




Mit der Kreditkarte lassen sich an der Supermarktkasse auch kleine Beträge begleichen. Wer bei Ebay bestellt, muss sich nicht ins Online-Banking einloggen, sondern kann per PayPal zahlen. Und wer sein Bahnticket bar am Automaten zahlt, verzweifelt, wenn der nur Münzen zurückgibt, die die Geldbörse zum Platzen bringen.
- Haupttreiber für Fortschritte beim Zahlungsverkehr – das Smartphone wird zum Multifunktionsgerät, soll bald als digitale Geldbörse das Portemonnaie ablösen – ist das Internet. Nebeneffekt: Noch mehr Daten für Industrie und Online-Handel.
- Stationären Händlern sind Bevorratung und Abtransport von Bargeld zu teuer (siehe Grafik rechts), und auch Banken machen Druck. Bargeld kostet, während die Finanzbranche an Kreditkarten und bargeldlosen Transaktionen verdient. Schon längst nicht mehr können Kunden überall in Europa am Bankschalter beliebig viel Geld ein- oder sich auszahlen lassen.
- Hinzu kommen politische Motive: Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Schwarzarbeit wären ohne Bargeld leichter verfolgbar. Geldpolitische Instrumente könnten ihre volle Schlagkraft zurückgewinnen, wenn Bürger Geld nicht mehr einfach vom Konto abheben und so dem Zugriff der Notenbanker entziehen könnten.
Bei aller Euphorie für den elektronischen Zahlungsverkehr gibt es also durchaus Anlass zu Befürchtungen, dass mit dem Bargeld auch ein Stück Freiheit und Sicherheit verschwinden würde. Wie realistisch sind diese Befürchtungen? Und wie stehen die Chancen wirklich, dass Bargeld allmählich abgelöst wird?
Die Deutschen gelten als konstant unfortschrittlich, verglichen etwa mit den Schweden, für die bargeldloses Zahlen selbstverständlich ist. Deepen von SumUp bleibt eine Ausnahme, wenn er sagt: „Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal am Bankautomaten Geld abgehoben habe.“

Die Europäische Zentralbank (EZB), von den Deutschen ohnehin nicht ins Herz geschlossen, ist sich der Sensibilität des Themas bewusst. Besuch bei Wiebe Ruttenberg, Leiter der Abteilung Market Integration, der in einem unauffälligen Nebengebäude des Eurotower in der Frankfurter Innenstadt sitzt. Sein Büro, mit blau gewebtem Teppich, nüchternes Corporate Design im Europa-Stil, wirkt wenig luxuriös – und ist doch Zentrum des aktuell wichtigsten technischen Projekts der EZB. Von hier hat Ruttenberg die Einführung des SEPA-Zahlungssystems geleitet. Neue, einheitliche Kontonummern für alle Europäer – ein mächtiges Projekt, dessen Sinn sich erst mal überhaupt nicht erschließt. Es soll einen einheitlichen, bargeldlosen Zahlungsraum Europa ermöglichen. SEPA ist aber dennoch nicht Teil eines Masterplans, dem Bargeld zu entsagen: „In Europa wird es keine bargeldlose Gesellschaft geben“, antwortet EZB-Fachmann Ruttenberg auf die Frage, wann denn neue Zahlungsmittel das Bargeld wohl ablösen werden – ohne zu zögern.