilienwert lag. Das ist nach den Kursteigerungen in diesem Jahr nicht mehr durchweg der Fall. Der Immobiliensektor sei zwar bereits angemessen bewertet, einige Werte blieben aber attraktiv für Anleger, schreibt Bart Gysens, Analyst von Morgan Stanley, in einer Branchenstudie.
Deutsche Wohnen wird am Markt knapp zwölf Prozent über dem NAV bewertet, bei GSW Immobilien sind es sieben Prozent, bei Deutsche Euroshop rund 18 Prozent. Der Börsenwert von TAG Immobilien liegt dagegen zehn Prozent unter Nettoinventarwert. Noch deutlich größer fällt der Abschlag bei DIC Asset und IVG Immobilien aus. Die beiden Spezialisten für Gewerbeimmobilien werden 50, 60 Prozent unter Wert gehandelt. Grund für die Skepsis der Investoren: Der Markt für Büroimmobilien hängt stark von der Konjunktur ab, die wiederum durch die Euro-Krise belastet wird.
Ob der hohe Abschlag gerechtfertigt ist, ist unter Experten umstritten. Trotz des hohen Verschuldungsgrads sei DIC Asset einer der am stärksten unterbewerteten Branchenwerte in Europa, meint Analyst Thomas Martin von HSBC Trinkaus. Weniger gut bei Analysten kommt IVG Immobilien weg: Die IVG habe bisher drei Jahre an der Restrukturierung ihres Geschäfts gearbeitet, aber bislang habe dies dem Anschein nach kaum Auswirkungen auf ihre Ergebnisse, schreibt Stahli von Merrill Lynch.
Auf der anderen Seite könnte sich gerade eine Wette auf den Turnaround der Aktie auszahlen. Jemand, der nur auf Sicherheit aus ist, sollte daran am besten gar nicht erst denken.