Käse aus Holland, Gin aus Großbritannien oder Schokolade aus der Schweiz finden Kunden auch in den Supermarktregalen von Edeka, Rewe und Co. Bei Finanzprodukten schaffen es viele gute und günstige Fonds nicht über die Grenze. Spesen sparen wie die Briten wird deutschen Anlegern nicht leicht gemacht. In Großbritannien wurden auf staatlichen Druck hin die jährlichen Gebühren für Fonds stark gesenkt. Für britische Anleger bleibt so deutlich mehr Gewinn übrig. Auch deutschen Anlegern bieten sich zunehmend Chancen, an diese Fonds heranzukommen.
In diese Geldanlagen stecken die Deutschen ihr Geld
Ende Juni 2015 hatten die privaten Haushalte in Deutschland nach Zahlen der Deutschen Bundesbank ein Geldvermögen von 5224 Milliarden Euro. Ein Großteil davon steckte in risikoarmen Anlagen. Anbei ein Überblick über die wichtigsten Anlageformen (Stand 2. Vierteljahr 2015, in Mrd. Euro)
2041,9 Milliarden Euro (davon Bargeld und Sichteinlagen 1172,2 Milliarden Euro, Termineinlagen 250,9 Milliarden Euro, Spareinlagen und Sparbriefe 618,9 Milliarden Euro).
149,2 Milliarden Euro
537,0 Milliarden Euro
481,3 Milliarden Euro
1978,8 Milliarden Euro
Grundsätzlich gilt: Wer Fonds kauft, wird mehrfach mit Kosten belastet.
- Ausgabeaufschlag. Beim Kauf frisst der Aufschlag einmalig drei bis fünf Prozent der Anlagesumme auf. Ihn kassiert die Bank oder der Vermittler. Immerhin: Direktbanken und -vermittler bieten Rabatte an.
- Managementgebühr. Nicht umgehen konnten Anleger bisher die jährlichen Gebühren, die die Fondsgesellschaft dem Fonds automatisch entnommen hat. Aktienfonds für Private kosten etwa 1,5 bis 2,5 Prozent pro Jahr. Legt ein Fondsanteil um sechs Prozent zu, hat der Fondsmanager tatsächlich einen Anlageertrag von mindestens 7,5 Prozent vor Kosten erzielt. Langfristig gehen diese laufenden Kosten kräftig ins Geld.
- Bestandsprovision. Von ihrer Managementgebühr gibt die Fondsgesellschaft etwa die Hälfte als Bestandsprovision an den Vertriebspartner ab, also an die Bank oder den Vermittler, der dem Kunden den Fonds verkauft hat. Der kassiert also meist nicht nur den einmaligen Ausgabeaufschlag, sondern auch einen Teil der Managementgebühr. Der jährliche Obolus ist eine Art Belohnung dafür, dass der Berater den Kunden motiviert, den Fonds zu behalten. Weil hier das Risiko besteht, dass der Berater weniger an das Wohl des Kunden als an seine Bestandsprovision denkt, sehen Anlegerschützer diese Prämien, auch „Kick-Backs“ oder „Retrozessionen“ genannt, höchst kritisch. Im europäischen Ausland sind sie zum Teil sogar verboten. Fondsgesellschaften in Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz legen neue Tranchen für Fonds auf, deren Gebühren wesentlich niedriger sind, weil die Kick-Back-Kosten jetzt entfallen.
So dürfen Banken und Wertpapiervermittler in Großbritannien laut Gesetz keine Kick-Backs mehr annehmen. Für die Anleger sollen die Kosten der Beratung und der Produkte transparenter werden. Und Verkäufer sollen nicht in Versuchung geraten, ihren Kunden vorrangig Fonds anzudrehen, für die die Institute besonders hohe Bestandsprovisionen kassieren, auch wenn die ertragsmäßig nur zweite Wahl sind.
Auf eigene Faust
Nach dem Verbot von Kick-Backs in England werden dort nur noch Anteile an neuen Fondsklassen, die sogenannten Clean-Fee-Shares, verkauft. Diese sind günstiger, weil sie von den bisherigen Kick-Backs gesäubert wurden. Weiterhin erlaubt sind bei den EU-Nachbarn Beratungshonorare, die dem Kunden direkt berechnet werden. So stellen die Banken dem Kunden etwa einen fixen Prozentsatz in Rechnung, zum Beispiel jährlich ein halbes Prozent des gesamten betreuten Vermögens oder eine Pauschalgebühr. Auch deutsche Honorarberater tun dies. Sie kassieren ein Honorar und verzichten dafür auf Ausgabeaufschläge und überweisen die Kick-Backs ihren Kunden.
Wer keine Beratung braucht, kann auf eigene Faust auf Fondsklassen umsteigen, die in England offiziell verkauft werden, in Deutschland aber noch nicht offensiv angeboten werden. Die Fondsgesellschaften wollen die Vertriebe, die Kick-Backs nur zu gerne einstreichen, nicht verärgern.
Ein Buchstabe spart viel Geld
Namhafte Fondsanbieter wie etwa Aberdeen, BNP Paribas, BNY Mellon, Capital Group, Goldman Sachs und Kames haben ihre Clean-Fee-Fonds bereits in Deutschland zugelassen. Wer die richtigen ISIN-Bestellnummern kennt, kann die billigen Tranchen ordern und so die jährliche Managementgebühr deutlich senken.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Mehrere Fondsgesellschaften offerieren in Großbritannien die Günstig-Fonds für jeden Kleinanleger, verlangen in Deutschland aber eine Million Euro Minimuminvestment. Das gilt zum Beispiel für die Y-Anteilsklasse von Fidelity. Auch Flossbach von Storch verlangt beim Vorzeigefonds Multiple Opportunities bei der Kick-Back-freien Tranche mit dem Kürzel II IT mindestens eine Million Euro Mindesteinsatz. Wer den überweist zahlt statt 1,68 Prozent Verwaltungsvergütung nur 0,96 Prozent.
Immerhin: Den FvS Stiftung aus demselben Haus gibt es schon ab 500 Euro in der günstigen Tranche für 0,66 Prozent, allerdings enthält dieser Fonds mitunter weniger Aktien und ist nicht so flexibel in der Anlage wie der Multiple Opportunities.
Das sollten Anleger bei allen Sparanstrengungen nicht vergessen: Zuerst zählt bei der Auswahl aktiv gemanagter Fonds deren Qualität. Gibt es einen guten Fonds billiger, sollten Anleger diese Chance aber nutzen.
Zum Beispiel beim Japan-Aktienfonds Japanese Equity X2 von Aberdeen (siehe Chartgalerie unten). Bei dieser Fondsklasse mit dem Kürzel X2, die vom Analysehaus Morningstar mit der Bestnote von fünf Sternen beurteilt wird, beträgt die laufende jährliche Gebühr nur 0,92 Prozent. Zum Vergleich: Die gängige A2-Tranche zieht 1,68 Prozent pro Jahr ab. Neben der X-Klasse für eine Tranche in der Originalwährung Yen ist auch die Variante in Euro mit dem Buchstaben Y „clean“.
BNY Mellon, mit 1600 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen weltweit vertreten, führt die spesenreduzierten Fonds unter der Kennung W. Zugelassen ist zum Beispiel der Anleihefonds BNY Mellon Asian Bond W (IE00BNGX4678). Der Fonds ist aber noch zu jung, um seine Qualität zu beurteilen.
Beim US-Fondshaus Capital Group, das immerhin 14.000 Milliarden Dollar verwaltet und sein Deutschlandgeschäft ausbauen will, tragen die „Sauber“-Fonds den Buchstaben Z. Ein von Morningstar mit fünf Sternen benotetes Produkt ist der Europa-Aktienfonds Capital Group European Growth and Income Z.
Goldman Sachs kennzeichnet seine Fonds ohne Bestandsprovision mit dem Buchstaben R oder RDR. Beim Anleihespezialisten Kames aus London sind die neuen Varianten mit dem Buchstaben B versehen wie etwa der weltweit anlegende Hochzinsfonds Kames High Yield Global Bond B.
Fonds sollten in Deutschland zugelassen sein
Clean-Fee-Fonds von BNP Paribas sind am Namenszusatz Privilege erkennbar. Ein Beispiel für ein Fünf-Sterne-Produkt ist der Europa-Nebenwertefonds Parvest Equity Europe Small Cap Privilege. Die Managementgebühr beläuft sich auf 1,39 Prozent gegenüber 2,23 Prozent bei den bisherigen Classic-Varianten. BNP-Paribas-Deutschlandchef Christian Petter: „Wir haben alle Privilege-Klassen zum Vertrieb zugelassen. Sobald wir sehen, dass Geld investiert wird, sorgen wir auch für die steuerliche Transparenz.“ Hintergrund: Bei nicht in Deutschland zugelassenen Fonds kann das Finanzamt Ärger machen.
Steuerlich sauber
Die hier genannten Fonds aber sind steuerlich sauber. Trotzdem können Banken sich sperren, sie zu besorgen. So könnte die Bestellung daran scheitern, dass die ISIN-Nummern noch gar nicht im System vorhanden sind. Eine stichhaltige Begründung ist das allerdings nicht, schließlich arbeiten die Institute in aller Regel mit großen Fondsvertrieben zusammen, die alle in Deutschland zugelassenen Produkte besorgen können.
Für alle Anbieter gilt: Die günstigeren Tranchen werden die teureren in den Wertentwicklungs-Vergleichen überholen und so immer mehr Anlegern auffallen. „Ausländische Anbieter, die bislang vor allem auf die heimischen Großanleger spezialisiert waren, können mit solchen Billigtranchen stärker in den deutschen Privatanleger-Markt eindringen und manches durcheinanderwirbeln“, sagt der Institutsleiter und frühere Metzler-Partner Hartmut Petersmann.
Die Deutsche Bank verkauft auch in England. Die günstigen Fonds mit der Kennzeichnung RD sind aber nicht in Deutschland zugelassen. „Wir gehen nicht mit neuen Fondsklassen in den Markt, wenn es der Vertrieb nicht verlangt“, sagt Sven Sendmeyer, Leiter Produktmanagement für Publikumsfonds der Deutschen Asset Management. Die Volksbanken-Fondsgesellschaft Union Investment beobachtet den Clean-Fee-Markt nur, ebenso das Sparkassenhaus Deka.
Günstigere Fonds sollten europaweit spätestens mit der geplanten EU-Wertpapierrichtlinie Mifid 2 Standard werden. In Deutschland war dies für Anfang 2018 geplant. Jetzt sieht es aber danach aus, als würden die ursprünglich von Brüssel gewünschten strengen Kostenregeln doch wieder aufgeweicht, auf Druck der Finanzlobby und zulasten der Anleger. Wer günstig einkaufen will, sollte also selbst aktiv werden.