IT-Sicherheit, Biotech, Katastrophen-Anleihen Diese Fonds profitieren von globalen Krisen

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Wenig Nähe zur Politik

Ins Beuteschema der Fondsmanager passen derzeit private Unternehmen, die möglichst wenig Nähe zur Politik aufweisen, verlässlich Dividenden zahlen und deren Marktanteil steigt. Das Management sollte nicht nur Vertrauen erwecken, sondern möglichst auch selbst am Unternehmen beteiligt sein.

„Die Rubel-Schwäche hilft lokalen Produzenten gegenüber der ausländischen Konkurrenz“, sagt Millendorfer. Ein Profiteur der politischen Entwicklung ist etwa das russische Agrarunternehmen Cherkizovo. Weil Putin als Reaktion auf die Sanktionen des Westens Importe von Lebensmitteln aus der EU drastisch beschnitt, steigt die Nachfrage nach Produkten von russischen Äckern. Die mehrheitlich einer Familie gehörende Cherkizovo-Gruppe hat bereits in den vergangenen drei Quartalen ihre Produktion an Fleisch und Getreide steigern können. Weil der Importstopp die Warenpreise steigen lässt, macht auch der Handelsriese Magnit, das russische Pendant zu Aldi, mehr Umsatz. Ihm trauen Fondsmanager noch weiteres Wachstum zu, weil sie daran glauben, dass Magnit den kleineren Händlern Marktanteile abjagen werde.

Stürme

Millendorfer hält zudem, wegen der hohen Dividendenrenditen von mehr als sieben Prozent, an den Vorzugsaktien der Öl- und Gasproduzenten Surgutneftegas und Tatneft fest. Sie glaubt daran, dass die Unternehmen trotz des niedrigen Ölpreises noch Geld verdienen und genug für die Dividenden übrig bleiben wird.

Odile, Dolly und Cristobal haben in diesem Herbst Fondsmanager John Seo auf Trab gehalten: verheerende Stürme mit ganz harmlosen Namen, die die Küsten Mexikos und der Bermudas entlangbrausten. Der Amerikaner mit koreanischen Wurzeln ist Fondsmanager beim US-Vermögensverwalter Fermat Capital Management und auf Katastrophen-Anleihen – kurz Cat-Bonds – spezialisiert.

Das sind Zinspapiere, die Versicherer, Rückversicherer oder Staaten ausgeben, um sich gegen hohe Schäden durch tropische Hurrikans, europäische Stürme, Erdbeben, Überschwemmungen oder Feuersbrünste abzusichern.

An die Stelle von Rückversicherern

Anleger, die diese Papiere kaufen, treten damit an die Stelle von Rückversicherern und haften für die Schäden aus versicherten Naturkatastrophen. Nehmen die überhand, fallen Zinszahlungen und im Extremfall die Rückzahlung der Anleihen aus. Dieses Risiko wird mit Zinsen vergütet, die deutlich über denen normaler Unternehmensanleihen liegen.

Durchschnittlich werfen die Papiere im von Manager Seo gelenkten GAM Star Cat Bonds-Fonds noch 4,5 Prozent Rendite ab, bei nur etwas mehr als zwei Jahren Restlaufzeit der Anleihen. Jüngst kam eine von Florida emittierte Sturm-Anleihe heraus, die ihm jährlich 7,5 Prozent Zinsen zahlt und mit sieben Prozent rentiert.

Das Rating der Anleihe entspricht der Bonitätsnote B von Standard & Poor’s, die etwa auch der französische Telekommunikations- und Netzwerkspezialist Alcatel-Lucent hat. Aber eine noch zwei Jahre laufende Anleihe der Franzosen bringt nur 2,6 Prozent Rendite.

Die Hurrikan-Saison in den USA ist bald vorbei, dann kann Seo durchatmen. Rund 60 Prozent seines Portfolios stecken in Cat-Bonds, mit denen Sturmschäden in Florida, New York, Texas und North Carolina abgedeckt werden müssten. Bleiben – wie in diesem Jahr – die großen Verwüstungen aus, können sich die Anleger mit der Bevölkerung der verschonten Regionen freuen. Sie bekommen die Zinsen und das investierte Geld zurück, wenn bis zur Fälligkeit nichts mehr passiert.

Geduld

Wegen des Hurrikans Odile stehen jetzt allerdings für Cat-Bonds-Investoren rund 50 Millionen Dollar auf dem Spiel. Mexiko hatte sein Hurrikan-Risiko in der von Odile getroffenen Region Baja California zusammen mit anderen Risiken in einem Paket verkauft. Noch berechnen Experten die genaue Schadenssumme.

Da das Mexiko-Risiko in Seos Fonds nur weniger als ein Prozent ausmacht, rechnet er nicht mit wesentlichen Einbußen bei der Performance. Insgesamt hat er rund 100 verschiedene Anleihen im Portfolio, die Risiken aus einzelnen Katastrophen werden auf diese Weise breit gestreut.

Der Renditevorsprung gegenüber anderen Anleihen macht Cat-Bonds beliebt. Da es Anleihen meist nur in Millionen-Dollar-Stückelung gibt, können Privatanleger nur über Investmentfonds in den Markt einsteigen. Die Nachfrage nach Katastrophen-Anleihen und deren Fonds ist angesichts der für andere Anlagen gebotenen Minizinsen zurzeit sehr hoch.

Die Fonds nehmen deshalb nur Gelder an, wenn es genug neue Anleihen gibt. Der GAM-Fonds hat bereits ein Volumen von einer Milliarde Dollar. Neuanleger müssen sich deshalb ebenso wie bei dem für Privatanleger vom britischen Fondshaus Schroder angebotenen Fonds auf Wartelisten eintragen.

Wer also nicht nur von Krisen, sondern auch von ausbleibenden Katastrophen profitieren will, braucht noch etwas Geduld.

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