Der Kunde bekommt nur garantiert, dass er seine eingezahlten Beiträge zurückbekommt. Das ist schön für die Versicherung. Das Risiko, ob er überhaupt etwas verdient, trägt der Kunde.
Lörper: Im Moment liegt der garantierte Zins für klassische Verträge bei 1,75 Prozent. Den Zins garantieren Lebensversicherer auf den Sparbeitrag, der nach Abzug der Kosten angelegt wird. Diese Kosten müssen wir mit unserer Kapitalanlage erst mal zurückverdienen. Bei 1,75 Prozent schaffen wir das nach 15 Jahren. Unsere Garantie ist durchaus wettbewerbsfähig.
Erst nach 15 Jahren würde ich, trotz Garantiezins, meine eingezahlten Beiträge zurückbekommen?
Lörper: Ja. In den ersten 15 Jahren der Vertragslaufzeit schneiden Kunden bei unseren neuen Produkten mit einer garantierten Rückzahlung besser ab als mit dem klassischen Garantiezins. Über einen längeren Zeitraum kann der garantierte Rückzahlungsbetrag geringer sein als das, was im klassischen Modell herauskommt.
So kommen Lebensversicherungs-Anleger durch das Zinstal
Lebensversicherer legen langfristig an: Niedrigzinsen machen sich so erst nach Jahren bemerkbar, wenn gut verzinste Bonds auslaufen und der Versicherer mehr schlecht verzinste gekauft hat
Je länger Zinsen unten bleiben, desto stärker sinkt die Überschussbeteiligung, die über den Garantiezins hinausgeht
Versicherer legen Geld nun länger an, das bringt höhere Zinsen. Doch so bleiben die Niedrigzinsen noch länger im Portfolio und schmälern die Rendite über Jahre
Fallen die Zinsen, können sich mehr Interessenten
Prüfen Sie, welchen Garantiezins Ihnen Ihr Versicherer vertraglich zugesagt hat, den muss er auf die Beiträge abzüglich Kosten mindestens zahlen – das Risiko niedrigerer Zinsen trägt dann der Versicherer. Alte Verträge mit bis zu vier Prozent Garantiezins sollte man daher in der Regel nicht kündigen
Wer seinen Vertrag vor 2005 abgeschlossen hat, hat höhere Steuervorteile als die Inhaber später unterschriebener Verträge; wer über eine Kündigung nachdenkt, sollte dies beachten
Kunden bleiben Niedrigzinsen lange erhalten: Da Versicherer langfristig anlegen, können sie schlecht verzinste Anleihen nach einer Zinswende nur sehr langsam gegen besser verzinste austauschen
Steigen die Zinsen, fallen die Anleihekurse, Kursverluste verschlechtern Ergebnisse der Lebenspolicen zumindest zeitweise
Erst nach einer sehr nachhaltigen Zinswende profitieren Versicherte wieder von dann deutlich höheren Zinskupons
Wer kündigt, riskiert hohe Verluste alleine schon deswegen, weil Versicherer nach einer Kündigung einen hohen Abschlag auf die eingezahlten Beiträge berechnen. Kosten für den Vertrieb werden in den ersten fünf Jahren abgezogen. Dieses Geld sehen Kunden nach einer Kündigung nicht wieder. Es kann sich daher lohnen, die Versicherung als langfristige Vorsorge zu sehen, die über die lange Laufzeit hohe und niedrige Zinsen ausgleicht
Je höher Garantiezins und Steuervorteile, desto sinnvoller ist es, am Altvertrag festzuhalten. Neu abschließen sollte nur, wer Kapital nominal erhalten und sich nicht mit Geldanlage beschäftigen will. Reale Verluste (nach Inflation) muss er dann hinnehmen
Vielleicht ist die Lebensversicherung nicht mehr das richtige Instrument...
Lörper: Ein derart hohes Sicherheitsniveau und eine lebenslange Rente bekommen Sie woanders nicht.
Flossbach: Ich würde es anders machen. Erstens kaufe ich eine Risikolebensversicherung, um meine Familie abzusichern. Zweitens baue ich mir ein Portfolio aus Anleihen. Ein Zehntel zehnjährige, ein Zehntel neunjährige, ein Zehntel achtjährige Anleihen und so weiter. So mache ich das, was die Lebensversicherer ohnehin tun, spare aber immense Kosten.
Lörper: Es ist aber ein Irrglaube, dass viele Menschen dazu in der Lage sind. Wer nicht gerade Volkswirt ist und Ahnung von den Märkten hat, sollte sein Geld managen lassen. Wir übernehmen das. Menschen wollen sich meist nicht damit beschäftigen.
Flossbach: Das ist ignorant.
Lörper: So würde ich das nicht sagen.
Flossbach: Viele Menschen sind finanziell gesehen ungebildet!
Lörper: So schon eher.
Was Anleger jetzt beachten sollten
Die seit Jahrzehnten fallenden Zinsen haben ihren Tiefpunkt erreicht
Die Zinswende wird, wenn überhaupt, aber nur sehr verhalten ausfallen
Weil die verschuldeten Staaten keine hohen Zinszahlungen stemmen können, werden die Notenbanken die Zinsen noch lange weit unten halten
Sehr sichere Anleihen, Tages- und Festgeld bringen weniger als die Inflationsrate, real schmilzt hier Vermögen
Solide Anleihen sind dennoch oft besser als Geld auf dem Konto, das Risiko, dass die Bank pleitegeht, fällt weg
Dividendenstarke Aktien von Weltkonzernen sind attraktiver als sichere Anleihen und auf Sicht von zehn Jahren auch nicht riskanter
Der US-Dollar wertet zum Euro auf, das spricht für US-Aktien
Die Gelddruckorgien der Notenbanken gefährden das Papierwährungssystem. Anleger sichern sich mit Gold ab
Nach dem Crash ist Gold langsam, aber sicher wieder kaufenswert für Anleger, die noch keines besitzen
Für Lebensversicherungen spricht nicht die Rendite, sondern nur noch, dass sie für Anleger bequem sind und ihnen den Kapitalerhalt garantieren
Herr Kaldemorgen, was mache ich, wenn ich keine Lebensversicherung haben will?
Kaldemorgen: Interessant sind Dividendenaktien. Historisch kann man belegen, dass fast die Hälfte des Aktienertrags aus der Ausschüttung kommt. Die hat man dann jedes Jahr sicher. Die Option auf Kursgewinne kommt dazu. Auf der Zinsseite kommt man auch gut mit Unternehmensanleihen hin, die einem je nach Qualität das Doppelte bis Dreifache von Bundesanleihen bieten.
Bosomworth: Für das Dreifache muss man aber lange suchen und in der Bonität sehr weit runtergehen.
Mayer: Es ist eine Illusion, zu glauben, man könne mit sicheren Anlagen schöne Renditen erzielen. Wenn ich nicht ins Risiko gehe und nach höheren Renditen suche, sehe ich mein Vermögen jetzt ganz langsam abschmelzen, wie einen Gletscher.
Herr Flossbach, wie hält der Vermögensverwalter den Gletscher groß?
Flossbach: Mit einem Portfolio aus Aktien solider Unternehmen und Dividendenrenditen von drei Prozent. Bei dem Portfolio muss schon extrem viel passieren, dass ich in zehn Jahren schlechter abschneide als mit Anleihen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Kurse so stark fallen, dass der Renditeunterschied, den Aktien gegenüber Anleihen haben, mehr als aufgezehrt wird.
Lörper: Warum hat dann der Dax inklusive Dividenden nach zwölf Jahren den Stand von 2001 gerade mal überschritten? Irgendwie hat das doch nicht funktioniert!