Flossbach: Sie leben zu sehr im Dax. Das liegt vielleicht daran, dass man als deutscher Versicherer sehr stark heimatbezogen ist – insofern teilen Sie das Denken und das Schicksal des deutschen Privatinvestors. Sie finden im Dax relativ wenige dieser dividendenstarken und konjunkturresistenten Aktien. Deshalb kaufen wir mehr in den USA, in der Schweiz und in England. Die Schweizer Nestlé bringt 3,4 Prozent Dividendenrendite, der Bund derzeit 1,7 Prozent Rendite. Rechnen Sie den Unterschied mal über zehn Jahre, dann brauchen Sie sich keine Sorgen machen, dass Sie mit Aktien schlechter abschneiden als mit Anleihen. Aber Sie müssen zehn Jahre durchhalten – da haben Versicherer einen Nachteil.
Kaldemorgen: Nimmt man den Dax von 1993 bis heute, liegt er inklusive Dividendenrendite ziemlich genau bei acht Prozent Rendite pro Jahr.
Mayer: Die Deutschen haben leider wenig aus ihren Ersparnissen gemacht. Der Deutsche scheut die Aktie und hat keine Immobilie. Im Gegensatz zu Italienern und Spaniern, die über Jahre ihre Immobilienvermögen real haben wachsen sehen.
Bosomworth: Das ist doch nur eine Verteilungsfrage. In jedem Land gibt es einen Immobilienbestand, weil jeder Mensch irgendwo wohnt. Irgendjemandem müssen die Immobilien gehören.
Mayer: Die Vermögensverteilung bei Immobilien ist äußerst ungleich. Und die Mehrheit an den Dax-Unternehmen gehört Ausländern. Der durchschnittliche Deutsche kriegt also nichts mit von der schönen Wertsteigerung, weil er über die Jahre falsch investiert hat.
Kaldemorgen: Na ja, schauen Sie mal, wie viel die Leute allein mit der T-Aktie verloren haben. In Deutschland ist das Aktienthema dumm gelaufen.
Lörper: Die Menschen wollen eben nicht ins Risiko gehen.
Flossbach: Aber ist das Sparbuch eine Alternative? Da werde ich nie hohe Zinsen bekommen. Sollte es da mal drei Prozent geben, wo stehen dann Bundesanleihen? Und spanische Staatsanleihen? Bei acht Prozent? Dann ist Game over!
So kommen Anleger in Hochzins-Unternehmensanleihen durch das Zinstal
Hochzinspapiere sind relativ attraktiv, da finanzstarke Emittenten nur extrem niedrige Zinsen zahlen
Gerade schwach beleumundete Schuldner sind auf steigende Preise für ihre Produkte angewiesen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Signalisieren die Niedrigzinsen gar eine Phase fallender Preise (Deflation), steigt das Pleiterisiko erheblich
Unternehmensanleihen im Rahmen der Streuung des Depots beimischen
Deutet sich eine Phase fallender Güterpreise an, sollten Anleger ihre Hochzinsanleihen verkaufen und keine Neuengagements eingehen
Bei steigenden Zinsen bieten Hochzinspapiere und Schrottbonds etwas Schutz vor sehr hohen Kursverlusten, weil sie einen relativ hohen Kupon bieten
Allerdings kommen lang laufende Papiere spätestens dann unter Druck, wenn sich neue Papiere gut beleumundeter Schuldner im Zins den Kupons alter Schrottbonds deutlich annähern
Papiere mit einer Bonität knapp unterhalb der Investitionsklasse mit einer Laufzeit bis zu rund vier Jahren sind attraktiv
Allgemeine Konjunktur- und Branchenprobleme oder individuelle Fehlgriffe des Managements bedrohen Hochzinsbonds generell
In Phasen halbwegs erträglicher Konjunktur und fallender Zinsen sind Hochzinsbonds perfekt. Diese Kombination dürfte es aber in den kommenden Jahren selten geben, wenn überhaupt
Wenn man Sie so hört, stecken Sparer ganz schön in der Klemme.
Flossbach: Genau!
Ist Geld ausgeben eine Alternative?
Kaldemorgen: Wer spart, könnte am Ende der Dumme sein. Die Zeit wird kommen, in der die Politik wieder der Umverteilung das Wort redet; von denen, die gespart haben, zu den anderen. Sparer unterliegen einer enormen Vermögensillusion, denn was sie 20 Jahre gespart haben, wird irgendwann besteuert. Das ist gefährlich.
Wenn alle ihr Geld ausgeben, wächst immerhin die Wirtschaft.
Flossbach: Das nennt man Crack-up-Boom. In Japan ist das bei Luxustaschen längst passiert. Weil der Yen zum Dollar abwertete, war klar, dass importierte Louis-Vuitton-Taschen teurer werden. Alle kauften sie, dann kam die Preiserhöhung. Langlebige Güter zu kaufen – Auto, Waschmaschine, Möbel – ist nicht so dumm.
Mayer: Wenn wir Sparer entmutigen, sie über finanzielle Repression und Steuern schröpfen, kann die Wirtschaft nicht wachsen. Ersparnis finanziert Investitionen. Wir dürfen den Sparer nicht kaputt machen.
Wie sollen vorsichtige Anleger sparen?
Mayer: Ich überlege mir, was ich später brauche. Dann baue ich mir eine Leiter aus Anleihen. In zehn Jahren muss ich meine Rente um so und so viel aufstocken, also brauche ich eben eine Anleihe, die dann ausbezahlt wird. So kann ich das bis zum Lebensende aufbauen.
Flossbach: Da müssen Sie aber auf die richtigen Schuldner setzen!
Lörper: Und woher kennen Sie Ihr Lebensende? Nur die Lebensversicherung zahlt Ihnen auf unbegrenzte Zeit Ihre Rente.
Mayer: Meine laufenden Verpflichtungen kann ich so decken. Und den Rest, von dem ich nicht weiß, wann ich ihn brauche, packe ich in Aktien. Am Anfang des Erwerbslebens hat man relativ viele Aktien. Später werden es weniger.