Die Börse in Stuttgart feiert einen goldenen Geburtstag. Ein Jahr ist es her, dass Gold auf der Handelsplattform für Derivate EUWAX als an der Börse handelbarer Rohstoff sein Debüt feierte. Das EUWAX-Gold ist eine Inhaberschuldverschreibung. Eine handelbare Einheit wird dabei zu 100 Prozent mit einem Gramm physischem Gold unterlegt. Dass es seit Auflage des sogenannten Gold-ETC (Exchange Traded Commodity) in Stuttgart nicht einen Handelstag gab, an die Zahl der Verkäufe die der Käufe überstiegen hätte, wertet der Chef der zuständigen Tochtergesellschaft der Börse Stuttgart, Rupertus Rothenhäuser, als einen Erfolg beim kleinen Mann: „Wie zahlreiche kleine Orders zeigen, schätzen insbesondere Privatanleger die Vorzüge von EUWAX Gold.“ Der Vorteil: Der Handel mit Gold ist bequem, kostengünstig und unkompliziert, trotzdem geht es um physisches Gold, für dass Anleger sonst erst eine Bank oder einen Goldhändler aufsuchen müssten.
Der konstante Nachfrageüberhang des Gold-ETCs belegt auch, was in den vergangenen Monaten bei fallenden Goldpreisen zu beobachten war: Während sich institutionelle Investoren von Gold und trennten, griffen die Privatanleger weiter munter zu. Sie setzen weniger auf Spekulationsgewinne, sondern mehr auf den Versicherungsaspekt von Gold. Denn Gold wird immer einen Wert haben, egal wie sich Währungen und die übrigen Anlageklassen entwickeln, weil es ewig haltbar, endlos und vollständig wiederverwertbar und knapp ist. Ein universelles und ultimatives Zahlungsmittel.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Geologen schätzen, dass weltweit noch Goldvorräte von etwa 52.000 Tonnen in der Erde ruhen - besonders in Australien (7400 Tonnen), Südafrika (6000 Tonnen) und Russland (5000 Tonnen). Die USA verfügen mit gut 8100 Tonnen über die höchsten staatlichen Goldreserven, gefolgt von Deutschland mit 3400 Tonnen und dem Internationalen Währungsfonds mit etwa 2800 Tonnen. China ist der größte Goldproduzent. Die verborgenen Schätze zu heben, ist allerdings nahezu unmöglich und schon gar nicht wirtschaftlich. Schließlich kann die Produktion von Gold inklusive Verwaltungskosten, Abschreibungen und Steuern nach Angaben des Goldhändlers Degussa in einzelnen Minen durchaus 1360 Euro pro Unze betragen.
Die oberirdisch Verfügbare Goldmenge steigt somit nur vergleichsweise langsam, die Nachfrage bleibt jedoch global betrachtet hoch. Gold bleibt ein knappes Gut und wird daher auch immer einen Wert haben. Seit dem Jahrestief bei 1234 Dollar je Feinunze im Juli hat sich das Edelmetall wieder auf einen Preis von rund 1350 Dollar hochgearbeitet. Den jüngsten Schub verlieh dem Goldpreis der verschobene Ausstieg der US-Notenbank Fed aus ihrer Krisenpolitik des extrem billigen Geldes. Die Gelddruckmaschinen dürften somit in den USA, der Eurozone und Japan noch eine ganze Weile laufen – und die Inflationsgefahren steigen lassen.
Das wiederum dürfte den Goldpreis nach Einschätzung von Analysten weiter anziehen lassen. Denn Gold gilt immer noch als beste Versicherung gegen wertloses Papiergeld, Börsencrash und den Verlust von monetären Werten schlechthin. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Änderung in der Haltung der Fed die Trendwende bei Gold, Rohstoffen und Sachwerten bringen könnte“, sagte Commerzbank-Rohstoffexperte Eugen Weinberg am Freitag in Frankfurt. Die nach wie vor weit geöffneten Geldschleusen und die Erwartung einer steigenden Inflation sprächen „eher für einen langfristigen Anstieg der Goldpreise“.
Ungewöhnliche Goldpreisentwicklung
Die US-Notenbank hatte am vergangenen Mittwoch die Märkte damit überrascht, dass sie ihre monatlichen 85 Milliarden Dollar schweren Anleihenkäufe zur Stützung der Konjunktur vorerst unverändert beibehält. Die Mehrheit der Analysten und Beobachter hatte mit dem Gegenteil gerechnet, da die US-Notenbankchef Ben Bernanke Wochen zuvor bereits signalisiert hatte, dass die Fed allmählich ein Ende des Krisenkurses einläuten könnte. Die aufgeschobene geldpolitische Wende sorgte für ein Kursfeuerwerk an den Börsen. Und folgerichtig schoss auch der Goldpreis nach der Fed-Entscheidung zwischenzeitlich auf mehr als 1370 US-Dollar je Feinunze (31 Gramm) nach oben.
In diesem Jahr, so Weinberg, sei die Goldpreisentwicklung in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen dürfte der Goldpreis erstmals seit dem Jahr 2000 zum Jahresschluss im Minus liegen. Zum anderen, weil die Wahrscheinlichkeit eine deutlichen Preisrückgangs um neun Prozent oder mehr an einem Tag beim Gold nach seiner Analyse mikroskopisch klein sei. In der Betrachtung der Tagespreisveränderungen seit 1975 sind solche Ausschläge praktisch nicht existent. Dennoch ist genau das passiert. Die Gründe dafür seien einerseits die charttechnische Lage, nach der in diesem Jahr ein langfristiger Aufwärtstrend und eine mittelfristige Unterstützung bereits gefallen seien. Dementsprechend sind vor allem Spekulanten aus dem Goldmarkt ausgestiegen. Gleichzeitig entwickeln sich die Realzinsen – etwa in Form von US-Staatsanleihen – positiv und die Inflationsängste nehmen wieder ab. Drittens können Anleger derzeit mit Aktien gutes Geld verdienen und gehen zunehmend höhere Risiken ein. Dazu passe auch, dass sich die börsengehandelten Fonds großenteils aus dem Goldmarkt verabschiedet haben.
Doch wie geht es nun weiter? Für eine Erholung des Goldes spricht neben der genannten Fed-Entscheidung und der anhaltenden expansiven Geldpolitik der großen Industriestaaten die steigende Goldnachfrage vor allem aus China, die bereits für erhöhte Goldexporte nach Fernost sorgt. Zudem sind in den vergangenen Jahren die Goldkäufe der Zentralbanken massiv gestiegen. Würde China seine Goldreserven über Käufe am freien Markt auf fünf Prozent seiner gesamten Devisenreserven erhöhen wollen, bräuchte das Land dazu unter den heutigen Gegebenheiten 13 Jahre, so Weinberg in seiner Präsentation. Eine Trendwende beim Goldpreis scheint also durchaus möglich.
Mit Material von dpa.