Nachhaltig anlegen Mit Festzinsangeboten zum grünen Gewissen

Anleihen, die umweltschonende Projekte finanzieren, versprechen Festzins-Renditen mit gutem Gewissen. Aber nicht alles, was im Boom auf den Markt kommt, ist echt öko. Einige sind für Privatanleger trotzdem interessant.

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Ökologische Großprojekte werden immer häufiger über Green Bonds finanziert. Quelle: imago images

Das Berliner Flughafenproblem könnte durch einen Tunnel gelöst werden. Diesen etwas schrägen Plan haben der Berliner Vermögensverwalter Jochen Wermuth und Tesla-Chef Elon Musk vor zwei Wochen ausgeheckt. In der Röhre könnte sich zwischen den Flughäfen Tegel und Schönefeld der Hyperloop bewegen, ein Hochgeschwindigkeitszug, der dem Transrapid ähnelt – oder er könnte mit Tesla-Elektroautos befahren werden. „Ein Tunnel wäre in 18 Monaten gebohrt, die Fahrzeit mit dem Auto läge bei nur 15 Minuten“, sagt Wermuth. Und wenn Tegel weiter betrieben werde, bräuchte man keine neuen Kapazitäten.
Nicht nur Autos und Hyperloop kämen von Elon Musk. Mit seiner neuesten Unternehmung The Boring Company will er auch den Tunnelbau revolutionieren. Den Energiehunger des Projekts stillt Solarenergie.
Zur Finanzierung kämen Greenbonds ins Spiel, grüne Anleihen. Grün heißen die, weil mit ihrer Hilfe ökologisch nachhaltige Projekte finanziert werden. In sie setzt Wermuth große Hoffnungen: „Um den Klimawandel aufzuhalten, benötigen wir gewaltige Investitionen. Greenbonds sind eine sinnvolle Art, sie zu finanzieren.“ Wermuth ist Mitglied der Grünen, beteiligt sich an europäischen Wachstumsfirmen und hat dem Papst im Frühjahr ein Elektroauto geschenkt.

Serie: Green Finance

Greenbonds sind denn auch keine Spinnerei, sondern eine der wachstumsstärksten Nischen der Finanzbranche. Zehn Jahre nachdem die Europäische Entwicklungsbank (EIB) ihren ersten Greenbond herausgegeben hat, mit dem unter anderem das andalusische Solarkraftwerk Andasol finanziert wurde, soll ihr Volumen 2017 weltweit auf knapp 200 Milliarden Euro steigen – mehr als das Doppelte des Vorjahres. Ein Boom, für den mitunter auch zweifelhafte Emittenten sorgen, wie etwa umstrittene Ölkonzerne.

Das Geld aus Greenbonds fließt in den Bau von Anlagen für Strom aus erneuerbaren Energien oder finanziert Investitionen in Energieeffizienz von Unternehmen. Kommunen stecken es in umweltfreundliche Transportsysteme, Hypothekenbanken in energiesparende Immobilien. Dabei bleiben Greenbonds aber ganz normale Anleihen. Das bedeutet: Nur die Emittenten stehen dafür gerade, dass Anleger ihr Geld zurückbekommen. Direkten Zugriff auf die finanzierten Projekte oder deren Erträge haben Käufer üblicherweise nicht.

Gleiche Rendite, besseres Gewissen

Dennoch bieten die Anleihen allen, die ökologisch sinnvoll investieren möchten, eine gute Alternative. Im Vergleich zu Festgeldangeboten von Spezialbanken wie Triodos oder GLS sind die Bonds riskanter, weil ihr Kurs schwankt. Sie sind aber deutlich transparenter als klassische Anleihen oder Festgelder: In den Anleihebedingungen steht genau, wofür das Geld ausgegeben wird. Eine unabhängige Stelle muss das prüfen und bestätigen. Jährlich geben die Emittenten einen Bericht über ihre Investments heraus, inklusive Informationen über durch Projekte eingespartes CO₂. Die Nachfrage ist so stark, dass nicht mehr nur Entwicklungsbanken, sondern längst auch klassische Banken und Unternehmen Greenbonds ausgeben.

Neue Emittenten, etwa Staaten, bringen den Markt dieses Jahr in Schwung: Auf Polen folgte im Januar Frankreich mit einer sieben Milliarden Euro schweren Anleihe, die erneuerbare Energien finanzieren soll. Magere 1,5 Prozent Rendite gibt es, bei einer Laufzeit von 22 Jahren.

Das ist normal: Greenbonds werfen nicht mehr Rendite als herkömmliche Anleihen des Emittenten ab. Oder positiv ausgedrückt: Das gute Gewissen bekommen Anleger dann gratis dazu. Im Schnitt sind nicht mehr als 1,3 Prozent Rendite drin.

Mehr Rendite gibt es nur bei höherem Risiko. Etwa für Greenbonds von Johannesburg-City oder der Provinz Rioja aus Spanien. Wer ihnen bis zu sieben Jahre lang Geld anvertraut, kann neun Prozent Zinsen kassieren. Wenn alles gut geht. In den Startblöcken stehen auch Marokko, Nigeria und Kenia. Schwellenländer also, die ebenfalls höhere Rendite bieten müssen.

Werbung war bisher nicht nötig

Das steigende Angebot macht die Ökoanleihen auch für Fonds interessant. Weil sie aus Investments rasch rauskommen müssen, wenn Anleger Geld abziehen, kaufen sie nur Papiere, die rege gehandelt werden. Je mehr Greenbonds es gibt, desto mehr tut sich an der Börse. Deshalb gibt es jetzt schon eine Reihe spezieller Rentenfonds, die in Greenbonds investieren. Bei Allianz Global Investors ist die Auswahl nicht streng auf Greenbonds beschränkt (siehe Tabelle), die österreichische Erste Bank und Raiffeisen Capital achten generell darauf, dass der Emittent nachhaltig agiert.

Seit März gibt es zudem den ersten börsengehandelten Indexfonds (ETF) auf den Solactive Liquid Green Bond Index IG vom französischen Anbieter Lyxor. Er enthält die weltweit größten Greenbonds, die mindestens 300 Millionen Dollar Volumen und gute Ratings haben.

Hierzulande waren Greenbonds bisher in der Öffentlichkeit kein Thema. Ein Grund: Werbung war nicht nötig. Den heimischen Emittenten, der Förderbank KfW, dem Immobilienfinanzierer Berlin Hyp oder der DKB schnappten Großanleger die Papiere weg. Mindestsummen von einer Million schließen Privatanleger ohnehin aus.

Das gute Gewissen gibt es gratis dazu

Neue Rentenfonds und Anleihen, mit denen Anleger in Klimaschutzprojekte investieren

FondsnameAnlageschwerpunktErgebnis
2017 in
Prozent
Kosten¹ISIN
Allianz
Green Bond R
Anleihen, nicht
ausschließlich grün
1,560,69LU1297616283
Lyxor
Green Bond ETF
Große,
liquide Greenbonds
0,3²0,25LU1563454310
Erste Responsib.
B. Glob. Impact
Greenbonds,
strenge Auswahl
-1,20,65AT0000A1EK55
Zinssatz,
Emittent,
Laufzeit
Beurteilung
des Emittenten
Rendite
in
Prozent
Stücke-
lung
in Euro
ISIN
0,875 NRW Bank
11/25
Zins- und Rückzahlung
sehr sicher
0,51000DE000NWB0AC0
0,625 Prozent
ABNAmro 5/22
Großbank mit relativ
guter Bonität
0,41000XS1422841202

¹ jährlich in Prozent, beim Ergebnis bereits berücksichtigt; ² seit Start 8. März;

Quelle: Morningstar, Bloomberg

Wenn nur die Fassade grün ist

Die Sparkassen-Tochter DKB, meist nur als Onlinebank wahrgenommen, refinanziert über die Bonds Wind- und Solarparks. Berlin Hyp hat drei Greenbonds begeben, die ressourcenschonende Immobilien refinanzieren. Ein Vorzeigeprojekt steht in Frankfurt. Der Büroneubau Taunusturm beherbergt auf 170 Meter Höhe das „Who’s who“ der angelsächsischen Finanzszene, von J.P. Morgan bis zum britischen Fondsverwalter Schroders. Auf den ersten Blick deutet in dem modernen Glassandsteinbau wenig auf eine besondere grüne Note hin. Von Pflanzen keine Spur. Aber die innovative Heiz- und Kühltechnik senkt nicht nur den Energieverbrauch um 30 Prozent, auch Abfall und Wasser werden hier fortschrittlich gemanagt. Bislang finanziert sich die Berlin Hyp zu elf Prozent aus Greenbonds, bis 2020 sollen es 20 Prozent werden.
Die Frankfurter Geschäftsbanken aber haben die grüne Revolution weitgehend verschlafen. Französische, britische und skandinavische Großbanken sind da schon weiter.

Rund 50 Banken, Investoren und Umweltgruppen haben gemeinsame Greenbond-Standards geschaffen, in denen es um die Berichterstattung zu Projekten, um Transparenz und Geldströme geht. Es gibt Grenzfälle. Als der spanische Erdölkonzern Repsol im Mai einen Greenbond emittierte, „hat der Markt mit den Zähnen geknirscht“, sagt Julia Haake, Direktorin bei der Ratingagentur Oekom-Research. Die aufgenommene halbe Milliarde Euro will Repsol für mehr Energieeffizienz in Raffinerien nutzen. Haake blieben die Pläne zu vage. Auch in Greenbond-Indizes von MSCI oder Solactive hat es Repsol nicht geschafft. Solactive nimmt nur Papiere auf, die von der gemeinnützigen Climate Bond Initiative empfohlen werden.

Ratingexpertin Haake lehnt Anfragen zu Greenbond-Verifizierungen ab, wenn die Emittenten sie nicht überzeugen. Die meisten kommen trotzdem – mit dem Plazet anderer. Für Repsol etwa hat das französisch-britische Ratinghaus Vigeo Eiris den Greenbond-Segen erteilt.

„Bei Greenbonds versuchen viele, ihr schlechtes Image mit guten Taten zu verbessern“, kritisiert Nedim Kaplan, Fondsmanager beim deutschen Pionier für nachhaltige Geldanlage, Ökoworld. Es seien auch viele Banken beteiligt, deren sonstiges Portfolio nicht vorbildlich sei.

Martin Cech, Rentenfondsmanager bei Erste Asset Management, analysiert als Erstes die Kreditwürdigkeit des Anleiheherausgebers und dann dessen Nachhaltigkeit. Stromerzeuger wie Électricité de France und Iberdrola scheiterten daran ebenso wie Apple’s Greenbond. Hier passte ihm nicht, wie der Konzern und seine Zulieferer mit Arbeitnehmern umspringen.

Auch französische Staatsanleihen nimmt Cech nicht auf, weil das Land über Atomwaffen verfügt, ein Ausschlusskriterium. Gleiches gilt für die Todesstrafe oder Menschenrechtsverstöße.

Würde US-Präsident Donald Trump beim Bau der Mauer zu Mexiko Solarpaneele draufsetzen, wie kürzlich verkündet, könnte er zur Finanzierung vielleicht Greenbonds einsetzen. Cech würde sie wegen der in den USA noch existierenden Todesstrafe aber nicht kaufen.

Sie haben Teil II der Serie "Green Finance" gelesen. Hier gelangen Sie zum ersten Teil der Serie.

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