Kryptowährungen Facebooks Libra schickt Bitcoin auf Höhenflug

m Windschatten des Bitcoin-Höhenflugs legten auch andere Kryptowährungen wie Ether oder Bitcoin Cash weiter zu. Quelle: dpa

Beim Bitcoin wiederholt sich ein bereits beobachtetes Phänomen: Der Wert der Kryptowährung steigt in kurzer Zeit rasant. Was damals folgte, war der Absturz. Derweil herrscht Sorge bei Notenbanken wegen Facebooks Libra.

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Die Kryptowährungen haben ein heißes Wochenendrennen hinter sich. Getrieben von den Facebook-Plänen einer eigenen Digitalwährung setzen die meisten Kryptowährungen ihre jüngste Rally fort. Der Bitcoin, die älteste und bekannteste Digitalwährung, übersprang am Samstag erstmals seit März 2018 wieder die Marke von 11.000 US-Dollar. Erst wenige Stunden zuvor war der Preis über 10.000 Dollar gestiegen, später ging er wieder zurück. Am Sonntag pendelte der Bitcoin-Kurs um etwa 10.600 Dollar.

Einige Experten warnen nach dem jüngsten Höhenflug allerdings vor den zunehmenden Gefahren eines Kursabsturzes. Die Deutsche Bundesbank sieht Risiken in einer digitalen Währung, wie sie das soziale Netzwerk Facebook sie mit dem Libra einführen will.

In einem Marktkommentar zu Bitcoin schrieb Timo Emden vom Analysehaus Emden Research: „Angesichts einer derart dynamischen Rückeroberung des fünfstelligen Preisniveaus, dürfte der Krypto-Taler nicht nur Spekulanten anlocken, sondern zusehends auch institutionelle Adressen auf den Plan rufen.“ Ein nicht unbedeutender Teil der Anleger habe „schlichtweg Angst, etwas zu verpassen. Die Hausse nährt die Hausse.“ Emden warnte vor übertriebener Euphorie, viele Anleger blendeten derzeit die Risiken aus. „Die Kursrally scheint die Sinne zu vernebeln. Die aktuellen Preisfantasien der Marktteilnehmer sorgen für hohe Volatilität am Markt. Gewinnmitnahmen und daraus resultierende kräftige Rücksetzer sind jederzeit möglich.“

Im Windschatten des Bitcoin-Höhenflugs legten auch andere Kryptowährungen wie Ether oder Bitcoin Cash weiter zu. Der Gesamtwert aller rund 2270 Kryptowährungen betrug zuletzt rund 330 Milliarden Dollar und damit zirka zehn Prozent mehr als am Freitagabend. Das ist zudem etwa dreimal so viel wie Mitte Dezember 2018, aber immer noch fast eine halbe Billion Dollar weniger als zu Spitzenzeiten Ende 2017. „Das Mainstream-Interesse an Kryptowährungen ist derzeit riesig“, so Emden.

Die Situation erinnere ein wenig an den Sommer und Herbst 2017 als der Bitcoin eine Tausender-Marke nach der nächsten übersprungen hatte und innerhalb weniger Monate von 2000 bis auf 20.000 Dollar stieg. „Anleger haben derzeit ein Déjà-vu-Erlebnis. Es scheint, als würde sich die Geschichte wiederholen“, sagte Emden. „Nach dem Sprung über 10.000 Dollar fließt nun das 'große Geld' in den Markt, welches den Kurs schnell in noch höhere Dimensionen hieven könnte. Auf der Gegenseite drohen nun spektakuläre Abstürze.“

Der Bitcoin profitiert zusammen mit anderen Kryptowährungen vor allem vom zunehmenden Interesse großer Investoren und Unternehmen an Digitalwährungen. Hinzu kommt das große Potenzial, das gegenwärtig in der der von Facebook für kommendes Jahr geplanten Kryptowährung namens Libra gesehen wird. Die Unterschiede von Bitcoin und Libra sind allerdings groß. Die Analysten der BayernLB etwa sind der Ansicht, dass Libra im Grunde keine neue Kryptowährung ist, sondern einem Zahlungssystem wie Paypal näher kommt.

Die Bundesbank zeigte sich wegen Libra besorgt. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte auf einer Veranstaltung in Eltville vor den Risiken solcher Cyberdevisen. Auch er hält letztendlich eine Form der weltweiten Regulierung für erforderlich. „Wir sollten verhindern, dass im Geldsystem der Wilde Westen zurückkehrt“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Es sei eine Errungenschaft, dass unabhängige Notenbanken für stabiles und sicheres Geld sorgten. „Dieses System, das großes Vertrauen genießt, müssen wir bewahren. Daher sollten wir ganz besonders auf die Risiken schauen. Zum Beispiel dürfen solche Plattformen nicht ein neuer Marktplatz werden, um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu tätigen“, sagte Wuermeling. Die Finanzminister der G7-Staaten und die Notenbanker müssten sich schnell auf einen Weg verständigen, um solchen Risiken vorzubeugen.

Auch andere Notenbanken zeigten sich zuletzt alarmiert. Die Bank von England, die Fed, alle großen Zentralbanken und Aufseher müssten dieses Projekt des sozialen Netzwerks kontrollieren, sagte der Chef der Bank von England, Mark Carney, am Freitag dem Sender BBC. „Es muss sicher sein, oder es wird nicht passieren.“ Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau, sagte auf einer Veranstaltung, es sei im Interesse aller, dass Offenheit gegenüber Innovationen auch mit Entschlossenheit bei der Regulierung einhergehe. Die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten habe eine Arbeitsgruppe zu dem Thema eingesetzt. Die Projektgruppe, in der Zentralbanken-Vertreter sitzen sollen, werde von EZB-Direktor Benoit Coeure geleitet.

Facebook hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die eigene Cyberdevise mit dem Namen Libra in der ersten Hälfte 2020 an den Start bringen zu wollen und damit in den weltweiten Zahlungsverkehr einzusteigen. Facebook wird jeden Tag von etwa ein bis zwei Milliarden Menschen genutzt. Libra soll es allen Nutzern des Netzwerks ermöglichen, untereinander Geld zu versenden und Waren von Unternehmen zu erwerben – für Facebook ein gewaltiger Schub. Branchenkenner halten es für nicht ausgeschlossen, dass Facebook damit das traditionelle Finanzsystem auf den Kopf stellen könnte. Libra soll ein sogenannter stablecoin sein. Solche Digitalwährungen sollen durch Koppelung an staatliche Währungen weniger anfällig für Preisschwankungen sein als bestehende Cyber-Devisen wie etwa Bitcoin. Daher könnten stablecoins auch als Zahlungsmittel große Verbreitung finden und somit traditionellem Geld Konkurrenz machen.

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