Intelligent investieren

Dem Euro-Klumpenrisiko entkommen

Thorsten Polleit
Thorsten Polleit Chefvolkswirt der Degussa

Warum horten die Deutschen Sparer 3300 Milliarden Euro auf nahezu unverzinsten Konten? Dass es dort sicher ist, ist ein gewaltiger Irrtum, denn der Euro ist gefährdet. Welche Ausweichmöglichkeiten Sparer haben.

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Die Deutschen entsparen sich selbst. Quelle: dpa

Ende 2016 hielten die Deutschen bei Banken einen Rekordbetrag von sage und schreibe 3,3 Billionen Euro in Form von Giro-, Termin- und Sparguthaben. Einlagen, für die es schon seit 2012 keinen Zins mehr gibt; und die sich auch noch entwerten, weil die Güterpreise steigen. Mit anderen Worten: Die Deutschen entsparen sich selbst.

Warum tun sie sich das an? Vielleicht kümmern sie sich nicht um ihr Geld – verbringen mehr Zeit mit dem Lesen von Reise- und Autokaufkatalogen als mit dem Nachdenken über die Altersvorsorge. Vielleicht meinen sie aber auch, die Niedrigzinslandschaft werde früher oder später enden, man müsse die Phase der niedrigen Zinsen halt geduldig aussitzen.

Es kann natürlich vor allem auch die deutsche Angst sein, die den Sparer zum Kaninchen macht, das gelähmt vor der Geldentwertungsschlange sitzt. Denn für den deutschen Sparer gelten Bankeinlagen und Staats- und Bankanleihen traditionell als sicher. Doch das ist ein gewaltiger Irrtum. Denn mit dem Euro wird es wohl kein gutes Ende nehmen.

Zur Person

Die Einheitswährung wird inflationiert, bricht auseinander oder geht vielleicht sogar ganz unter. Die Ersparnisse, die auf eine feste Eurozahl lauten, sind dann unwiderruflich perdu. Allen voran Bankeinlagen und Schuldpapiere. Ohne Frage, ein besorgniserregender Ausblick. Aber dem umsichtigen Anleger stehen Ausweichmöglichkeiten offen.

Er kann zum Beispiel seine liquiden Mittel in Form von Termin- und Spareinlagen abbauen und stattdessen Gold halten – die unkaputtbare Währung. Gold wird selbst bei negativen Realzinsen – wenn es langfristig gehalten wird – nicht entwertet. Zudem hat das gelbe Metall ein Wertzuwachspotenzial, wenn die innere und äußere Kaufkraft des Euro schwindet.

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
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Doch wie lässt sich künftig noch eine Rendite verdienen – und zwar eine, die nach Abzug der Inflation positiv ist? Viele Berater empfehlen Aktien. Grundsätzlich ein guter Vorschlag. Als Aktionär profitiert man vom produktiven Fortschritt, kann sich freuen über Kursgewinne und Dividenden. Keine Frage: Für Investoren, die eine Rendite suchen, sind Aktien unschlagbar.

Wer zum Beispiel 1977 in US-Aktien investiert hat, der hat bis heute eine Rendite von durchschnittlich etwa zehn Prozent pro Jahr erzielt. Aus einem US-Dollar, investiert vor 40 Jahren, sind heute knapp 21 US-Dollar geworden. Das entspricht einem Wertzuwachs von insgesamt fast 2000 Prozent. Nach Abzug der Inflation betrug die Rendite im Durchschnitt acht Prozent pro Jahr.

Natürlich werden nicht alle Unternehmen gleichermaßen erfolgreich sein. Einige werden sogar scheitern. Die meisten Anlageexperten werden Ihnen daher raten: Diversifizieren Sie das Portfolio! Kaufen Sie recht viele Aktien, dann ist es nicht so schlimm, wenn einige davon unterwegs auf der Strecke bleiben.

Das klingt zunächst überzeugend. Doch der Weg, den die langfristig erfolgreichen Investoren gehen, ist ein völlig anderer. Sie investieren nur in wenige, akribisch ausgewählte Aktien: Und zwar von Unternehmen, die langfristig ihre Gewinne pro Aktie merklich steigern, die dauerhaft hohe Renditen auf das eingesetzte Kapital erzielen.

Langer Atem zahlt sich aus

Mit dem Investieren in diese „großartige Unternehmen“ („Great Businesses“) eröffnet sich für den Investor die Chance, langfristig eine Rendite zu erzielen, die höher ausfällt als die des Gesamtmarktes. Die nachstehende Grafik zeigt, wie sich der S&P 500 Aktienmarktindex seit 1977 bis heute entwickelt hat.

Qualität zahlt sich aus: Wertentwicklung des S&P 500 und eines

Zusätzlich dazu ist die Kursentwicklung eines „großartigen Unternehmens“ abgetragen, das deutliche höhere Renditen erzielt hat als der Gesamtmarkt. Bei einer durchschnittlichen Rendite von 15,7 Prozent pro Jahr wurden so aus einem US-Dollar bis zum Januar 2017 gut 112 US-Dollar. Ein atemberaubender Wertanstieg von insgesamt 11.100 Prozent!

Langfristig erfolgreiche Investoren mindern dabei ihr Anlagerisiko auf zweifache Weise. Erstens dadurch, dass sie sich genaue Kenntnis verschaffen über ein Unternehmen, sein Geschäftsmodell und seine Erfolgsbedingungen. Dadurch sind sie in der Lage, den Wert des Unternehmens mit hinreichender Genauigkeit abzuschätzen.

Zweitens dadurch, dass nur dann investiert wird, wenn der Preis, der für die Aktie an der Börse zu zahlen ist, deutlich unter ihrem Wert liegt. Der Investor kommt so in den Genuss einer „Sicherheitsmarge“, die ihn gegen die Folge von möglichen Fehleinschätzungen schützt. Nach dem Motto: Im Einkauf liegt der Gewinn.

Aber, so werden Sie sich fragen, wer hat denn schon die Fähigkeiten, derartige Analysen anzufertigen? Wer sich das persönlich nicht zutraut, kann im Sinne eines „Second best“ in einen breiten Aktienmarktindex-ETF investieren. Das ist in jedem Falle eine Verbesserung gegenüber dem Halten von Euro-Bankeinlagen und -Schuldpapieren.

Alternativ kann er eine Zusammenarbeit mit guten "Value Investoren" suchen. Denn sie beschäftigen sich intensiv mit der Suche nach und der Bewertung von großartigen Unternehmen und haben daher die besten Voraussetzungen, langfristig positive reale Renditen erzielen zu können – auch in Zeiten, in denen es wirtschaftlich und monetär turbulent werden kann.

Wer in Aktien investiert, muss einen langen Atem haben. Es zahlt sich langfristig, nicht aber notwendigerweise kurzfristig aus. Aber ob nun Gold oder Aktien, an der Börse geht es Auf und Ab. Der Sparer muss lernen, vorübergehende Kursschwankungen auszuhalten. Sonst wird er dem Euro-Klumpenrisiko nicht entkommen, es wird ihm zum Verhängnis.

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