Intelligent investieren

Der beste Krisenschutz: Langfristig anlegen

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Lohn der Langfristigkeit

Ein Boom kann neben den Fehlinvestitionen, die er verursacht, quasi zufällig auch produktivitätssteigernde Innovationen hervorbringen. Und letztere mildern die Schäden ab, die Fiat-Geld-Boom verursacht, beziehungsweise sie verlagern den zu erwartenden Bust in die Zukunft. Das ist schon einmal eine wichtige Einsicht für den umsichtigen Investor: Er hat gute Gründe, mit intensiver werdenden Boom-und-Bust-Zyklen rechnen, solange die Weltwirtschaft mit einem Fiat-Geldsystem operiert.

Kann ich, oder kann ich nicht?

Was aber heißt das für Ihre praktische Investitionsentscheidungen? Die Beantwortung dieser Frage erfordert eine grundsätzliche Standortbestimmung. Sie lautet: Können Sie dauerhaft besser abschneiden als der Aktienmarkt? Wenn die Antwort “Nein, ich kann es nicht” ist, dann sorgen Sie sich nicht weiter um Boom-und-Bust und kaufen Sie sich einen Fonds oder ETF auf den Weltaktienmarkt-Index. Mit dieser Strategie werden sie die Trendrendite Weltaktienmarktes (abzüglich Kosten und Steuern) erzielen.

So hätte der „passive Investor“ mit einer Investition von 10.000 US-Dollar in den MSCI-Weltaktienmarktindex (in US-Dollar gerechnet) bis September 2018 – das heißt also nach fast 23 3/4 Jahren – einen Gesamtertrag von 59.990 US-Dollar erzielt (einschließlich Dividenden) – und das entsprach einer jahresdurchschnittliche Rendite von 7,8 Prozent (vor Steuern und Kosten).

Wer hingegen der Auffassung war „Ja, ich kann besser abschneiden als der Gesamtmarkt“, der hätte sich beispielsweise bewusst dafür entschieden, sich auf den US-Aktienmarkt zu konzentrieren. 10.000 investiert US-Dollar in den S&P 500, wären zu 99.545 US-Dollar geworden – das entsprach einer jährlichen durchschnittlichen Verzinsung von 10,2 Prozent. Und wer als „aktiver Investor“ auf Einzeltitelauswahl gesetzt hat, der konnte beispielsweise mit der Aktien von Warren Buffetts Berkshire Hathaway aus 10.000 US-Dollar 154.804 US-Dollar machen – das war eine Rendite von durchschnittlich 12,2 Prozent pro Jahr.

Alle diese beachtlichen Erfolge konnten erreicht werden mit einem unbeirrten Fest- und Durchhalten an der anfänglich getroffenen Investmententscheidung („Buy and Hold“), wohlgemerkt durch alle Aufs und Abs an der Börse, durch alle Boom-und Bust-Phasen hindurch. Erfolge, die vielfach deutlich besser sind als das, was man mit den handelsüblichen Börsenweisheiten (wie zum Beispiel „Gewinne kurzfristig mitnehmen hat noch keinem geschadet“) erzielt haben.

Hinter den genannten Erfolgsbeispielen verbirgt sich eine wichtige Einsicht: Diejenigen, die zum Schluss gelangen, nicht besser abschneiden zu können als der Gesamtmarkt, sind gut beraten, langfristig zu investieren – das heißt sich einen Investmenthorizont von zehn oder mehr Jahren zuzulegen. Aber auch diejenigen, die meinen, sie können durch Einzeltitelauswahl („Stock Picking“) besser als der Gesamtmarkt abschneiden, haben gute Gründe, einen langen Atmen beim Investieren zu haben.

Das zeitweise Aussteigen aus dem Aktienmarkt („Ich muss vor dem „Crash“ aussteigen) und das nachfolgende Wiedereinsteigen („Ich darf die Hausse nicht verpassen“) ist mit Transaktionskosten und Steuerzahlungen verbunden, die die Investitionsrendite schmälern. Zudem läuft der Investor dabei Gefahr, dass ihm beim „Market Timing“ Fehler unterlaufen: zu spät zu verkaufen und zu spät wieder zu kaufen. Und auch das mindert das Investitionsergebnis.

Erfreulicherweise ist für den umsichtigen Investor, der in Zeiten von Boom und Bust investiert, die Langfristorientierung ein gangbarer Weg, um das Kapital zu erhalten, es zu mehren. Dieser Satz gilt auch, wenn die Boom-und-Bust-Zyklen künftig noch intensiver werden sollten. Derzeit scheint allerdings der Boom noch die Oberhand zu haben: Mehr denn je versuchen die Zentralbanken, den von ihnen angestoßenen Boom in Gang zu halten, mit allen denkbaren Mitteln.

In dieser Boom-Phase geht vermutlich so manchem Investor das Bekenntnis leicht von den Lippen, er sei langfristorientiert. Die eigentliche Bewährungsphase kommt aber mit dem Bust. Dann noch Kurs zu halten, seine Langfristorientierung unter Beweis zu stellen, ist höchst bedeutsam für den Investmenterfolg in der langen Frist. Auf diese Herausforderung sollte sich der umsichtige Investor schon heute vorbereiten. Denn irgendwann wird sie plötzlich vor ihm stehen.

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