Eigentlich hatte nichts auf eine Wende hingedeutet. Seit Januar streiken in Südafrika mehr als 70.000 Minenarbeiter, die Förderung von Platin und Palladium kam in dem wichtigsten Herkunftsland für Platinmetalle zum Erliegen. Es ist der teuerste Streik in der Geschichte des Landes. Erst kürzlich scheiterten Vermittlungsversuche der Regierung.
Nun aber haben Spekulationen auf ein nahendes Ende des Streiks die Preise für Platin und Palladium am Nachmittag des vergangenen Donnerstag auf Talfahrt geschickt. Das zur Herstellung von Auto-Katalysatoren verwendete Platin verbilligte sich um 2,8 Prozent auf 1435,24 Dollar je Feinunze. Sein Schwester-Metall Palladium rutschte sogar um 4,6 Prozent auf 822,75 Dollar ab.
Wissenwertes zu Palladium
Palladium gehört zur Gruppe der Platinum-Metalle und wird meist als Beiprodukt aus Nickel-, Blei-, Silber- und Kupfererzen, teilweise auch aus Golderzen sowie in Platinerzen gewonnen. Das Verfahren zur Gewinnung ist aufwendiger als bei Platin.
Russland gilt als größter Palladiumproduzent, mit mehr als 80 Tonnen Förderung pro Jahr. Weltweit liegt die Palladiumproduktion bei rund 200 Tonnen jährlich, was in etwa auch der Fördermenge des Schwestermetalls Platin entspricht. Heute steht Russland für gut 40 Prozent der weltweiten Fördermenge. Zweitgrößter Lieferant weltweit ist Südafrika mit knapp 39 Prozent der globalen Produktionsmenge.
Hauptabnehmer von Palladium ist die Autoindustrie, die für rund 80 der Nachfrage verantwortlich ist. Insbesondere als Beschichtung in Katalysatoren für Benzinmotoren ist das Edelmetall gefragt. Zudem ist es in der Schmuckindustrie Bestandteil von Weißgold und wird in Uhren verwendet.
In Form von Münzen oder Barren ist Palladium nur selten anzutreffen. Anleger greifen statt dessen häufiger auf börsengehandelt Rohstofffonds, sogenannten ETF oder ETC zurück. Diese Investorennachfrage ist vor allem für die kurzfristigen Preisschwankungen verantwortlich. Aufgrund seiner Seltenheit besitzt Palladium allerdings auch einen inneren Wert, der ein gewisses Niveau nicht unterschreiten sollte. Langfristig bleiben für den Preis die Förderkosten und -menge - sprich die Angebotsseite - sowie die Nachfrage der Autoindustrie maßgeblich.
Zuletzt hat der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland den Palladiumpreis gestützt. Viele Marktteilnehmer befürchten Sanktionen der westlichen Industriestaaten gegen Russland, die Lieferungen behindern könnten.
Die drei größten südafrikanischen Betreiber von Edelmetall-Minen hatten am Donnerstagabend bekanntgegeben, sie hätten sich mit der Bergarbeiter-Gewerkschaft AMCU "im Prinzip" verständigt. Sie böten den Bergarbeitern die Anhebung des Grundgehalts um 1000 Rand (69 Euro) in den ersten beiden Jahren. Eine öffentlich bestätigte Einigung mit den Minenarbeitern steht jedoch noch aus.
Rund 40 Prozent der weltweiten Platin-Förderung kommt üblicherweise aus Südafrika. Die Aktien der Bergbaufirmen Anglo American Platinum, Impala und Lonmin drehten als Reaktion auf die vorläufige Einigung ins Plus und legten in der Spitze (Lonmin) um 8,9 Prozent zu.
Neue Chance für Anleger
Noch am Vormittag des gleichen Tages, bevor die Annäherung der Tarifgegner bekannt wurde, waren die Preise für beide Edelmetalle gestiegen. Getrieben von der Befürchtung, die Versorgung der Autoindustrie mit den für Katalysatoren unentbehrlichen Edelmetallen trieb insbesondere den Palladiumpreis auf ein neues Hoch. Es war der höchste Kurs seit mehr als 13 Jahren. Das Allzeit-Hoch hatte Palladium im Januar 2001 mit einem Preis von 1090 Dollar für die Feinunze.
Südafrika ist nach Russland der weltweit zweitgrößte Palladium-Lieferant und die Nummer eins bei Platin. "Wenn die Streiks enden, könnten wir Verkäufe sehen", sagte Rohstoff-Experte Yuichi Ikemizu von der Standard Bank, die erst vor wenigen Monaten einen börsengehandelten Palladium-Fonds aufgelegt und mehr als die Hälfte der bisherigen Jahresproduktion aufgekauft hatte.
Sollte sich ein Ende des Streiks bestätigen, dürften die Preise für Palladium und Platin zunächst weiter fallen. An der Knappheit und dem großen Nachfrageüberhang wird sich jedoch so schnell nichts ändern, selbst wenn es zum Streikende käme. Das Edelmetall werde sicher schnell wieder Kurs auf die Marke von 900 Dollar nehmen, ließ Experte Ikemizu durchblicken. Experten erwarten unter dem Strich die größte Angebotslücke seit 34 Jahren.
Die Kursrückgänge könnten für Edelmetall-Investoren daher eine willkommene Gelegenheit für neue Wetten auf steigende Platin- und Palladiumpreise sein. Auf die Aktien der Minenbetreiber zu setzen, dürfte sich jedoch als sehr riskant erweisen. Denn die Produktionskosten für die beiden Edelmetalle sind bereits hoch, die Bergbaugesellschaften verdienen damit selbst bei voller Produktion kaum Geld. Höhere Löhne und die zu erwartenden steigenden Stromkosten in Südafrika dürften laut Rohstoffexperten wie Eugen Weinberg von der Commerzbank dazu führen, dass einige Minen dauerhaft unrentabel und daher geschlossen werden.