Moderne Zahlsysteme Wie bargeldlos ist unsere Zukunft?

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Ohne Bargeld droht Sparern Negativzins

Mein nächster Versuch: ein Feierabendbier im Bordbistro. 3,70 Euro soll das kosten. „Mit Karte bitte“, hauche ich verlegen über den Tresen und erwarte schon die nächste Enttäuschung. „Wir nehmen aber nur Kreditkarten“, lautet dann die sehnlichst erwartete Antwort. Das ist mir ohnehin am liebsten. Denn ich bin Kunde bei einer Direktbank. Die stellt mir eine Kreditkarte aus, mit der ich weltweit kostenlos Bargeld abheben – und in Deutschland auch ohne Gebühren bezahlen kann. Ein erster Erfolg. Zwar muss ich mein Bier aus einem Plastikbecher am Platz trinken, der erste Schluck schmeckt trotzdem fantastisch. So kann die bargeldlose Zukunft starten.

Auf der anderen Seite des Atlantiks ticken manche schon anders. Larry Summers, ehemaliger US-Finanzminister, dachte auf einer Konferenz in Washington laut über die Abschaffung des Bargelds nach. Nur dann könnten Zentralbanken negative Leitzinsen einführen, zur Abwehr der Deflation und zum Ankurbeln des Konsums. „Die globale Finanzkrise ist noch nicht überstanden. Deshalb müssen wir in den kommenden Jahren darüber nachdenken, wie wir eine Volkswirtschaft managen, in der nominale Zinssätze von null chronische Hemmstoffe sind, die unsere Volkswirtschaften hinter ihrem Potenzial zurückhalten“, sagte Summers.

Der Gedanke dahinter: Weil die Zinssätze schon nahe null sind, könnte die Geldhaltung auf Konten mit negativen Zinsen bestraft werden. Wer Geld bei der Bank parkt, zahlt eine Gebühr. Normalerweise würden die Menschen dann auf Bargeld ausweichen, der Negativzins würde wirkungslos. Können sie aber nicht mehr bar bezahlen, würde das Geld auf die Konten getrieben – oder ausgegeben. So könnte der Konsum angekurbelt werden.

Wer wissen will, wie die bargeldlose Zukunft aussieht, muss sich in Messehallen drängen. Etwa auf der Euroshop in Düsseldorf, der weltweit größten Messe für den Einzelhandel. Dort wird klar: Wo heute noch graue Supermarkt-Kassenklötze aus Hartplastik stehen, sollen demnächst schlanke Tablet-Computer Zahlungen abwickeln. Am besten ohne Bargeld. Denn Tablet-Kassen mit Flachbildschirmen bieten keinen Platz mehr für Münzen und Scheine. Die wandern allenfalls noch in eine zusätzliche Schublade, die in den Verkaufstresen eingelassen werden muss, wie etwa heute schon in manchem Apple-Store – eine Übergangslösung, für Bargeld-Nostalgiker unter den Kunden.

Smartphones der Konsumenten und Tablet-Computer der Händler gehen, so erlebt man es auf der Messe, eine Symbiose ein. Für Zahlungen, klar, aber auch für neues Marketing: Zum Beispiel für Sonderangebote, die dem Verbraucher direkt aufs Smartphone gespielt werden, wenn er an einem Laden vorbeiläuft. Er geht kurz rein, bezahlt mit dem Smartphone und rennt weiter zum nächsten Angebot.

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