Kaldemorgen, Flossbach und Co "Gold macht heute mehr Sinn denn je"

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Wachstum beobachten

Die Teilnehmer des Roundtable
Thomas Mayer Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Andrew Bosomworth Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Klaus Kaldemorgen Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Johannes Lörper Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche
Bert Flossbach Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Herr Lörper, Lebensversicherer brauchen höhere Zinsen, um die den Kunden garantierten Zinsen zu schaffen. Was tun Sie?

Lörper: Wir wollen nicht wetten. Aktuell warten wir ein bisschen, aber das darf ein Lebensversicherer nicht übertreiben. Ich kannte einen Kapitalanleger einer kleinen Gesellschaft, der war irgendwann mit einem Viertel seines Portfolios in Tagesgeld. Als die Zinsen nicht wie erwartet stiegen, hat ihn das hart getroffen.

Und langfristig bereiten Sie sich auf weiter niedrige Zinsen vor?

Lörper: Uns bleibt gar nichts anderes übrig. Deshalb haben Lebensversicherer zuletzt immer längerfristiger investiert, um höhere Zinskupons zu vereinnahmen.

So kommen Tagesgeld-Anleger durch das Zinstal

Warum haben die Börsen so viel Angst vor dem Ende der globalen Gelddruckerei?

Kaldemorgen: Sie haben von der expansiven Geldpolitik lange sehr gut gelebt. Die Börsen hatten zwischenzeitlich korrigiert, weil Fed-Chef Ben Bernanke zugegeben hatte, dass der Kaiser keine Kleider mehr anhat und die Geldschöpfung irgendwann zu Ende sein muss. Auf der Anleiheseite haben Investoren daher vorsichtshalber ihre Positionen reduziert...

...aus Angst vor Verlusten, die bei steigenden Zinsen drohen.

Kaldemorgen: Ja, bei Anleihen ist das ein Automatismus. Aktienanleger aber sollten genau hinsehen, wie sich das Wachstum entwickelt. Gesunde Unternehmen können steigende Zinsen durch Einsparungen bei anderen Positionen und steigende Gewinne überkompensieren. In vielen Ländern treibt der Konsum das Wachstum, und der ist weniger zinsabhängig als die Nachfrage nach Investitionsgütern.

So kommen Aktien-Anleger durch das Zinstal

Mayer: Die Märkte haben die Kreditvergabe in den USA und China als Konstante genommen. Jetzt stellen zwei der größten Gelddrucker diese Politik infrage. Natürlich fängt es dann an, zu rumpeln. Neu ist, dass die Chinesen die Ideen der österreichischen Schule der Nationalökonomie aufnehmen und sagen: Eine künstliche Kreditstimulierung führt in den Crash.

Dafür druckt Japan umso kräftiger.

Bosomworth: Dort sehen wir ein Experiment in Echtzeit.

Flossbach: Die japanische Notenbank druckt Yen im Wert von knapp 60 Milliarden Euro pro Monat. Das wäre so, wie wenn die EZB pro Jahr Anleihen für 400 Milliarden Euro aufkaufen würde. Unvorstellbar! Japan hat bereits eine Verschuldungsquote von 248 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – für das Land wird die Zinslast bei 2,0 bis 2,5 Prozent Rendite der Staatsanleihen unfinanzierbar. Ein Vertrauter der japanischen Regierung hat mir versichert, dass Japan die Renditen von Staatsanleihen künftig stabil unter einem Prozent halten will. Schaffen die das nicht, muss die Zentralbank noch mehr aufkaufen, um zu verhindern, dass die Anleiherenditen in Richtung des Todeszonen-Niveaus von 2,5 Prozent steigen. Das süße Gift der niedrigen Zinsen und des billigen Geldes hat nicht nur Aktien-Investoren abhängig gemacht...

...Sparer könnten gut darauf verzichten...

Flossbach: ...ja, aber die verschuldeten Staaten nicht. Die Verschuldung in Japan ist schon heute nicht mehr zurückzuführen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Sache außer Kontrolle gerät – wie bei einem Spiel mit dem Chemiebaukasten.

Was bedeutet das für die Welt?

Flossbach: Crasht Japan, wertet der Yen massiv ab. Japanische Produkte werden dann im Ausland noch viel billiger.

Kaldemorgen: Aber von diesem Crash sind wir noch weit entfernt.

Mayer: In Japan gäbe es einen Sprung der Inflationsrate. Oder Schuldenschnitt.

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