Herr Lörper, Lebensversicherer brauchen höhere Zinsen, um die den Kunden garantierten Zinsen zu schaffen. Was tun Sie?
Lörper: Wir wollen nicht wetten. Aktuell warten wir ein bisschen, aber das darf ein Lebensversicherer nicht übertreiben. Ich kannte einen Kapitalanleger einer kleinen Gesellschaft, der war irgendwann mit einem Viertel seines Portfolios in Tagesgeld. Als die Zinsen nicht wie erwartet stiegen, hat ihn das hart getroffen.
Und langfristig bereiten Sie sich auf weiter niedrige Zinsen vor?
Lörper: Uns bleibt gar nichts anderes übrig. Deshalb haben Lebensversicherer zuletzt immer längerfristiger investiert, um höhere Zinskupons zu vereinnahmen.
So kommen Tagesgeld-Anleger durch das Zinstal
Sparer bekommen nur mickrige Zinsen, die bestenfalls die Inflation ausgleichen
Deutlich besser verzinste Angebote gibt es nur bei höherem Risiko, etwa von Banken mit exotischer Einlagensicherung
Allenfalls Angebote von Banken, die ihr Privatkundengeschäft ausbauen wollen, bieten noch einen kleinen Zinsaufschlag
Wer Geld auf der hohen Kante hat, kann langfristige Sparbriefe wählen, die noch über zwei Prozent Zins pro Jahr abwerfen
Keinesfalls auf windige Zinsangebote mit unberechenbarem Risiko reinfallen (Genussscheine, geschlossene Fonds)
Von der BaFin genehmigte Spareinrichtungen von Bau- und Wohngenossenschaften bieten noch gute Zinsen
Der Zinsrückgang wird gestoppt, Tages- und Festgeld bringen wieder mehr Ertrag
Wie bei Anleihen sind Sparer mit lang laufenden, niedrig verzinsten Sparverträgen gekniffen. Zwar sehen sie, anders als bei börsennotierten Anleihen, den Wertverlust nicht direkt. Aber im Vergleich zu den jetzt möglichen höher verzinsten Geldanlagen sind ihre Altverträge unattraktiv
Lang laufende Verträge meiden
Geld auf Tagesgeldkonten bunkern, deren Zins langsam mitsteigt. Erst wenn der Zinsanstieg abflaut, sind auch langfristige Zinsangebote wieder interessant
Niedrigzinsen sind für Sparer eine Zwickmühle. Die Devise der Stunde heißt: Kapitalerhalt. Mehr ist mit Spareinlagen nicht drin. Erst bei steigenden Zinsen hätten Sparer wieder mehr Optionen
Warum haben die Börsen so viel Angst vor dem Ende der globalen Gelddruckerei?
Kaldemorgen: Sie haben von der expansiven Geldpolitik lange sehr gut gelebt. Die Börsen hatten zwischenzeitlich korrigiert, weil Fed-Chef Ben Bernanke zugegeben hatte, dass der Kaiser keine Kleider mehr anhat und die Geldschöpfung irgendwann zu Ende sein muss. Auf der Anleiheseite haben Investoren daher vorsichtshalber ihre Positionen reduziert...
...aus Angst vor Verlusten, die bei steigenden Zinsen drohen.
Kaldemorgen: Ja, bei Anleihen ist das ein Automatismus. Aktienanleger aber sollten genau hinsehen, wie sich das Wachstum entwickelt. Gesunde Unternehmen können steigende Zinsen durch Einsparungen bei anderen Positionen und steigende Gewinne überkompensieren. In vielen Ländern treibt der Konsum das Wachstum, und der ist weniger zinsabhängig als die Nachfrage nach Investitionsgütern.
So kommen Aktien-Anleger durch das Zinstal
Niedrige Zinsen machen Aktien attraktiv im Vergleich zu anderen Anlageformen, besonders Staatsanleihen
Vor allem Aktien mit attraktiven Dividendenrenditen profitierten in den letzten Jahren von der Zinsdürre, da kapitalkräftige Großanleger wie Pensionsfonds sie gerne kaufen
Der Kapitalmarkt billigt Aktien höhere Bewertungen zu
Wer Geld längerfristig anlegen kann, sollte einen Teil davon weiterhin in Aktien stecken, je nach Risikoneigung etwa 20 bis 40 Prozent seines Geldes
Zuletzt reagierte die Börse immer weniger auf neue Zinssenkungen durch die Notenbanken; die Notenbank-Munition für die Börse bleibt zwar erhalten, nutzt sich aber in ihrer Wirkung offensichtlich ab. Wer bis jetzt überhaupt nicht in Aktien war, sollte daher nicht auf einen Schlag sehr viele Papiere kaufen
Ideal für Aktien sind die Bedingungen der letzten vier Jahre: niedrige Zinsen, viel Notenbank-Geld und leichte Inflation
Steigende Zinsen bedeuten, dass Kredite und Investitionen teurer werden
Bisher ging noch jedem Crash eine Zinswende voraus. Daher reagiert die Börse sensibel auf die Andeutungen der US-Notenbank von Mitte Juni, 2014 die Gelddruckprogramme zurückzufahren und die Zinsen anzuheben
Dividendenstarke Aktien großer Konzerne haben am meisten von den Niedrigzinsen profitiert; Großanleger kauften sie teils als Ersatz für Zinspapiere. Sie dürften es auch sein, die bei strafferer Geldpolitik am stärksten leiden, zumal sie schon sehr teuer sind
Anleger sollten Aktien generell zunächst meiden, wenn sich stärkere Zinserhöhungen andeuten; Aktien verlieren im Vergleich zu Zinspapieren heftiger
Langfristig führt an einem breit gestreuten Depot kein Weg vorbei, dazu gehören auch Aktien. Doch die Geldpolitik war nun schon sehr lange ideal – besser kann es kaum werden
Mayer: Die Märkte haben die Kreditvergabe in den USA und China als Konstante genommen. Jetzt stellen zwei der größten Gelddrucker diese Politik infrage. Natürlich fängt es dann an, zu rumpeln. Neu ist, dass die Chinesen die Ideen der österreichischen Schule der Nationalökonomie aufnehmen und sagen: Eine künstliche Kreditstimulierung führt in den Crash.
Dafür druckt Japan umso kräftiger.
Bosomworth: Dort sehen wir ein Experiment in Echtzeit.
Flossbach: Die japanische Notenbank druckt Yen im Wert von knapp 60 Milliarden Euro pro Monat. Das wäre so, wie wenn die EZB pro Jahr Anleihen für 400 Milliarden Euro aufkaufen würde. Unvorstellbar! Japan hat bereits eine Verschuldungsquote von 248 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – für das Land wird die Zinslast bei 2,0 bis 2,5 Prozent Rendite der Staatsanleihen unfinanzierbar. Ein Vertrauter der japanischen Regierung hat mir versichert, dass Japan die Renditen von Staatsanleihen künftig stabil unter einem Prozent halten will. Schaffen die das nicht, muss die Zentralbank noch mehr aufkaufen, um zu verhindern, dass die Anleiherenditen in Richtung des Todeszonen-Niveaus von 2,5 Prozent steigen. Das süße Gift der niedrigen Zinsen und des billigen Geldes hat nicht nur Aktien-Investoren abhängig gemacht...
...Sparer könnten gut darauf verzichten...
Flossbach: ...ja, aber die verschuldeten Staaten nicht. Die Verschuldung in Japan ist schon heute nicht mehr zurückzuführen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Sache außer Kontrolle gerät – wie bei einem Spiel mit dem Chemiebaukasten.
Was bedeutet das für die Welt?
Flossbach: Crasht Japan, wertet der Yen massiv ab. Japanische Produkte werden dann im Ausland noch viel billiger.
Kaldemorgen: Aber von diesem Crash sind wir noch weit entfernt.
Mayer: In Japan gäbe es einen Sprung der Inflationsrate. Oder Schuldenschnitt.