
Wer beginnt, sich mit dem Investieren der Erfolgreichen genauer zu beschäftigen, der wird schnell merken: Aller Anfang ist nicht schwer, und das Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge zahlt sich aus. Das kann jeder Anleger ein- und umsetzen, entweder im Rahmen der eigenen Portfolioentscheidungen, oder indem er es nutzt, um geeignete Partner für eine Zusammenarbeit ausfindig zu machen.
In meiner 14-tägigen Kolumne „Intelligent Investieren“ möchte ich in den kommenden Monaten einige der zuweilen unausgegorenen und mitunter falschen Ideen, die in der Welt der Geldanlage beharrlich herumgeistern, enttarnen – und im Gegenzug dafür bessere Ideen aufzeigen: die zeitlosen Erkenntnisse des erfolgreichen Investierens. Zum Auftakt widme ich mich einem Thema, das insbesondere die Deutschen beschäftigt: Inflation.
Zur Person
Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa sowie Mitgründer und volkswirtschaftlicher Berater und Mitgründer des P&R REAL VALUE Fonds. Er ist zudem Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. In seiner auf wiwo.de erscheinenden Kolumne "Intelligent investieren" widmet er sich alle 14 Tage (immer mittwochs) den grundlegenden Irrtümern und Erkenntnissen der Geldanlage.
Stellen Sie sich vor, Ihnen wird ihre Handtasche aus der Hand gerissen, und der Übeltäter macht sich damit aus dem Staub. Ein klarer Fall von Raub. Die meisten Menschen erkennen sofort, was ein Raub ist, wenn sie ihn sehen oder von ihm hören. Bei einer Sache versagt bei vielen jedoch genau diese Fähigkeit. Und das ist beim Geld.
Die meisten werden sich vermutlich freuen, wenn sie mehr Geld bekommen. Denn dann kann man sich mehr der gewünschten Dinge kaufen. Man ist reicher. Wenn aber alle mehr Geld bekommen, ist das Ergebnis ein ganz anderes. Nach dem Motto: Wenn Sie sich im Theater auf ihren Sitz stellen, können Sie besser sehen. Wenn alle auf ihren Sitzen stehen, gilt das nicht mehr.
Geld ist das allgemeine Tauschmittel, und es hat nur eine Funktion: die Tauschfunktion. Steigt die Geldmenge in der Volkswirtschaft, so tauschen die Menschen es früher oder später gegen andere Güter, die sie höher wertschätzen, ein. Das Geld wird ausgegeben, um zum Beispiel Smartphones, Schuhe und Urlaubsreisen nachzufragen, und die Preise dieser Güter steigen.





Warum steigt die Geldmenge überhaupt? Das liegt daran, dass die Zentralbanken, in enger Kooperation mit den Geschäftsbanken, die Geldmenge unablässig ausweiten. Beispielsweise ist seit Beginn der Währungsunion Anfang 1999 bis heute die Euro-Geldmenge um 152 Prozent angeschwollen – während die realen Einkommen nur knapp 25 Prozent zugenommen haben.
Falls Ihr Kontostand seit Euro-Einführung sich nicht fulminant vermehrt hat, dann wissen Sie, dass Sie nicht zu den Gewinnern der Euro-Geldmengenvermehrung zählen. Irgendjemand anders hat sich über den Geldsegen freuen können. Damit ist eine unangenehme Wahrheit ausgesprochen: Eine Geldmengenausweitung schafft immer Gewinner und Verlierer.
Steigt die Geldmenge, so sind es stets einige wenige, niemals aber alle, die das neue Geld als erste in die Hände bekommen. Sie können damit Güter zu noch unveränderten Preisen kaufen. Wenn das neue Geld von Hand zu Hand wandert, steigen die Preise. Die letzten, die das neue Geld erhalten, sind die Verlierer. Sie können die Güter nur noch zu erhöhten Preisen kaufen.
Ein Anwachsen der Geldmenge sorgt also immer für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Es ist niemals „neutral“. Diejenigen, die ihr Geld lange halten – die Sparer –, werden durch die unablässige Geldmengenvermehrung der Zentralbanken im wahrsten Sinne des Wortes beraubt, werden Opfer eines systematisch angelegten Raubzuges.