
Mit weiten Schritten stapft Gabriel Ramirez durch die Mandelplantagen in Kern, Kalifornien, wischt sich mit seinem karierten Tuch alle paar Sekunden den Schweiß vom Nacken.
Trotz der sengenden Sonne und 36 Grad redet der Bewässerungsingenieur wie ein Wasserfall. „Siehst du die schwarzen Bäume auf dem Hang? Alle tot. Mussten wir verdursten lassen.“ Mandeln sind extrem durstig, jede braucht gut drei Liter Wasser bis zur Reife. Von 2011 bis 2015 herrschte hier Dürre. Ramirez’ Arbeitgeber, Paramount Farming, hat deshalb – trotz rekordhoher Weltmarktpreise – 4.000 Hektar Mandelbäume gerodet.
Damit sich die Aktion nicht wiederholt, setzt Ramirez auf neueste Technik: Auf drei Hektar Versuchsfeld hat er jeden Baum mit Sensor und Funkchip ausgestattet. Der Sensor merkt, wenn ein Baum Wasser braucht, ein Funkchip überträgt diese Information in die Datenwolke, Cloud. Ein Programm wertet laufend die Daten von zig Obstbaum-Alleen aus und startet einen Prozess, an dessen Ende alle Bäume genau so viel Wasser bekommen, wie sie gerade brauchen.
Das ist erst der Anfang. Bald sollen Obstbäume melden, wenn ihre Früchte reif sind; in der Fabrik weiß dann ein Programm Tage vorher, wann sie zum Waschen und Verpacken kommen. Es bestellt Material und liefert Kunden einen Preisvorschlag nebst Lieferfristen. „Rechenkapazität und Sensoren werden derzeit so rasant billiger, dass es bald lukrativer sein wird, sogar einzelne Früchte damit zu bekleben, als sie verderben zu lassen“, sagt Pascal Finette, Professor an Googles Singularity University.
Ein neuer Billionen-Dollar-Markt
Science-Fiction? Nein: An der Uni Michigan haben Forscher einen 1 x 1 Millimeter kleinen Rechner gebaut, der sich für weniger als einen Cent in Serie bauen lässt. Solche milliardenfach für Cent-Beträge produzierte Chips und Sensoren, die immer günstigere Internetbandbreite und rasant fallende Preise für Rechenkapazität machen möglich, was noch vor wenigen Jahren wie eine ferne Zukunftsvision wirkte: Agrargüter wie Äpfel, Rohstoffe, Kleidungsstücke und Verpackungen, Halbzeuge oder Werkstücke – im Prinzip alles, was in der Produktion von A nach B unterwegs ist, lässt sich mit einem winzigen Chip ausstatten, der Daten sendet.
Vor- und Nachteile des Cloud Computing
Wenn ein Unternehmen seine Kundendatenbank nicht im eigenen Rechenzentrum pflegt, sondern einen Online-Dienst wie Salesforce.com nutzt, spart es sich Investitionen in die Infrastruktur. Die Abrechnung erfolgt außerdem zumeist gestaffelt, zum Beispiel nach Nutzerzahl oder Speicherverbrauch. Geschäftskunden erhoffen sich dadurch deutliche Kosteneinsparungen.
Wer Speicherplatz im Netz mietet, kann flexibel auf die Nachfrage reagieren und den Bedarf unkompliziert und schnell erhöhen oder versenken. Wenn beispielsweise ein Startup rasant wächst, fährt es einfach die Kapazitäten hoch. Somit fallen auch niedrige Fixkosten an.
Die Installation auf den eigenen Rechnern entfällt. Damit lässt sich ein neues System äußerst schnell einführen. Auch die Updates bereiten keine Probleme mehr, somit sinkt der Administrationsaufwand. Allerdings lassen sich die Cloud-Dienste in der Regel auch nicht so individuell konfigurieren.
Zur Nutzung der Cloud-Dienste benötigen Mitarbeiter lediglich einen Internetanschluss – unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und dem Gerät, das sie nutzen.
Die Daten-Dienstleister werben damit, dass sie sich intensiver mit der IT-Sicherheit beschäftigen als einzelne Nutzer oder Unternehmen. Allerdings sind die Rechenzentren der Cloud-Anbieter aufgrund der großen Datenmenge auch ein attraktives Ziel für Angriffe von Hackern. Zudem ist von außen schwer nachzuvollziehen, ob der Anbieter die Daten ausreichend vor den eigenen Mitarbeitern schützt. Die Auslagerung bedeutet somit einen Kontrollverlust.
Viele Unternehmen sind von ihrem Dienstleister abhängig, weil sie nicht ohne weiteres zu einem anderen Anbieter wechseln können. Das liegt etwa daran, dass sie ihre Systeme aufwendig an die Schnittstellen anpassen müssen. Auch Nutzer haben oft Schwierigkeit, wenn sie mit ihren Daten den Anbieter wechseln wollen. Eine weitere Frage: Was ist, wenn der Betreiber eines Dienstes pleite geht? Erst wenn es Standards gibt, die den Wechsel von einem zum anderen Dienstleister ermöglichen, sinkt die Abhängigkeit.
Wenn man sie miteinander vernetzt, entsteht das sogenannte Internet der Dinge. Laut Marktforscher Gartner werden bald an die 21 Milliarden bisher analoge, dumme Dinge miteinander vernetzt sein. Damit entsteht ein neuer, gigantischer Markt: McKinsey schätzt das Wertschöpfungspotenzial durch das Internet der Dinge allein in der globalen Fertigungsindustrie auf 1,2 bis 3,7 Billionen Dollar bis zum Jahr 2025. Hinzu kommen weitere ein bis zwei Billionen Dollar in Logistik und Handel.
Das bietet Anlegern große Chancen. Treiber der Entwicklung sei „der Zwang zu immer höherer Produktivität und der Wunsch, Produkte schneller und zielgruppengenauer auf den Markt zu bringen“, erklärt Daniel Küpper, Partner bei Boston Consulting in Köln und Experte für Industrie 4.0. „Man kann in einer digitalen Fabrik viel effizienter Kleinserien und sogar Unikate fertigen, wo früher analoge Maschinen mühsam über Tage umgerüstet werden mussten“, sagt Küpper.
Noch braucht es Milliardeninvestitionen, um solche Fabriken flächendeckend zu verwirklichen. „Wir sind in einer frühen Phase der Entwicklung“, sagt John Hagel, Co-Chairman von Deloitte & Touche in San José. „Aber der Trend ist unumkehrbar: Was man vernetzen kann, wird vernetzt. Die technische und die ökonomische Logik lassen gar keinen anderen Weg zu.“