Kreditwahnsinn Wie ich 1000 Euro gewann - und (fast) nicht bekam

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"Bewusste Provokation"

Nein. Check24 wollte den Kredit bezuschussen, sodass ich faktisch pro Monat nur 81,04 Euro zahlen müsste, in Summe 972,48 Euro. Bei monatlicher Zahlung ein Jahr lang entsprach das exakt dem angepriesenen Negativzins von -5%. Nachdem ich mich in einem Videochat mit dem Dienstleister IDnow noch freigeschaltet hatte, war Dienstagabend eigentlich alles erledigt. Meine erste Lektion: Ein Kredit, der sich "Sofort-Auszahlungs-Angebot" nennt, braucht dennoch etwas Zeit.

Doch wer braucht einen Kredit mit -5 Prozent, wenn er einen mit -100 Prozent bekommen kann. Und, ja, einen solchen sollte es tatsächlich geben. Am Dienstagmittag machte das Vergleichsportal Finanzcheck plötzlich ein solches Angebot. Den Kredit bei Check24 hatte ich da gerade beantragt. Die Mail von Finanzcheck leitete mir ein Kollege weiter, der von meinem Selbstversuch wusste. "Was für Pappnasen", kommentierte er. Doch ich las neugierig.

Moritz Thiele, Gründer und Chef von Finanzcheck, nannte das Angebot eine "bewusste Provokation". Er wollte zeigen, dass dieser Preiskampf nicht nachhaltig sei. "Natürlich arbeiten wir jeden Tag an Transparenz und günstigsten Zinsen für unsere Kunden, aber am Ende sollte jedem klar sein, dass Geld zu verschenken keine langfristige Lösung für ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen darstellt." Es gehört schon eine gewisse Dialektik dazu, dann genau das zu tun. Den ersten 100 Kunden, die Dienstag von 13 Uhr an, einen 1000 Euro Kredit auf 12 Monate bei Finanzcheck beantragen würden, wollte er die 1000 Euro schenken. Kreditgeber sollte hier das Finanzportal Fidor sein.

Ich war mir nicht ganz sicher, ob dieser PR-Coup ernst gemeint war. Aber wo ich meine Daten eh schon offengelegt hatte, konnte ich das auch noch ein zweites Mal machen. Also stellte ich bei Finanzcheck einen weiteren Kreditantrag. Das Verfahren kannte ich nun schon. Als die Angebote angezeigt wurden und danach noch per Mail kamen, war ich enttäuscht.

Das günstigste Angebot stammte zwar tatsächlich von der Fidor-Bank, hatte aber einen Zins von 0 Prozent. Günstig, zugegeben. Aber eben weit von -100 Prozent entfernt. Da ich ja eigentlich gar keinen Kredit brauchte, war ich daran nicht interessiert. Doch, plötzlich, 40 Minuten später trudelte eine neue Mail von Finanzcheck in meinem Postfach ein. "Herzlichen Glückwunsch", war dort zu lesen. "Sie sind einer der glücklichen ersten 100 Kunden, bei denen Finanzcheck aufgrund unserer begrenzten Sonderaktion vom 27. Februar 2018 für den genannten Kredit die Rückzahlung übernimmt." Ich sollte den Kredit erst beantragen, Finanzcheck würde dann mit einer Soforttilgung den Kredit wieder abzahlen. Eigentlich hätten sie mir die 1000 Euro dann auch direkt - ohne den Umweg über den Fidor-Kredit - überweisen können. Aber dann hätten sie ja nicht mit -100 Prozent Kreditzins werben können. Logisch.

Nun denn: Ich klickte im pdf-Dokument mit dem Kreditangebot der Fidor-Bank auf einen Button, der mich zur Fidor-Website führte. Dort sollte ich mich registrieren und bestätigen, dass ich die AGB und Datenschutzbestimmungen gelesen haben. Weiter. Nun jedoch landete ich auf einer kryptischen Fehlerseite: "We are sorry, but something went wrong." Egal auf welchem Computer, Tablet oder Smartphone, egal mit welchem Browser - die Fehlermeldung war immer die gleiche. So leicht sollte mein Traum von den geschenkten 1000 Euro aber nicht platzen, sagte ich mir. Diesmal würde ich nicht als tragischer Gewinner enden. Nicht schon wieder.

Noch Dienstagabend schrieb ich sowohl Finanzcheck als auch Fidor an und berichtete von meinen Problemen. Vorerst keine Reaktion. Klar, die wurden wohl angesichts der Werbemasche von Interessenten überrannt. Als ich bei Fidor endlich eine Kontakt-Telefonnummer für Privatkunden erfahren hatte (auf der Website wird diese schlicht nicht genannt und nur auf Fax und E-Mail verwiesen), hing ich in der Warteschleife. Mittlerweile hatte ich mich einfach unabhängig vom Kreditangebot bei Fidor registriert, war dort aber noch nicht komplett für die Nutzung freigeschaltet worden. Nach etwa einer halben Stunde Wartezeit meldete sich endlich ein Fidor-Mitarbeiter. Er sah sich mein Onlinekonto bei Fidor an. Dieses müsse jetzt nur noch freigeschaltet werden.

Doch dann folgte eine schlechte Nachricht: Er sei sich nicht sicher, ob es möglich sei, mein Kreditangebot mit diesem Konto zu verknüpfen, wenn ich nicht direkt über die Registrierung aus dem Kredit-pdf-Angebot gekommen sei. Dass der Button dort zu einer Fehlermeldung führte, konnte er sich auch nicht erklären. Ich solle mich am besten bei Finanzcheck melden und von meinen Problemen berichten. Auf die Idee war ich auch schon gekommen...

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