Und ob. Was für Versicherungen und Banken Vorteile hat, muss für den normalen Bürger längst nicht gut sein. Das Plus für die Versicherer liegt dabei auf der Hand, sie suchen im Niedrigzinsumfeld seit langem nach sicheren, aber rentablen Anlagemöglichkeiten. Kritiker sehen in den Vorschläge der Kommission daher auch ein Rettungspaket für strauchelnde Versicherer. Denn die Assekuranzen müssen ihre Kundengelder sicher anlegen, bisher haben sie dazu vor allem den Anleihemarkt genutzt. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) allerdings ein geldpolitisches Feuerwerk nach dem anderen zündet, ist dort keine Rendite mehr zu erwirtschaften. Da kommt Allianz und Co die Infrastrukturoffensive der Bundesregierung gerade recht.
Wie Bürgerfonds funktionieren
Allerdings investiert die Privatwirtschaft natürlich nicht selbstlos. Fitschen betonte zwar, Kapital zum investieren sei genug vorhanden. Der Deutsche Bank-Co-Chef räumte aber ein, die Branche würde nur einsteigen, wenn die Rendite ordentlich sei. "Es muss eine Prämie zu dem sein, was der Bund zahlt", erklärt Fitschen. Beobachter gehen davon aus, dass die Rendite für solche Projekte mindestens bei drei oder vier Prozent liegen muss, um die Unternehmen mit einzubinden.
Hohe Mehrkosten
Diese Rendite müssen die Projekte allerdings zunächst erwirtschaften. Beim Beispiel Autobahn mag das mit einer Maut funktionieren, bei wenig genutzten Straßen dürfte es schon knapp werden. "Durch die Beteiligung der Finanzwirtschaft steigen die Kosten für die Allgemeinheit", warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Die Verbraucherschützer schätzen die Mehrkosten auf mindestens 450 Millionen Euro.
Holger Mühlenkamp forscht an der Universität Speyer zu Kooperationen zwischen Staat und Privatwirtschaft. Auch er erwartet Mehrkosten. "Für den Steuerzahler würde ein solches Fondsmodell teurer", sagt Mühlenkamp. Neben den höheren Zinssätzen sind auch höhere Nebenkosten als bei einer unmittelbaren Staatsverschuldung zu erwarten. Diese können schon beim Vergabeprozess entstehen, auch hohe Beratungskosten sind häufig hoch bei solchen privaten Investments in öffentlichen Angelegenheiten. "Das Modell führt zu einer ineffizienten Risikoverteilung", sagt Mühlenkamp. Auf diese Weise würden die Folgen der Euro-Schuldenkrise zu Gunsten der Finanzindustrie und zu Lasten des Steuerzahlers umverteilt.
Bizarr werden diese drohenden Mehrkosten insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade der Staat sich derzeit historisch günstig refinanzieren kann. Finanzminister Wolfgang Schäuble zahlt kaum noch Zinsen, wenn er neue Schulden aufnimmt. Trotzdem sollen nun andere für die Investments gerade stehen, denn Schäuble darf aufgrund der Schuldenbremse nur begrenzt neue Darlehen aufnehmen. "Sinn des Modells ist schlicht, die Schuldenbremse zu umgehen", sagt Mühlenkamp. Die Schulden, die der Staat nicht mehr unmittelbar aufnehmen könne, würden nun eben durch indirekte Verschuldung ersetzt. "Sinnvoller wäre es gewesen, Nettoinvestitionen von der Schuldenbremse auszunehmen", sagt Mühlenkamp. So könnten notwendige Investitionen in die Infrastruktur geleistet werden, ohne die Schuldenbremse zu missachten.