Intelligent investieren

So erkennen Sie wirklich eine gute Aktie

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Die Sache mit dem Risiko

Typischerweise wird an dieser Stelle eingewendet, ein hoher Endwert und eine hohe CAGR seien ja schön und gut. Aber bitte doch nur, wenn das Risiko im Zaume bleibt! Das Risiko wird dabei vielfach verstanden als Schwankungen der Börsenkurse (Volatilität). Das aber ist kein überzeugendes Risikoverständnis (mehr dazu in meiner Kolumne "Falsches Risiko, richtiges Risiko"), und deshalb haben erfolgreiche Investoren ein anderes entwickelt.

Für sie ergibt sich das Risiko aus dem Unterschied zwischen dem Wert und dem Preis, also dem Börsenkurs, der Aktie. Der Wert ist – vereinfachend gesprochen – die Summe der abgezinsten erwarteten Unternehmensgewinne. Liegt der Wert der Aktie deutlich über ihrem Börsenkurs, hat der Investor eine hohe „Sicherheitsmarge“, die für ihn arbeitet.

Beispiel: Sie schätzen den Wert einer Aktie auf 100 Euro. Die Aktie handelt nun aber bei, sagen wir, 50 Euro, weil gerade Panik auf dem Börsenparkett herrscht.

Wenn Sie zu 50 Euro kaufen, beträgt Ihre Sicherheitsmarge 50 Euro beziehungsweise 50 Prozent: Um diesen Betrag beziehungsweise Prozentsatz kann der Aktienwert fallen, ohne dass Sie einen Kapitalverlust befürchten müssen. Gleichzeitig bedeutet es, dass Ihre Renditeaussicht 100 Prozent ist (sie entspricht der Kursteigerung von 50 auf 100 Euro). Je höher also die Sicherheitsmarge ausfällt, desto geringer ist Ihr Investmentrisiko.
Fällt der Kurs der Aktie, nachdem Sie gekauft haben, auf zum Beispiel 30 Euro, haben Sie immer noch eine Sicherheitsmarge von 50 Prozent (und eine Renditeaussicht von 100 Prozent). Wenn Sie zu 30 Euro hinzukaufen, steigt die Sicherheitsmarge der Zukäufe auf 70 Euro, beziehungsweise die Rendite steigt auf 233,3 Prozent. Bei steigender Sicherheitsmarge wird das Investieren risikoloser – und gleichzeitig verbessert sich die Rendite!

Wenn Sie das „Preis versus Wert“-Prinzip konsequent anwenden, greifen Sie natürlich nach dem Investment mit der höchsten Sicherheitsmarge – und das ist auch das Investment mit dem geringsten Risiko und dem höchsten CAGR. Haben Sie Ihre Hausaufgaben gut erledigt, wird sich rückblickend zeigen, dass der Endwert beziehungsweise CAGR Ihres Investments hoch ausfallen im Vergleich zu anderen Investments, die eine geringere Sicherheitsmarge aufgewiesen haben.

Und damit zurück zum Anfang dieses Aufsatzes. Wenn Sie als umsichtiger Investor die einleitend skizzierten Leitlinien teilen, dann haben Sie guten Grund unbeirrt zu sagen: „Auf den Endwert kommt es an.“ Lassen Sie sich daher nicht von kurzfristigen Schwankungen der Börsenkurse irritieren. Denken und handeln Sie stets langfristig – und stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Investments nach „Preis versus Wert“-Prinzip auswählen.
Und lassen Sie sich vor allem nicht abspeisen mit „risikobereinigten Renditen“, auf die sich viele Anlageberater und Fondsmanager heutzutage gern berufen. Denn dadurch sollen meist durchschnittliche oder gar unterdurchschnittliche Resultate als gute Ergebnisse verkauft werden. CAGR bringt Klarheit und hilft Ihnen – in Verbindung mit dem Preis versus Wert“-Prinzip –, bessere Investmententscheidungen treffen zu können.

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