




Die Mitteilung war ungewöhnlich: Der Werkzeugmaschinenbauer MAG IAS tat kund, dass er Anlegern Anleiheschulden zurückzahlen werde – 50 Millionen Euro plus Zinsen. Ungewöhnlich ist nicht, dass ein mittelständisches Unternehmen es für nötig hält, etwas an sich Selbstverständliches zu verkünden: Schulden werden zurückgezahlt. Nein, ungewöhnlich ist in diesen Zeiten, dass ein mittelständisches Unternehmen tatsächlich seine Anleihegläubiger bedient. Längst nicht alle Mittelständler mit Anleihe haben dies getan – und noch weniger werden es künftig tun. Laut der Ratingagentur Scope haben sich kleinere Unternehmen seit 2010 über mehr als 200 Anleihen gut 7,8 Milliarden Euro bei Anlegern gepumpt. Versprochen haben sie Anlegern bis zu 11,5 Prozent Zinsen pro Jahr. So viel aber können immer mehr nicht erwirtschaften; von Rückzahlung der Schulden ganz zu schweigen. Bis Ende 2018 werden 116 Mittelstandsanleihen fällig, im Volumen von 4,3 Milliarden Euro.
Minibonds: Diese Anleihen sollten Anleger im Auge behalten
Bondvolumen (in Mio. Euro): 225, Anleihe 2018
Kurs: 97,5
Rendite: 9,7 %
Finanzergebnis 3. Quartal: –20,9 Millionen Euro; Eigenkapital –544 Millionen; überlebt nur dank Großaktionär Etihad, der mit Tricks finanziert, zuletzt über Stiftung.
Quelle: Börsen, Unternehmensangaben, eigene Recherche
Stand: 10. Februar 2016
Bondvolumen (in Mio. Euro): 45
Kurs: 72,5
Rendite: 26 %
Cashflow (zeigt, wie viel in die Kasse kommt) lag zum 30.6. bei –21 Millionen Euro; bereinigtes Ebit (Vorsteuergewinn) zum 30.9. bei –14 Millionen Euro.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 30
Kurs: 21,1
Rendite: 80,6 %
2015 bis zu –15 Millionen Euro Ebit-Verlust erwartet; schließt 16 Filialen.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 275
Kurs: 62
Rendite: 33,2 %
Nur 290 Millionen Euro Umsatz im 1. Halbjahr 2015, aber 1771 Millionen Nettofinanzschulden; dafür hohe 127 Millionen Euro Cashflow aus dem operativen Geschäft.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 210, Anleihe 2017
Kurs: 87
Rendite: 19,1 %
Mit 621 Millionen Euro hoch verschuldet; dünnes Eigenkapital (16 Prozent); Herausforderung: 2017 muss KTG stolze 210 Millionen Euro tilgen; 2019 einen zweiten Bond.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 183
Kurs: 6,1
Rendite: 1172,1 %
Sitz nach London verlegt, Anleihe wird dort restrukturiert; Verlust im Kurs drin.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 60
Kurs: 18,8
Rendite: 369,4 %
Will seine Anleihe derzeit restrukturieren; Anleger sollen auf Geld verzichten.
Bondvolumen (in Mio. Euro): 25
Kurs: 30
Rendite: 156,3 %
Umsatz sinkt; negativer Cashflow aus Geschäftstätigkeit (zeigt, wie viel in die Kasse kommt); Prüfung, ob Anlegergeld vorschriftsgemäß investiert worden ist.
Unternehmen mit Anleihen, die einst über 1,8 Milliarden Euro wert waren, sind entweder insolvent oder werkeln daran, Schulden zu restrukturieren. So wollen sich der Maschinenbauer Singulus, Schrottrecycler Scholz und die Modemarke Laurèl um einen Teil ihrer Kredite erleichtern; Anleger sollen außerhalb einer Insolvenz freiwillig auf Geld verzichten. Ein Drittel des Anleihevolumens aus dem Mittelstandssegment BondM der Börse Stuttgart ist von Insolvenz oder Restrukturierung betroffen; an der Deutschen Börse ist es ein Viertel.
Doch das ist erst der Anfang. Zu viele Mittelständler haben sich Geld geliehen, das sie operativ nicht verdienen. Banken werden selten in die Bresche springen – viele sind froh, dass Unternehmen ihre Bankkredite zurückzahlen konnten, dank der Anlegergelder aus den Anleiheemissionen. Die meisten Unternehmen müssten neue Anleihen ausgeben, um die alten zu tilgen. Allein: Auf dem Markt für Mittelstandsanleihen brechen wichtige Käufer weg.

- Fonds. Ralf Meinerzag zum Beispiel. Der Manager des Fonds Steubing German Mittelstand Fund I kauft, dem Fondsnamen zum Trotz, keine Mittelstandsanleihen mehr. Bis auf zwei hat er alle verkauft. Er kauft nun europäische Hochzinsanleihen, demnächst wird sein Fonds umbenannt.
- Auch Vermögensverwalter fassen die Papiere nicht mehr an: „Im Moment kaufen wir keine Mittelstandsanleihen“, sagt Norbert Hagen, Vorstand beim Vermögensverwalter ICM. „Die Renditen haben parallel zur Qualität der Anleihen abgenommen – wir haben bis auf eine Ausnahme alles verkauft“, sagt Lutz Hering, Geschäftsführer der Damm Rumpf Hering Vermögensverwaltung. Zu viele Unternehmen würden ihre Schulden über eine Insolvenz in eigener Verwaltung „entsorgen“, sagt Martin Wilhelm vom Vermögensverwalter IfK: „Der Markt für Mittelstandsanleihen ist tot und kann nicht wiederbelebt werden, das Vertrauen ist zerschossen.“ Christian Gritzka von der Knapp Voith Vermögensverwaltung bescheinigt dem Markt einen „Konstruktionsfehler“. Zu viele Unternehmen, die nirgendwo mehr Kredit bekamen, haben Anleger erfolgreich angepumpt.
Aufgeschreckt haben viele jüngst zwei Fälle, zum einen der Insolvenzantrag des Brennstoffherstellers German Pellets, zum anderen Pläne von Scholz. Der Schrottrecycler ist nicht insolvent, will aber, dass Anleger verzichten. Die Holding, die Anlegern 183 Millionen Euro schuldet, hat den Sitz nach London verlegt. Dort will Scholz die Finanzen restrukturieren. In England kann man sich außerhalb der Insolvenz mit großen Kreditgebern einigen und Anleger überstimmen.