Insider packen aus Die zweifelhaften Geschäfte der FXdirekt Bank

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Beschwerdebrief

Der WirtschaftsWoche liegt ein Beschwerdebrief eines ehemaligen Kunden an die BaFin vor, in dem bereits 2009 von Kursmanipulation die Rede war. Viele andere haben sich ebenfalls beschwert. Die Finanzaufsicht weiß seit Jahren von Problemen bei der Bank. Passiert ist offenbar wenig. Die BaFin wollte sich zu einzelnen Instituten zwar nicht äußern.

Ein Aufseher sagte jedoch: „Das sind hochriskante Geschäfte, die Gefahr, Geld zu verlieren, ist groß.“ Ein anderer BaFin-Mitarbeiter schrieb an einen Kunden, er habe seine Beschwerde „zur Kenntnis“ genommen – und rät darüber hinaus zu einem Anwalt.

Doch es ist ein Unterschied, ob Kunden bei riskanten Geschäften verlieren – oder ob die Geschäfte, wie es bei FXdirekt offenbar der Fall ist, darauf angelegt sind, Kunden um ihr Geld zu erleichtern.

Auf welche Argumente Kunden hereinfallen
Nur eine Minderheit der Altersvorsorge-Berater ist auch neutral und unabhängig. Ausschließlich die so genannten „Versicherungsberater“ beraten ihre Kunden individuell und in deren Interesse. Um ihre Neutralität und Unabhängigkeit zu gewährleisten, beziehen sie keine Provisionen von Versicherungen, sondern beraten Kunden auf Honorarbasis. Meistens wird dabei eine Stundensatzvergütung vereinbart. Deutschlandweit gibt es nur rund 200 Versicherungsberater. Die knapp 45.000 Versicherungsmakler sind zwar nicht vertraglich an eine oder mehrere Gesellschaften gebunden und können grundsätzlich frei zwischen den Versicherern und deren Tarifen wählen. Insoweit sind sie zwar unabhängig bei der Auswahl ihrer Angebote, erhalten aber Provisionen bei Vertragsabschluss von den Versicherern. Versicherungsvermittler sind Handelsvertreter, die von einem oder mehreren Versicherungsunternehmen beauftragt sind, deren Versicherungen zu vermitteln. Sie erhalten Provision, wenn der Kunde einen Vertrag abschließt. Mehr als 210.000 Vermittler gibt es in Deutschland.
Zahlreiche Zeitschriften, Institute, Anlegerbriefe und auch Internetseiten vergeben Siegel für angeblich empfehlenswerte Versicherer. In der Regel bilden solche Tests aber nicht den individuellen Fall ab. Welcher Versicherer und welcher Tarif für die Bedürfnisse des Kunden taugen, lässt sich nur für den Einzelfall ermitteln. Auch einige Vergleichsportale im Internet genießen einen schlechten Ruf, da manche Betreiber als Makler fungieren und von den Provisionen der Gesellschaften leben. Zudem ist eine Auswahl anhand von Bedingungskriterien oft nur höchst eingeschränkt oder dar nicht möglich.
Aktuell liegt der Garantiezins auf 1,75 Prozent. Das ist ein Rekordtief. Zum Vergleich: Zwischen Juli 1994 und Juni 2000 lag der Satz noch bei vier Prozent.Trotzdem sollten Kunden gut überlegen, ob sie tatsächlich eine Police brauchen und keinesfalls den erstbesten Tarif wählen. Der Garantiezins wird nicht für die Beiträge, sondern nur für den Sparanteil gewährt. Real liegt der Garantiezins ab dem nächsten Jahr je nach Kostenquote der Versicherer laut Bund der Versicherten zwischen etwas unter Null Prozent und 1,0 Prozent, wenn die Lebensversicherer ihre derzeitige Kostenstruktur so beibehalten. Damit dürfte die garantierte Summe in Zukunft sehr oft unterhalb der Inflationsrate liegen. Die Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil der Beiträge. Was letztlich übrig bleibt hängt daher auch an den Kosten für Abschluss und Verwaltung. Wegen der niedrigen Garantieverzinsung müssen Versicherte daher auf die Gewinnbeteiligung der Gesellschaften hoffen. Neben dem Garantiezins bestimmt vor allem die Überschussbeteiligung die Rendite. Da kann es je nach Gesellschaft große Unterschiede geben. Wenn der Vertrag endet, kommen noch ein Schlussbonus und eine Beteiligung an den stillen Reserven hinzu. Aus diesen Werten ergibt sich die Gesamtverzinsung. Die Renditen variieren je nach Laufzeit, unter dem Strich können Kunden durchschnittlich mit vier Prozent per Anno rechnen, zum Teil werden allerdings wohl nur etwa drei Prozent herauskommen.Noch wichtiger als der Blick auf die Zinsen ist die Konstanz des Sparers. Nur wenn der Versicherte bis zum Ende einzahlt, kann eine Lebenpolice sinnvoll sein. Wer das für sich nicht sicher garantieren kann, sollte nicht abschließen.
Vor allem die Kosten für Versicherer mit starkem Vermittlernetzwerk sind enorm. Bei vertriebsstarken Gesellschaften können sie bei der Vermittlung von privaten Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht etwa 12 bis 15 Prozent der Beiträge betragen. Die teuersten Gesellschaften verlangen sogar bis zu rund 22 Prozent. Bei Direktversicherern gehen gut sieben bis acht Prozent der Beiträge dafür drauf. Bei der Vermittlung von Kapitallebensversicherungen fallen die Kosten dagegen weit höher aus. Sie liegen laut BdV bei vertriebsstarken Versicherungsunternehmen bei etwa 20 bis 25 Prozent, zum Teil betragen sie sogar bis zu 30 Prozent. Die Kosten bei Direktversicherern hingegen betragen 16 bis 17 Prozent. "Die Höhe der Kosten ist ein wichtiger Faktor für die Höhe der Rendite“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Entsprechende Vergleiche von Analysehäusern wie etwa von Morgen & Morgen geben Auskunft über die Sätze. „Überdurchschnittlich teure Gesellschaften sollten Versicherte konsequent meiden“ sagt Rudnik.
Vor allem für kinderreiche Familien lohnt der Abschluss zumeist wegen der Zulagen, für Gutverdienende dagegen oftmals aufgrund der Steuervorteile. Trotzdem ist ein übereilter Abschluss nicht zu empfehlen. Über die Jahre kann ein schlechter Tarif mehr kosten als ein Jahr Förderung ausmacht. Und: Die persönliche Risikoneigung muss berücksichtigt werden, damit es bei Rentenbeginn keine negative Überraschung gibt. Aufgrund der hohen Kosten von Versicherungsangeboten ist dabei meistens ein Riester-Fonds- oder Banksparplan empfehlenswerter als eine Riester-Rentenversicherung, die nur gelegentlich bei günstigen Anbietern für Sparer bis etwa 40 Jahre in Frage kommen kann. Riester-Fondspolicen scheiden dagegen fast immer aus. Wichtig: Viele Personen erhalten keine unmittelbare Förderung, darunter Selbstständige, die freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versichert sind, Sozialhilfeempfänger und geringfügig Beschäftigte, die den Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung nicht durch eigene Beiträge aufstocken. Allerdings können auch nicht Förderberechtigte zumindest die Zulage bekommen, wenn ihr Ehepartner unmittelbar förderberechtigt ist und sie selber einen eigenen Riester-Vertrag abschließen.
Die Lebensversicherer sind gut durch die Krise gekommen. Trotzdem gibt es Risiken, wenn die Finanzkrise eskaliert und wichtige Staaten oder Banken Pleite gehen. Vergangenes Jahr hatten die deutschen Versicherer laut Standard & Poor`s rund 89 Prozent ihrer Investments in Bonds, Krediten und Bankeinlagen. Bei einem weltweiten Crash der Banken, Staaten und Finanzmärkte dürften weder Staatsgarantien noch die brancheneigene Rettungsorganisation Protektor  ausreichen, alle Gesellschaften und Einlagen zu retten. In einem solchen Fall wären aber auch alternative Anlagen betroffen.
Das Gesetz war bislang eindeutig: Seit den dreißiger Jahren ist eine Weitergabe der Provision an den Kunden untersagt. Laut Konkretisierung im  Versicherungsaufsichtsgesetz (§144a Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 2VAG). sei ein Verstoß eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu hunderttausend Euro geahndet werden können. Ob das Gesetz weiterhin Bestand hat, wird sich aber noch klären. Ein aktuelles Urteil erlaubt Versicherungsvertretern, mittels Rabatt einen Teil ihrer Provision weiterzureichen (Verwaltungsgericht Frankfurt/Main Az. 9 K 105/11.F). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Finanzaufsicht Bafin kann dagegen noch Rechtsmittel einlegen. In der Praxis geben Vermittler mit dem Hinweis auf Vertrauen und Verschwiegenheit immer wieder einen Teil ihrer Provision zurück – und riskieren damit eine Strafe.

40.000 Euro zurückgeholt

Anleger haben versucht, Geld zurückzuerhalten. Der WirtschaftsWoche liegt ein Vergleich zwischen FXdirekt und einem Ex-Kunden über 40.000 Euro vor. Und vor dem Landgericht Duisburg läuft ein Prozess der Schindler-Vermögensberatung gegen FXdirekt (21 O 46/12). Es geht um 25.000 Euro Schadensersatz. In der ersten Verhandlung verpasste der Anwalt des Klägers den Termin. Daher erging ein Versäumnisurteil. Der Einspruch liegt nun vor. Die nächste Verhandlung ist am 13. Dezember.

Für die Masche der Bank sind drei Bereiche wichtig: Das erste Team, intern Hosting New Customers genannt, betreut Interessenten. Sie sprechen mit potenziellen Kunden, die noch kein Konto eröffnet haben, aber die Handelsplattform über ein Demo-Konto testen. Die Kundin im Demo-Test wurde regelrecht mit Anrufen bombardiert. Wann sie endlich ein Konto eröffne?

In Positionen mit hohen Kosten lenken

Zahlt der Kunde Bares ein, kommt das zweite Team ins Spiel: Es betreut die Live-Kunden, also Anleger, die handeln sollen. Aufgabe dieser Mitarbeiter ist es nach Aussage von Ex-Mitarbeitern, Kunden in Positionen mit hohen Kosten zu lenken. Das können zum Beispiel exotische Währungspaare oder Silber sein. Dabei geben die Mitarbeiter, die offiziell nicht beraten dürfen, dem Kunden Hinweise, wo sie nun gefälligst aktiv zu werden haben. Die Bank sagt, das sei falsch.

Der WirtschaftsWoche liegt allerdings der Screenshot eines Kunden vor, in dem ein FXdirekt-Mitarbeiter per Chat schreibt: „Bitte usdjpy short!!!!“ Der Anleger sollte im Währungspaar US-Dollar/Yen auf den steigenden Yen wetten. „Wenn der Umsatz nicht stimmt, geht der Boss zur Kundenbetreuung und sagt: Ruft die Kunden an, schickt sie in Silber“, sagt ein Insider. Die Bank bestreitet, dass es Anweisungen gebe, schon gar nicht vom Gründer, Alleinaktionär und Vorstandschef Wolfgang Stobbe.

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