Impfstoff gegen das Coronavirus Curevac: Wie steht es um Deutschlands begehrtestes Unternehmen?

Ein Curevac-Mitarbeiter betrachtet Bakterien-Kolonien. Aus den Bakterien wird die sogenannte mRNA gewonnen, die das Biotech-Unternehmen wiederum dazu nutzt, Impfstoffe herzustellen. Quelle: dpa

Es sind turbulente Zeiten bei dem Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac, das an einem Impfstoff gegen das Coronavirus arbeitet: Am Dienstag vergangener Woche muss der Chef gehen, dann will US-Präsident Trump angeblich das Unternehmen kaufen, die EU-Kommission gibt 80 Millionen Euro, schließlich wird der neue Chef krank. Da stellen sich viele Fragen. Die Top-Manager von Curevac gaben nun bei einem telefonischen Pressetermin einige Antworten.

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Wie war das jetzt mit Trump? Wollten die USA Curevac übernehmen, um an den Impfstoff zu kommen?
Nein, sagt Franz-Werner Haas, der derzeit amtierende Chef von Curevac. Es habe kein Übernahmeangebot gegeben – weder für das gesamte Unternehmen noch für die Technologie. Und den USA sei es auch nicht darum gegangen, den Impfstoff exklusiv zu erhalten. Erstaunlich, denn einige deutsche Spitzenpolitiker wie Bundesinnenminister Seehofer hatten genau solche Spekulationen befeuert. Auf Nachfrage sagt Haas dann noch einmal, dass Curevac kein Angebot vorgelegen habe. Was sonst wo passiert sei, wisse er nicht.

Wann kommt jetzt der Impfstoff?
Die Studien starten im Frühsommer – und danach hängt alles davon ab, wie gut die Daten ausfallen. Mehrheitseigentümer Dietmar Hopp erklärte dazu vor wenigen Tagen, dass erstmal Tests an Tieren und Menschen gemacht werden müssen: „Ich denke aber, bis zum Herbst müsste das verfügbar sein und dann käme möglicherweise die nächste Welle erneuter Infektionen.“ Neben Curevac arbeiten auch andere Unternehmen wie etwa Moderna aus den USA an einem Impfstoff. Nicht auszuschließen ist, dass mehrere Präparate nahezu zeitgleich auf den Markt kommen. Es sei doch gut, wenn man mehrere Waffen hat, sagt Curevac-Aufsichtsrat Friedrich von Bohlen. Aber natürlich wollen sie bei Curevac zu den Besten gehören.

Anfang dieser Woche erhielt Curevac 80 Millionen Euro von der EU-Kommission. Wofür wird das Geld verwendet?
Zur Steigerung der Kapazitäten. Auf der bereits bestehenden Curevac-Anlage in Tübingen könnten laut Unternehmen unter günstigen Voraussetzungen (sofern die einzelne Impfdosis, die benötigt wird, im Bereich von einem Mikrogramm liegt) rund 400 Millionen Impfdosen pro Jahr produziert werden. Das Geld der EU-Kommission wird nun vor allem für den Bau einer neuen Produktionsanlage verwendet. Dort könnten, unter der genannten Voraussetzung, sogar vier Milliarden Impfdosen pro Jahr hergestellt werden.

Warum musste in der vergangenen Woche der frühere Chef Dan Menichella gehen – kurz nach einem Besuch bei Trump?
Am 2. März hatte Trump zehn Pharmamanager ins Weiße Haus eingeladen. Von allen wollte er wissen, wie weit sie mit der Erforschung und Produktion von Impfstoffen gegen das Coronavirus seien. Als einziger Vertreter eines deutschen Unternehmens saß Menichella mit am Tisch – und Trump schien von dessen Äußerungen angetan zu sein. Wenige Tage später musste Menichella dann seinen Posten räumen. Mit dem Treffen bei Trump habe das nichts zu tun gehabt, versichert Curevac. Aufsichtsrat Friedrich von Bohlen, der die Interessen von Mehrheitseigentümer Dietmar Hopp vertritt, erklärte, dass nun bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes vor allem das spezifische Know-how von Ingmar Hoerr gefragt sei. Er soll Menchilla an der Vorstandsspitze ablösen.

Konkret geht es dabei um die RNA-Technologie, die den Körper in die Lage versetzt, seinen Impfstoff selbst zu produzieren. Noch ist allerdings kein RNA-Medikament oder -Impfstoff auf dem Markt. Hoerr kennt sich damit seit gut zwanzig Jahren aus, im Jahr 2000 hat er seine Dissertation dazu veröffentlicht.

Nun ist Hoerr allerdings kurzfristig erkrankt und nicht einsatzfähig. Was hat es damit auf sich?
Nein, Hoerr ist nicht am Coronavirus erkrankt. Ansonsten sprach Aufsichtsrat von Bohlen nur allgemein von einer unerwarteten „medizinischen Situation“. Es habe auch nichts mit Trump oder dem Treffen im Weißen Haus zu tun habe. Wann Hoerr zurückkehrt, ist ungewiss. Die Geschäfte führt nun erstmal sein bisheriger Stellvertreter Franz Werner Haas.

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