Immobilien Vergessen Sie das Häuschen, kaufen Sie Aktien!

Immobilien sind sicher. Aktien sind riskant. Das meinen viele Deutsche. Ein Denkfehler. Statt überteuerte Preise für Häuser zu zahlen, sollten Anleger nach Immobilienaktien schauen. Wir zeigen, worauf Sie achten sollten.

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Seit der Finanzkrise hat ein Ansturm auf Immobilien eingesetzt. Die Menschen fürchten, dass ihr Geld bald weniger wert sein wird. Deshalb stecken sie es lieber in Beton und Steine. Die Flucht ins Eigenheim nimmt zum Teil absurde Formen an. Um ein Haus in begehrter Lage zu ergattern, sind Käufer bereit, extreme Preise zu zahlen. Ob das eine gute Idee ist, wird sich jedoch erst Jahre später zeigen, beim Verkauf. Die Risiken einer Immobilie – etwa Finanzierung oder Nebenkosten – werden oft außer Acht gelassen.

Bei Aktien ist es genau umgekehrt. Hier schauen die Deutschen vor allem auf die Risiken. Kursschwankungen schrecken viele ab. Schließlich hat die Aktie einen Preis, der sich täglich verändert. Dass viele Aktien nach wie vor unterbewertet sind, wird gerne übersehen. „Dass Aktienkurse schwanken, ist kein Grund, nicht zu investieren; auch die Preise von Immobilien schwanken stark - allerdings sieht man es dort nicht jeden Tag“, sagt Privatbankier Friedrich von Metzler.

Dabei lassen sich die Vorteile von Immobilien und Aktien kombinieren: Mit Immobilienaktien können Anleger vom Immobilienboom profitieren, ohne gleich ein Haus zu kaufen. Der Vorteil: Schon mit kleinem Geld kann man einsteigen, und jederzeit wieder aussteigen. Zugegeben, ein Ersatz für die eigenen vier Wände ist das nicht. Aber als Geldanlage oder als Schutz vor Inflation können börsennotierte Immobilien-AGs durchaus interessant sein.

Preisentwicklung bei Wohnimmobilien seit der Eurokrise

„Zwei Aspekte sprechen für deutsche Immobilienaktien. Erstens weisen viele von ihnen nachhaltig hohe Dividendenrenditen aus. Zweitens besteht Potenzial auf Wertsteigerung“, sagt Markus Steinbeis, Leiter Fondsmanagement der Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen.

Eine Immobilienaktie ist nichts anderes als ein Anteilsschein an einem Unternehmen, das sein Geld mit Immobilien verdient. Was viele abschreckt, ist eigentlich der große Vorteil: der Wert einer Immobilien-AG lässt sich jeden Tag am Börsenkurs ablesen; anders als bei Immobilienfonds, bei denen einmal im Jahr ein Sachverständiger vorbeikommt, um den Bestand zu bewerten.

Am deutschen Aktienmarkt ist eine Vielzahl dieser Firmen gelistet, zu den größten zählen Deutsche Wohnen, Gagfah, Deutsche Euroshop oder GSW Immobilien. Sie sind im MDax vertreten, dem Index der Deutschen Börse für die mittelgroßen Aktien. Demnächst kommt TAG Immobilien hinzu, der Aufstieg in den MDax ist bereits besiegelt.

Anleger sollten sich das Geschäftsmodell genau anschauen. Das kann sich von Fall zu Fall sehr unterscheiden: Die einen investieren in Wohnungen, andere setzen auf Büroimmobilien, wieder andere bauen Einkaufszentren; die einen leben von Mieteinnahmen, die anderen verdienen, indem sie Objekte günstig kaufen und teurer verkaufen.

In den Metropolen explodieren die Preise

Wo das Häuschen am teuersten ist
Platz 20: NürnbergWer sich im idyllischen Nürnberg niederlassen und ein Einfamilienhaus erwerben will, muss schon tiefer in die Tasche greifen. Der Quadratmeterpreis lag 2012 bei 2844 €. 2007 waren die Käufer mit 2755 € noch ein ganzes Stück günstiger dabei – im nationalen Vergleich lag die mittelfränkische Stadt damals jedoch noch auf Platz 9. Quelle: empirica Kauf- und Mietpreis Ranking für das zweite Quartal 2012 Quelle: dpa
Platz 19: FürthIn Fürth tat nicht nur die Fußballmannschaft einen großen Sprung in die 1. Bundesliga. Auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sind gehörig angestiegen. Zahlte man 2007 noch 2541€ für den Quadratmeter (Platz 20), sind es in diesem Jahr schon 2931. Quelle: dpa
Platz 18: HamburgNicht jeder wird sich in der Hansestadt mit einem Hausboot zufrieden geben – mag es auch noch so pittoresk erscheinen. Wer ein „richtiges“ Eigenheim erwerben will, zahlt 2012 2938 € für den Quadratmeter. Auch hier wäre es 2007 mit 2501 € (Platz 23) günstiger gewesen. Quelle: dpa
Platz 17: SchwabachUnd noch ein Städtchen aus Mittelfranken, dass es in die Top 20 geschafft hat. Für ein Eigentumswohnhaus zahlte der Käufer 2012 im Schnitt 3005 € pro Quadratmeter. Im nationalen Schnitt lag die Stadt 2007 sogar noch weiter vorn – da brachte der Kaufpreis von 2622 € noch den 16. Platz ein. Im letzten Jahr war es dann allerdings nur Platz 30 (2582€). Quelle: PR
Platz 16: AugsburgDie Fuggerei in Augsburg zählt zu den ältesten Sozialsiedlungen der Welt. Zu einem unschlagbaren Preis von 88 Cent Kaltmiete im Jahr können hier Bedürftige unterkommen. Wer sich in Augsburg hingegen ein eigenes Heim leisten will, muss dafür schon deutlich mehr Geld einplanen: Im Durchschnitt kostet ein Quadratmeter dort 3065 €. Quelle: dpa
Platz 15: Baden-BadenIn dem bekannten Kurort steigen die Preise für Einfamilienhäuser stetig. 2007 zahlten Käufer noch 2318 € pro Quadratmeter, im vergangenen Jahr waren es schon 2793 €. In diesem Jahr überschreitet der Quadratmeterpreis erstmals 3000 €. Mit 3073 € kommt Baden-Baden auf Platz 15 im Ranking. Quelle: dpa
Platz 14: ErlangenAuch in der kleinsten bayrischen Großstadt steigen die Kosten für ein Eigenheim. Trotzdem verliert Erlangen im Ranking an Boden. Schaffte es die Stadt 2007 mit Platz 10 noch knapp in die Top Ten, kommt sie mit 3129 € pro Quadratmeter in diesem Jahr nur auf den 14. Platz. Quelle: dpa

Gut läuft es derzeit für Wohnimmobilienfirmen wie Deutsche Wohnen, TAG oder GSW. Die Firmen haben für Milliarden neue Wohnungen gekauft – und wurden dafür von den Anlegern belohnt. Die Aktien sind in diesem Jahr deutlich gestiegen, teilweise um 30, 40 Prozent. Dabei profitieren sie auch von der Entwicklung auf dem heimischen Markt für Wohnimmobilien. „Diese defensiven Geschäftsmodelle erfreuen sich hoher Beliebtheit. Speziell in Ballungszentren – wie zum Beispiel Berlin – ist weiteres Potenzial bei der Mietentwicklung vorhanden“, sagt Steinbeis.

Daran wird sich nach Ansicht von Experten so schnell nichts ändern. Der Boom setze sich weiter fort, erklärt Michael Kiefer, Leiter der Immobilienbewertung bei Immobilienscout24. „Dafür sorgen billiges Baugeld und die Furcht vor einer drohenden Inflation. Und diese wird weiter zunehmen: Denn mit der neuen Strategie der EZB, wenn nötig, Staatsanleihen kriselnder Euro-Mitglieder in unbegrenztem Ausmaß aufzukaufen, wird eine Geldentwertung ein immer realistischeres Szenario.“

10 Tipps für Börseneinsteiger

In Metropolen wie München, Hamburg und Frankfurt ist die Nachfrage groß, das Angebot knapp. Selbst der Berliner Wohnungsmarkt, der lange brach lag, kommt in die Gänge. In der Hauptstadt werden pro Jahr 10.000 neue Wohnungen gebraucht, gebaut werden nur 3000. Das andere Extrem erleben Immobilienbesitzer auf dem Land. In dünn besiedelten, strukturschwachen Gegenden sinken die Preise.

Die Gelehrten streiten, ob Immobilienaktien mehr von der Großwetterlage am Aktienmarkt oder von der Entwicklung der Immobilienpreise abhängen. Die Frage ist besonders für große Investoren wie etwa Pensionskassen von Bedeutung. Bei der Aufteilung ihres Portfolios müssen sie entscheiden, wohin die Papiere gehören: zum Immobilienvermögen oder zum Aktienbestand.

Aktuelle Studien im Auftrag der European Public Real Estate Association (EPRA) kommen zu dem Schluss: Die Entwicklung von Immobilienaktien orientiert sich stärker am Immobilienmarkt. Immobilienaktien sollten als Teil der Immobilien- und nicht ihrer Aktienquote  geführt werden, sagt Fraser Hughes, Direktor Research der EPRA.

Das sieht Vermögensverwalter Steinbeis ähnlich: „Langfristig hängt die Entwicklung vom Immobilienmarkt ab, das ist das zugrundeliegende Asset.“ Diese langfristige Entwicklung werde jedoch durch kurz- und mittelfristige Schwankungen begleitet.

Anleger müssen sich im Klaren sein: Börsenkurse können stark schwanken, heftige Abstürze inbegriffen. Als die Wirtschaft während der Finanzkrise 2008 in die Rezession abrutschte, wurden Immobilienaktien besonders heftig abgestraft. Investoren nahmen einen Rückgang der Immobilienpreise vorweg, obendrein standen mehrere Unternehmen vor der Pleite, weil Banken kaum noch Kredite bereitstellten. Das Geschäft mit Immobilien erfordert viel Kapital. Die Branche ist davon abhängig, dass sie günstig an Geld kommt.

Immobilienaktien unter Wert

Wo Eigentumswohnungen am meisten kosten
Der Aufschwung beim Wohnungsneubau in Deutschland wird einer Studie zufolge mindestens noch die nächsten drei Jahre anhalten. Bis 2016 würden jedes Jahr durchschnittlich knapp sieben Prozent mehr Wohnungen fertiggestellt, heißt es in einer Studie des Münchener Ifo-Instituts im Auftrag der Bausparkasse Wüstenrot, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Im Jahre 2016 sei in Deutschland mit rund 246.000 fertiggestellten Wohnungen in neuen Wohngebäuden zu rechnen, kalkulieren die Bauexperten des Wirtschaftsforschungsinstituts. Die Kredite sind günstig, für das Geld auf dem Sparbuch gibt es kaum noch Zinsen. Viele Deutsche überlegen daher, sich eine Immobilie, häufig eine Eigentumswohnung, zuzulegen. Die Preise dafür sind aber kräftig gestiegen. Wo am meisten für Eigentumswohnungen bezahlt wird. Quelle: dpa
Platz 20: MünsterIn Münster sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den letzten Jahren nur leicht gestiegen. Im Jahr 2007 lag der Preis pro Quadratmeter bei 2.374 Euro, 2012 waren es 2.664 Euro. Dies entspricht einem Anstieg von 2,35 Prozent pro Jahr. Im nationalen Preisranking ist die westfälische Stadt damit nach unten gerutscht. 2007 war sie noch auf Platz 12 der teuersten Städte - heute schafft sie es gerade noch auf Platz 20. Quelle: dpa
Grundig-Villa in Baden- Baden Quelle: AP
Platz 18: RosenheimDie Preise steigen, vor allem in den Großstädten. Doch auch Käufer von Wohnimmobilien in Kleinstädten mussten in den vergangenen Jahren immer tiefer in die Tasche greifen. In der kleinen oberbayrischen Stadt Rosenheim stiegen die Preise von 2.448 Euro im Jahr 2007 auf 2.710 Euro im Jahr 2012. Dies entspricht einem jährlichen Anstieg von 2,05% in den letzten fünf Jahren. Quelle: Pressebild
Die lebensgrosse Figur des Literaturnobelpreistraegers Thomas Mann steht am 24. Jan. 2005 vor dem Buddenbrookhaus in Luebeck Quelle: AP
Illuminated boats are reflected in the river Spree after sunset in Berlin Quelle: dapd
Besucher nutzen am 03.06.2010 die Sonnenstrahlen für einen Spaziergang im Park Sanssouci in Potsdam. Quelle: dpa

Inzwischen stehen die meisten Unternehmen aber wieder auf stabilem Fundament; zumindest diejenigen, die es geschafft haben, ihre Schuldenquote zu reduzieren. In Deutschland gebe es eine kleine Gruppe gut geführter und aktionärsfreundlicher Immobiliengesellschaften mit angemessenen Bilanzkennziffern, schreibt Bernd Stahli von Merrill Lynch in einer Branchenstudie. Derzeit zählten zu dieser Gruppe Deutsche Euroshop, Deutsche Wohnen sowie GSW Immobilien.

Um zu entscheiden, ob eine Immobilienaktie günstig oder teuer ist, gibt es eine einfache Methode: Man vergleicht den Börsenwert mit dem sogenannten Nettoinventarwert (engl. Net Asset Value, NAV). Der NAV gibt den Wert aller Vermögensgegenstände eines Unternehmens an, bei einer Immobilienfirma entspricht er dem Wert der Immobilien nach Abzug der Schulden. Wenn der Börsenwert unter dem NAV liegt, kann das bedeuten, dass die Aktie unterbewertet ist – vorausgesetzt es stehen keine großen Abschreibungen an.

In den vergangenen Jahren waren fast alle Immobilienaktien so billig, dass der Börsenwert weit unter dem Immobilienwert lag. Das ist nach den Kursteigerungen in diesem Jahr nicht mehr durchweg der Fall. Der Immobiliensektor sei zwar bereits angemessen bewertet, einige Werte blieben aber attraktiv für Anleger, schreibt Bart Gysens, Analyst von Morgan Stanley, in einer Branchenstudie.

Deutsche Wohnen wird am Markt knapp zwölf Prozent über dem NAV bewertet, bei GSW Immobilien sind es sieben Prozent, bei Deutsche Euroshop rund 18 Prozent. Der Börsenwert von TAG Immobilien liegt dagegen zehn Prozent unter Nettoinventarwert. Noch deutlich größer fällt der Abschlag bei DIC Asset und IVG Immobilien aus. Die beiden Spezialisten für Gewerbeimmobilien werden 50, 60 Prozent unter Wert gehandelt. Grund für die Skepsis der Investoren: Der Markt für Büroimmobilien hängt stark von der Konjunktur ab, die wiederum durch die Euro-Krise belastet wird.

Ob der hohe Abschlag gerechtfertigt ist, ist unter Experten umstritten. Trotz des hohen Verschuldungsgrads sei DIC Asset einer der am stärksten unterbewerteten Branchenwerte in Europa, meint Analyst Thomas Martin von HSBC Trinkaus. Weniger gut bei Analysten kommt IVG Immobilien weg: Die IVG habe bisher drei Jahre an der Restrukturierung ihres Geschäfts gearbeitet, aber bislang habe dies dem Anschein nach kaum Auswirkungen auf ihre Ergebnisse, schreibt Stahli von Merrill Lynch.

Auf der anderen Seite könnte sich gerade eine Wette auf den Turnaround der Aktie auszahlen. Jemand, der nur auf Sicherheit aus ist, sollte daran am besten gar nicht erst denken.

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