Infrastruktur für Anleger Die 1000-Milliarden-Dollar-Wette

Donald Trump will 1000 Milliarden Dollar in die US-Infrastruktur pumpen. Andere Staaten investieren ebenfalls. Anleger können an der Börse daran mitverdienen. Welche Aktien jetzt besonders aussichtsreich sind.

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1000 Milliarden für die US-Infrastruktur. Quelle: imago images

Rund 50 Meter über dem Frachtschiff Colombo Express braucht Andrzej Hajda Fingerspitzengefühl. Von der Kanzel einer Containerbrücke steuert er den Greifer des Kranauslegers. Unter ihm liegen Tausende Stahlkisten im Bauch eines Schiffes, das am Kai des Container Terminals Altenwerder im Hamburger Hafen festgemacht hat. Betreiber des Terminals ist die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), ein Unternehmen, das auch auf dem Börsenzettel steht. Etwa 40 Stunden bleiben zum Be- und Entladen. Hajda muss sowohl den Wind als auch die Bewegungen der Colombo Express im Wasser ausgleichen. Für ihn kein Hexenwerk: Sanft rastet der Greifer in die vier Schlösser eines Containers.

Die Fracht, die in Hamburg das Schiff verlassen hat, kommt aus Häfen der US-Ostküste: New York, Norfolk, Charleston und Savannah. Deren Containerterminals sind teilweise veraltet. Bis 2020 will die Privatwirtschaft 155 Milliarden Dollar in US-Häfen investieren. Die US-Regierung wollte sich nur mit 25 Milliarden Dollar beteiligen.

Der künftige US-Präsident Donald Trump könnte den Betrag jetzt aufstocken. Denn er will mit 1000 Milliarden Dollar innerhalb von zehn Jahren Amerikas „bröckelnde Infrastruktur“ in eine „goldene Chance“ für mehr Wachstum wandeln.

Aktien und Fonds, die vom Infrastrukturausbau profitieren

Trump steht nicht allein. Auch in Deutschland wird geklotzt – zumindest verbal. Verkehrsminister Alexander Dobrindt startete im Dezember „das größte Investitionsprogramm für die Infrastruktur, das es je gegeben hat“. Bis 2030 sollen 270 Milliarden Euro fließen. Im Dezember segnete der Bundestag Dobrindts Pläne ab.

Laut einer McKinsey-Studie geben die Staaten weltweit pro Jahr 2,5 Billionen Dollar für Infrastruktur aus. Damit die Weltwirtschaft im bisherigen Tempo weiter wächst, wären jedoch 3,3 Billionen Dollar pro Jahr nötig. Demnach bliebe ein Defizit von 800 Milliarden Dollar pro Jahr.

Die Aussicht auf mehr Geld für die Infrastruktur lässt Bauaktien steigen. So legte der Baumaschinenhersteller Caterpillar am Tag nach der US-Wahl um bis zu zehn Prozent zu. Sollten Anleger wegen Trump und Dobrindt Bauaktien kaufen? So simpel ist es nicht. Denn: Gibt die Politik weniger aus als versprochen, drohen Verluste.

Die größten Infrastruktur-Mängel in den USA

Zudem hängen Bauaktien stark am Auf und Ab der Konjunktur. Ist der staatlich subventionierte Boom abgeebbt, müssen die Baukonzerne neue Aufträge an Land ziehen. In Zeiten mit schwachem Wirtschaftswachstum wird dies schwer. Diese Achterbahnfahrt spiegelt sich auch an der Börse wider.  So liegt der MSCI World Construction & Engineering in den vergangenen zehn Jahren mit durchschnittlich 1,4 Prozent jährlich im Minus. Der Index S&P Global Infrastructure legte dagegen im Schnitt um 3,7 Prozent zu.

 Anleger sind daher besser mit Unternehmen beraten, die langfristig und vorhersehbar an Infrastruktur verdienen. Die WirtschaftsWoche hat die Perlen unter diesen Dauerbrennern ausgesiebt. Sie finden sich in den Branchen Mautstraßen, Pipelines, Telekommunikation, Eisenbahn und Häfen.

Mautstraßen, Pipelines, Telekom

Mautstraßen: höhere Margen

Bis 2030 sind laut McKinsey weltweit 11,4 Billionen Dollar pro Jahr nötig, damit die Straßen mit dem Verkehr Schritt halten. „Die Staaten allein werden nicht in der Lage sein, das Geld aufzubringen“, sagt Peter Meany, Leiter Infrastrukturaktien beim Vermögensverwalter First State Investments. Es werde privates Kapital gebraucht.

In Deutschland ist Geld aus der Wirtschaft zumindest beim Straßenbau unerwünscht. Kürzlich legte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sein Veto gegen private Autobahnen ein. Die europäischen Nachbarn sind weiter: Auf 50 000 Kilometer Straße wurden 2015 insgesamt 28 Milliarden Euro Maut kassiert.

„Bisher hat die Börse das Potenzial im Mautgeschäft unterschätzt“, sagt First-State-Manager Meany. Allein in Italien nahmen die Mautbetreiber 5,5 Milliarden Euro ein. Dort ist das Unternehmen Atlantia Marktführer, 30 Prozent gehören der Benetton-Gruppe.

Infrastrukturinvestitionen weltweit.

Italiens politische Krise spricht zwar nicht für Infrastrukturinvestments. Allerdings verdient Atlantia ein Viertel seines Geldes im Ausland. Bis 2020 soll es laut Atlantia die Hälfte sein. Um Geld in Wachstumsregionen zu investieren, will sich das Unternehmen von italienischen Autobahnen trennen, die etwa drei Milliarden Euro wert sein sollen.

Auch wenn Atlantias Auslandsexpansion erst kommt – schon jetzt zeigt sich der Konzern robust bei politischen Krisen. Am 4. Dezember scheiterte Italiens Premier Matteo Renzi mit seinem Verfassungsreferendum. Lediglich 2,3 Prozent büßte Atlantia am Folgetag ein und war zwei Tage später wieder mit 4,1 Prozent im Plus.

Kursentwicklung des Mautstraßenbetreibers Atlantia und des Aktienindex MSCI Europe.

Mitunter gibt die Politik auch Rückenwind. So vereinbarte die französische Regierung mit den Mautstraßenbetreibern 500 Millionen Euro mehr Einnahmen in den kommenden zehn Jahren. Zu den Profiteuren zählt der französische Konzern Vinci. Die Franzosen mischen auch im Flughafenbusiness mit. Zuletzt hat Vinci Flughäfen in Japan und in Chile übernommen, um weniger abhängig vom Geschäft in Frankreich zu sein. Im ersten Halbjahr kam die Hälfte aller Aufträge aus der Heimat. Zwar macht Vinci mit der Bausparte noch 58 Prozent des Umsatzes. 70 Prozent des Profits verdient das Unternehmen jedoch mit margenstarken Konzessionen für Flughäfen und Straßen.

Pipelines: Politik hilft

Fürs Durchleiten von Öl und Gas kassieren Pipelinebetreiber Gebühren. Diese Spezialisten hängen weniger am Rohstoffpreis als die Öl- und Gasförderer, denn die Gebührenhöhe ist auf Jahre festgezurrt. Pipelinekonzerne, die wachsen wollen, brauchen politisches Wohlwollen. Ohne diese Unterstützung gibt es Probleme wie kürzlich bei einer Rohrleitung im US-Bundesstaat North Dakota. Sowohl die Anwohner als auch das am Bau der Pipeline beteiligte US-Heer stellten sich quer. Trump hat angekündigt, den Entscheid der Behörden in North Dakota sowie Baustopps für weitere Pipelineprojekte aufzuheben.

Der US-Konzern Kinder Morgan bekam politische Hilfe aus dem Nachbarland. So hat die kanadische Regierung die Pipeline Trans Mountain genehmigt. Sie verbindet die Ölsandabbaugebiete mit Kanadas Westküste. Das Projekt könnte Kinder Morgan bis zu 850 Millionen Dollar Gewinn pro Jahr bringen. Mehr Geschäft winkt auch beim Transport von Schieferöl. Der steigende Ölpreis macht dessen Förderung attraktiver.

Telekom: Funkmasten für Asien

Wie Pipelines der Flaschenhals für Öl und Gas sind, hängt die digitale Kommunikation an Sendemasten, die Konzerne wie American Tower oder Crown Castle betreiben. American Tower litt zuletzt unter Übernahmegerüchten beim Mobilfunkanbieter Sprint, der Masten von American Tower nutzt.

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
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Angst vor sinkenden Margen durch größere Verhandlungsmacht bei den verbliebenen Kunden ließ den Kurs von American Tower sinken. Jedoch hängen nur zehn Prozent des Umsatzes von American Tower am Kunden Sprint. Zudem laufen die Verträge mit Sprint noch bis zu fünf Jahre.

Anders als Sprint ist American Tower auch international aktiv: in Asien, Afrika, Lateinamerika, aber auch in Deutschland. Fusionen in einzelnen Märkten schlagen daher nicht so stark aufs Gesamtgeschäft durch. Außerhalb der USA wächst das Geschäft zweistellig. Für American Tower sprechen zudem verbesserte Finanzen. Die Schuldenquote, gemessen am Gesamtkapital, wird in diesem Jahr voraussichtlich von 79 auf 73 Prozent sinken. 2017 werden 68 Prozent erwartet.

Eisenbahn und Hafenlogistik

Eisenbahn: mehr Kohle durch Kohle

Daten lassen sich digital bewegen, aber die meisten anderen Güter brauchen analoge Transportmittel wie die Bahn. Aus Anlegersicht ist der US-Markt besonders attraktiv, weil Trump die Energiewende zurückdrehen will. Das heißt, künftig könnte mehr Kohle verfeuert werden, die in den USA 19 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene ausmacht. Deshalb zogen nach Trumps Wahlsieg die Eisenbahnaktien an. Profitiert hat ausgerechnet der milliardenschwere Investor Warren Buffett, ein Trump-Gegner und Großaktionär mehrerer US-Bahnkonzerne.

Für Union Pacific wird sich Trumps Wahlsieg auch wegen dessen Infrastrukturprogramm auszahlen. Denn neue Brücken brauchen Stahl, der mit Kokskohle produziert wird. Das bedeutet mehr Fracht für die Eisenbahnlinien. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 fürs kommende Jahr ist Union Pacific unter dem langjährigen Schnitt bewertet und damit ein Kauf.

Hafenlogistik: China bremst

Eisenbahnen sind das Bindeglied zwischen Binnenland und Seehäfen. Anders als die Bahnkonzerne sind die Hafenlogistiker im Rückwärtsgang. Chinas lahmende Konjunktur drückt deren Einnahmen. Dennoch müssen die Häfen investieren, etwa in Terminals, die größere Schiffe abfertigen.

Auch HHLA würde gern mehr Geschäft mit voll beladenen dicken Pötten machen. Dafür müsste die Fahrrinne der Elbe vergrößert werden. Ob die Bagger anrücken dürfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, ein Urteil ist für den 9. Februar angekündigt. Weil das Containergeschäft im Hamburger Hafen inzwischen langsamer wächst, baut HHLA den Transport von Stahlkisten über die Schiene nach Osteuropa aus. Statt sieben liegen am Terminal Altenwerder jetzt neun Gleise.

Für einen Kauf stecken im Geschäft von HHLA aber noch zu viele Hoffnungswerte. Anleger sollten daher abwarten. Vielleicht hilft Trump den Hamburgern. Er will die Beziehungen zu Russland verbessern. Dies könnte die Wirtschaftssanktionen beenden. Für Kranführer Hajda würde das mehr Arbeit und für HHLA mehr Profit bedeuten.

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