Kontogebühren Der Kampf ums Girokonto

Immer mehr Banken erhöhen die Gebühren für Girokonten und Kreditkarten, das Gratis-Konto stirbt langsam aus. Die Kunden reagieren - und davon profitieren vor allem Direktbanken.

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Welche Länder welche Kontogebühren kassieren
EZB Quelle: dpa
frankreich, negativzins Quelle: REUTERS
dänemark, negativzins Quelle: dpa
Italien, negativzins Quelle: dpa
Großbritannien, Negativzins Quelle: dpa
Schweiz, Negativzins Quelle: dpa
Spanien, Negativzinsen Quelle: REUTERS

Die Postbank hat eine neue „Kontowelt“. So bezeichnet die Bank ihr neues Gebührenmodell. Der illustre Begriff täuscht allerdings etwas über den Kern der neuen Welt hinweg: Die Bank hat sich von ihrem Gratis-Konto verabschiedet. Das „Giro plus“ kostet ab November 3,90 Euro pro Monat. Ein kostenloses Konto bietet das Geldhaus dann nur noch für Kunden unter 22 Jahren – oder für solche, die jeden Monat mindestens 3000 Euro Geldeingang auf dem Konto vorweisen können.

„Das Marktumfeld mit insbesondere dem Niedrigzinsniveau macht es uns immer schwerer, mit dem Girokonto Geld zu verdienen“, sagt Postbank-Vorstand Susanne Klöß. Mit der neuen Kontowelt habe man aber eine gute Balance zwischen Kunden- und Aktionärsinteressen geschaffen.

In dieser Woche informiert die Postbank ihre rund 5,3 Millionen Girokunden per Post über die neue Preispolitik. Die Kunden haben mehrere Möglichkeiten: Sie können den neuen Preis entweder akzeptieren, ein anderes Postbankkonto auswählen oder eben die Bank wechseln. Und das machen in Deutschland immer mehr Bankkunden.

Die Postbank ist längst nicht das einzige Geldinstitut, das an der Gebührenschraube dreht. Viele andere Banken und Sparkassen erhöhen ihre Gebühren für Girokonten, Kreditkarten oder andere Bankleistungen. Die Kunden lassen sich das offenbar nicht gefallen und weichen aus.

Man sehe ein „starkes Wachstum“ bei neuen Girokonten, erklärte die ING Diba auf Anfrage der WirtschaftsWoche. An einzelnen Tagen hätten fast 2000 neue Kunden ein Girokonto bei der Direktbank abgeschlossen. Insgesamt seien deutlich mehr Konten eröffnet worden als in den Vorjahren. Allein von Januar bis August wurden fast 200.000 neue Kunden gewonnen, so die ING Diba.

Ähnlich sieht es bei der Deutschen Kreditbank (DKB) aus, die genau wie die ING Diba weiterhin ein kostenloses Girokonto anbietet. Es habe in den vergangenen Wochen einen Anstieg bei den Neuabschlüssen gegeben, teilt die Direktbank auf Anfrage mit. Die comdirect registrierte ebenfalls mehr Anfragen.

Erwartet wird, dass die Postbank im Zuge der Gebührenerhöhung viele Kunden wird ziehen lassen müssen. Zu den genauen Reaktionen ihrer Kunden wollte sich die Bank so kurz nach Bekanntwerden der Preiserhöhung noch nicht äußern.

ING Diba, DKB und comdirect erklärten dagegen, das kostenlose Konto bis auf Weiteres weiter anbieten zu wollen. Ähnliches ist von der Commerzbank zu hören, die als eine der wenigen Filialbanken am kostenlosen Konto festhält.

Im Sparkassenlager sind Konten zum Nulltarif mittlerweile Exoten. Die Kreissparkasse Wiedenbrück aus Nordrhein-Westfalen leistet sich das schon seit 1947. Sie hat aber auch weniger Mitarbeiter und weniger Filialen als die meisten anderen Sparkassen.

Verbandspräsident Georg Fahrenschon erklärte schon vor längerem, die Zeit des kostenlosen Girokontos sei vorbei. „Das wird aussterben“, heißt es auch von Christian Sewing, dem Privatkundenvorstand der Deutschen Bank. Schuld ist, da sind sich die Bankmanager einig, die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie raubt den Banken ihre Erträge. Einlagen, die die Institute nicht in Form von Krediten oder weitergeben, müssen sie bei der EZB anlegen und zahlen darauf einen Strafzins von 0,4 Prozent.

Einmal Konto - immer Konto?

Früher war das anders, da die Banken die Einlagen ihrer Kunden anlegen konnten und so gute Erträge generiert haben. Das ging nur solange die Zinsen hoch waren. Zudem wurden Gratis-Konten quersubventioniert. Eine Finanzierungsquelle sind beispielsweise hohe Dispozinsen, die Kunden zahlen müssen, wenn sie ihr Konto für eine gewisse Zeit überziehen. Das gilt insbesondere für Filialbanken und Sparkassen, die vergleichsweise hohe Dispo- und Überziehungszinsen von über zehn Prozent verlangen. Günstiger ist das Überziehen des Kontos oft bei Direktbanken, die DKB verlangt aktuell 6,9 Prozent Zinsen, bei der ING Diba sind es 6,99 Prozent.

Wo die zufriedensten Bankkunden leben
Santander Quelle: REUTERS
Platz 31: Vereinigte Arabische Emirate Überaus unzufrieden scheinen auch die Bankkunden der Vereinigten Arabischen Emirate zu sein. Im Ranking belegen diese mit 66,6 Punkten, wie auch schon 2015, den vorletzten Platz. Quelle: dpa
Platz 30: MexikoFür das Ranking wurden 16.000 Kunden aus 32 Ländern befragt. Neben diesen Ergebnissen basiert der Report auf qualitativen Daten aus ausführlichen Interviews mit Bankmanagern. Mexiko liegt ebenfalls auf einem der hinteren Plätze. Quelle: REUTERS
Platz 29: JapanBei der Befragung des Vorjahres hielten die japanischen Banken die rote Laterne. 2016 sind die Kunden etwas gnädiger. Rund acht Punkte machen die Japaner gut und rücken damit auf Platz 29. Quelle: REUTERS
Platz 28: ArgentinienDrei Plätze runter geht's für die argentinischen Banken: auf Rang 28. Quelle: REUTERS
Platz 5: SchweizDie Schweizer Banken können im Jahr 2016 die amerikanischen Banken vom fünften Platz verdrängen. Mit 80 Punkten machen sie 6,3 Punkte gut. Quelle: REUTERS
Platz 4: GroßbritannienEin Zuwachs um 0,2 Punkte reicht für Großbritanniens Banken aus, um sich vor die Schweiz auf den vierten Platz zu positionieren. Quelle: REUTERS

Das Vergleichsportal Check24.de hat ermittelt, dass die Zinsen für den Dispo bundesweit im Schnitt bei 9,91 Prozent liegen. Verbraucherschützer kritisieren weiterhin, viele Banken würden ungerechtfertigt hohe Dispozinsen verlangen. Zudem sei deren Ermittlung für Verbraucher oft nicht transparent. Check24.de rät deshalb dazu, den teuren Dispo lieber durch einen Ratenkredit abzulösen. Damit, so das Kreditvergleichsportal, ließen sich mehrere hundert Euro sparen.

Deutsche werden wechselwillig

Früher hatten Banken in punkto Girokonten leichtes Spiel. Die meisten Eltern gehen mit ihrem Nachwuchs zur Hausbank und dort eröffnet der Bankberater des Vertrauens das nächste Konto. Und solange kein Umzug oder dergleichen dagegen spricht, behält der Nachwuchs das dann auch. Aus dem Jugendkonto wird das Gehaltskonto und ein paar Jahre später werden die eigenen Kinder auch in die Filiale geführt.

Beim Schnellvergleich werden Musterkunden verwendet. Bei der eigentlichen Auswertung erfolgt die Berechnung nach der persönlichen Gepflogenheit der Kontonutzung - mit Geldautomatennutzung und Geldeingang.

Diese ‚Einmal Konto – immer Konto‘-Idylle verändert sich langsam. „Die Bereitschaft, für ein anderes Girokonto die Bank zu wechseln, ist in Deutschland deutlich gestiegen“, sagt Annabel Oelmann, Finanzexpertin und Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. Aufgrund der Gebührendiskussion sei das Thema in der Bevölkerung angekommen.

Oelmann rät aber nicht pauschal zum Wechsel. Vielmehr sollten sich Verbraucher die Frage stellen, welche Anforderungen eine Bank für sie erfüllen muss. Brauche ich eine Filiale für Beratungsleistungen und einen persönlichen Ansprechpartner? Erledige ich meine Bankgeschäfte sowieso per Laptop auf dem Sofa? Auch ein Wechsel des Kontomodells kommt in Frage. „Sparer müssen sich fragen, ob sie das richtige Konto haben“, sagt Verbraucherschützerin Oelmann. Teilweise mache beispielsweise der Wechsel zu einem günstigeren Filialkonto Sinn, welches in der Regel weniger Inklusiv-Leistungen bietet.

Dabei müssen Verbraucher allerdings auf versteckte Gebühren achten. Viele Banken haben zuletzt nicht nur die Gebühren fürs Girokonto erhöht, sondern auf diversen Feldern versucht, an Einnahmen zu gelangen. Die Sparda-Bank West etwa hat Anfang des Jahres als eine der ersten Banken eine Gebühr für EC-Karten eingeführt. Pro Jahr zahlen Kunden dafür nun zehn Euro. Verbraucherzentralen prüfen bereits in einigen Fällen, ob die Gebühren, welche Banken findig erheben, rechtens sind.

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