Wenn es nach dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire geht, dann wird dem „wilden Westen der Kryptowährungen“ nun ein Ende gesetzt. Am späten Donnerstagabend haben sich die Parlamentarier der Europäischen Union auf eine einheitliche Regulierung von Kryptowerten geeinigt. „Europa ist der erste Kontinent mit einer Krypto-Asset-Regulierung“, schreibt der CDU-Abgeordnete Stefan Berger auf Twitter.
Jahrelang haben EU-Politiker über eine Regulierung des Kryptosektors gestritten. In einer vorläufigen Einigung der als MiCA (Markets in Crypto Assets) bezeichneten Richtlinie haben sich Parlament, Rat und Kommission nun geeinigt. Die Branche hatte die Entwicklungen kritisch verfolgt.
Im März hatte die Debatte über ein Verbot von Kryptowährungen, die auf dem Proof-of-Work-Ansatz beruhen, für Unmut gesorgt. De facto hätte das in Europa das Aus für den Bitcoin bedeutet. Proof-of-Work-Konsensmechanismen verbrauchen viel Energie und gelten daher als umweltschädlich. Von den Verbotsplänen rückte die Politik jedoch ab.
In einer Pressemitteilung vom Europäischen Rat heißt es, im Fokus stünde der Schutz der Verbraucher. Die neuen Regeln sollen voraussichtlich Ende 2023 in Kraft treten. Diese Punkte beinhaltet die neue Regulierung:
1. Strengere Kontrolle von Stablecoins
Emittenten von Stablecoins müssen nachweisen können, dass sie ausreichend Reserven für die ausgegebenen Tokens hinterlegt haben. Stablecoins sollen eins zu eins mit einem anderen Vermögenswert wie dem Dollar besichert sein. Ein Token ist demnach immer einen Dollar wert. Anbieter von Stablecoins sollen künftig von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beaufsichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für Emittenten mit europäischem Firmensitz.
Wie problematisch Stablecoins sein können, zeigte sich vor fast zwei Monaten: Mitte Mai verlor der Stablecoin TerraUSD seine Bindung an den Dollar. Das war einer der Gründe für den Crash am Kryptomarkt.
Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt
Der Fokus am Kryptomarkt liegt klar auf dem Bitcoin. Unter Altcoins versteht man Kryptowährungen, die nach der ältesten Digitalwährung erfunden wurden und eine Alternative zum Bitcoin darstellen. Beispiele dafür sind Ethereum, Cardano oder Solana.
Der Bitcoin ist nicht nur die dem Volumen nach größte, sondern auch die älteste Kryptowährung der Welt. Schon im Oktober 2008 skizzierte Satoshi Nakamoto, das Pseudonym des Bitcoin-Erfinders, in einem Whitepaper mit dem Titel „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, wie so eine virtuelle Währung aussehen könnte. Kurz darauf, im Januar 2009, wurden die ersten Bitcoin geschürft. Weil Nakamoto unter einem Pseudonym agierte, ist bis heute unklar, wer genau den Bitcoin ins Leben gerufen hat.
Transaktionen von Kryptowährungen werden auf der Blockchain dokumentiert. Die Blockchain ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank. Die Informationen werden nicht auf einem einzelnen Server, sondern auf vielen tausenden Rechnern gespeichert. „Chain“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Kette“.
Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert und an eine Kette der bereits vorhandenen Datensätze angehängt. Deshalb wird die Blockchain auch digitales Kassenbuch genannt. Die gespeicherten Daten können im Nachgang nicht mehr oder nur mit Zustimmung des Netzwerkes geändert werden. So soll ein fälschungssicheres Protokoll entstehen.
Ether ist hinter dem Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain gilt diese als moderner und leistungsfähiger und soll in Kürze auf das energiesparendere Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt werden. Auch Smart Contracts können über Ethereum gehandelt werden. Beliebt ist die Kryptowährung auch, weil NFTs (non fungible Token) oft auf Ethereum basieren und deshalb mit Ether bezahlt werden.
Mining ist das Erzeugen (Schürfen) neuer Coins. Bei diesem Prozess stellen Miner im Fall des Bitcoin die Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung, um komplexe mathematische Aufgaben zu lösen. So werden Transaktionen verifiziert und auf der Blockchain gespeichert. Die Miner werden fürs Bereitstellen der Rechenleistung mit neu generierten Bitcoin belohnt.
Bei einigen anderen Kryptowährungen basiert das Mining dagegen nicht auf Rechenleistung, sondern auf den Anteilen der Netzwerk-Teilnehmer an der jeweiligen Kryptowährung (siehe Proof of Stake). In diesem Fall wird das Mining deshalb auch oft als Staking bezeichnet. Auch dafür bekommen Teilnehmer eine Prämie, also quasi eine Art Verzinsung für ihren Anteil.
Minten bezeichnet das Erstellen eines NFTs (non fungible Token). Mit dem „Prägen“ des Bildes ist in diesem Fall das Hochladen in die Blockchain gemeint.
Die Abkürzung NFT steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. NFTs sind virtuelle Güter, die über die Blockchain gehandelt werden. Oft sind es etwa digitale Bilder oder Sammelkarten. Jeder NFT ist einzigartig. Wer einen kauft, wird in der Blockchain als Eigentümer registriert und kann so beispielsweise ein Echtheitszertifikat für ein virtuelles Bild oder ein digitales Kunstwerk vorweisen.
Mit dem Proof-of-Work-Verfahren werden neue Münzen einiger Kryptowährungen wie dem Bitcoin geschaffen. Dafür stellen die Miner die Rechenleistung des Systems zur Verfügung, um komplexe Aufgaben zu lösen. Wer es zuerst schafft, die Aufgabe zu lösen, darf den Block an die Blockchain anhängen und erhält eine Belohnung in Form digitaler Münzen. Der Proof-of-Work-Ansatz gilt als besonders energieintensiv.
Einige Blockchains basieren auf dem Proof of Stake-Verfahren. Anders als bei Proof of Work werden dabei fürs Mining keine umfangreiche Hardware und große Mengen an Rechenleistung benötigt. Proof of Stake gilt daher als wesentlich energieschonender.
Statt dessen dürfen diejenigen Transaktionen und neue Coins freigeben, die einen besonders hohen Anteil an einer Kryptowährung halten. Sie werden dann Validatoren genannt. Der Prozess beruht auf einem Konsensmechanismus. Je höher der Preis, desto höher die Anzahl der Coins, um am Prozess teilzunehmen.
Smart Contracts sind virtuelle Verträge, die über die Blockchain getauscht werden. Diese treten unter bestimmten zuvor festgelegten Bedingungen selbstständig in Kraft. Insbesondere Banken und andere Finanzinstitute sehen in Smart Contracts einen großen Nutzen. Sie könnten zum Beispiel beim Börsenhandel Intermediäre – also zwischengeschaltete Stellen wie Wertpapierbroker– überflüssig machen.
Die Wallet ist eine Art digitale Geldbörse für Kryptowährungen. Sie ermöglicht es Nutzern, Kryptoguthaben zu kaufen und zu verschicken. Es gibt mehrere Arten von Wallets. Die Hardware-Wallet ist quasi ein USB-Stick, auf dem das Kryptovermögen und die Zugänge eines Nutzers gespeichert sind. Eine Paper-Wallet wird auf Papier ausgedruckt.
Dafür wird ein QR-Code generiert, den man einscannen muss, um Transaktionen zu tätigen. Eine Software-Wallet kommt ohne externe Geräte oder Papierausdrucke aus. Hier werden die Daten in einem Computerprogramm gespeichert. Nutzer dürfen ihre Zugangsdaten nicht vergessen: Sonst bliebe ihnen der Zugriff auf ihr Kryptovermögen verwehrt.
Dieses Krypto-ABC entstammt dem großen Krypto-1x1 der WirtschaftsWoche: Das vollständige Dossier finden Sie hier zum Download
Anbieter von Krypto-Vermögensdienstleistungen – also Broker und Börsen – brauchen künftig eine Zulassung, um in der EU Geschäfte betreiben zu dürfen. Innerhalb von drei Monaten müssen demnach zunächst nationale Behörden wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Genehmigung erteilen. Diese sollen anschließend Informationen zu den Anbietern an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) übermitteln.
2. Kryptofirmen müssen Umweltbilanz offenlegen
Anbieter von Kryptowährungen sind künftig auch dazu verpflichtet, die Umweltbilanz der von ihnen ausgegebenen Assets anzugeben. Die ESMA soll ausarbeiten, mit welcher Methodik Kryptofirmen den ökologischen Fußabdruck der Assets bewerten sollen und wie genau sie Anleger darüber zu informieren haben.
Darüber hinaus soll die Europäische Kommission innerhalb von zwei Jahren einen Bericht über die Umweltauswirkungen von Kryptowährungen sowie Mindeststandards an die Nachhaltigkeit der Assets formulieren. Diese sollen ausdrücklich auch für Kryptowährungen gelten, die auf dem Proof-of-Work-Mechanismus beruhen.
Das Problem: Nicht jede Kryptowährung wird über ein Unternehmen ausgegeben. Mit dem Bitcoin gibt es für die größte Kryptowährung schlicht keinen konkreten Ansprechpartner.
3. Keine Regeln für NFTs
Non-Fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken, haben sich schnell in der Anlagewelt etabliert. Von der MiCA-Regulierung sind sie jedoch ausgenommen, zumindest noch. Wie es in der Pressemitteilung heißt, soll die Europäische Kommission innerhalb von 18 Monaten die Anlageklasse bewerten und einen Vorschlag für eine NFT-Regulierung ausarbeiten.
4. Bekämpfung von Geldwäsche
Kryptowährungen wie der Bitcoin gelten als ein beliebtes Zahlungsmittel von Kriminellen. Die EU will mit der MiCA-Richtlinie auch Geldwäsche bekämpfen und dafür die Transfer-of-Funds-Regulierung ergänzen, die vor wenigen Tage auf EU-Ebene beschlossen wurde.
Mit ihr sollen anonyme Krypto-Transaktionen deutlich schwerer durchzuführen sein. Anbieter werden verpflichtet, Informationen von Sender und Empfänger zu sammeln und Transaktionen von sogenannten unhosted Wallets ab einer Höhe von 1000 Euro zu melden. Anleger verwahren mit einer solchen unhosted Wallet ihre Kryptowerte selbst und nicht etwa über Kryptobörsen wie Binance oder Kraken.
Ursprünglich war vorgesehen, dass jede Transaktion unabhängig vom Wert übermitteln werden muss. Die MiCa-Richtlinie sieht nun vor, dass die Europäische Bankaufsichtsbehörde ein öffentliches Register über Krypto-Anbieter anlegen soll, die diese Vorschriften nicht erfüllen.
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