Nachhaltig investieren Starfondsmanager Flossbach meidet Banken – bis auf eine

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Ökobanken werden endlich ernst genommen

Alfred Platow, Vorstandsvorsitzender der Ökoworld AG, einer der ersten auf Nachhaltigkeit konzentrierten Fondsgesellschaften in Deutschland, hält wenig von den externen Analysen und hat wenig Angst vor der neuen Konkurrenz. „Mit den drei Buchstaben ESG lässt sich inzwischen viel Geld verdienen. Das ruft natürlich Dickschiffe wie die Deutsche Bank auf den Plan.“ Aus seiner Sicht ist die Strategie der Deutschen Bank ein Marketingschachzug, denn die angepeilte nachhaltige Finanzierung mache nur einen Bruchteil der Bilanzsumme aus. Für Ökoworld ändert sich nichts an der Einschätzung der Deutschen Bank, die als nicht investierbar gilt. 

Vorschusslorbeeren für die Nachzügler

Andere große Geldverwalter sind weniger streng: Die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment hält die Deutsche Bank inzwischen zumindest für eine „spannende Turnaround-Story“, denn Kosten, Kredit- und Kapitalmarktrisiken habe sie im Griff, sagte Alexandra Annecke, Fondsmanagerin bei Union Investment bei der Online-Hauptversammlung der Bank. Sie mahnt aber, dass die neue Nachhaltigkeitsstrategie konsequent und zügig umgesetzt werden müsse, damit die Bank zu den besten Wettbewerbern aufschließen könne. „Wir werden sie wie alle anderen Unternehmen auch daran messen, wie glaubwürdig sie die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft gestalten“, sagte Annecke.

Die Frankfurter Geldmanager von Union Investment kaufen auch für ihre Nachhaltigkeits-Fonds mitunter Bankaktien. „Das heißt natürlich nicht, dass wir ihnen alles durchgehen lassen“, sagt Johannes Böhm, Nachhaltigkeitsanalyst für den Bankensektor bei Union Investment. Eine gewisse Ernsthaftigkeit sei bei den Banken zu erkennen. „Sie können im Nachhaltigkeitsbereich viel gewinnen – nicht nur finanziell, sondern auch in Form von Vertrauen“, sagt Böhm. Banken, die gerade erst auf den Zug aufspringen, gibt er einen Vertrauensvorschuss. „Die nachhaltige Transformation braucht eine gewisse Zeit. Wer mittelfristig aber keine Fortschritte liefert, wird unglaubwürdig.“ 

Fidelity Investments, einer der europa- und weltweit größten Geldanleger, schließt in seinen nachhaltigen aktiv gemanagten Fonds und ETF Banken ebenfalls nicht komplett aus. Das Haus setzt bei den nachhaltigen Fonds auf das Best-in-Class-Prinzip und hält Aktien von Unternehmen, die in ihrer Branche zu den Nachhaltigkeits-Vorreitern zählen. Man setze sich aber stets bei allen Unternehmen in Gesprächen und mit Stimmrechten dafür ein, dass sie sich in eine „zukunftsorientierte“ Richtung bewegen“, sagt eine Sprecherin.

Reiz der Schwellenländer: Indiens Profitmaschine

Bert Flossbach mag den Immobilienfinanzierer Housing Development Finance Corporation und die dazu gehörende HDFC Bank aus Indien. Sie betreibt ein traditionelles Bankgeschäft und ist auf Immobilienfinanzierung spezialisiert. Die HDFC (INE001A01036) steckt als einzige Bank in dem von Bert Flossbach gelenkten FvS Multiple Opportunities Fonds, einem erfolgreichen Mischfonds. Was muss eine Bank können, um bei ihm zu punkten? „Sie sind fokussiert, kennen ihre Kunden extrem gut, haben ein fantastisches Ratingsystem mit dem sie die Kreditwürdigkeit prüfen und werden schon über Dekaden von einem einzigen CEO unternehmerisch geführt.“ Und so bekämen sie auch „einen höheren Börsenwert als manches Schweizer Bankinstitut, weil HDFC in Indien stark wächst“. Die Perspektiven sind weiterhin gut. Die dramatische Pandemie-Situation in Indien hat den Aktienmarkt kaum gedrückt. 

Die Bank hat seit der Gründung im Jahr 1994 ein Netz von 5416 Filialen in 2803 Städten aufgebaut. Die meisten Kunden wickeln die Bankgeschäfte per Internet ab. Im Geschäftsjahr 2019/2020 blieb die Nettozinsmarge stabil bei 4,3 Prozent – ein Spitzenwert. Die Inder arbeiten effizient mit einer Aufwands-Ertrags-Relation von rund 39 Prozent. Der Anteil notleidender Kredite (non performingn loans) ist mit 1,26 Prozent gering, die Kapitalausstattung ist robust: HDFC weist gemäß Basel-III-Richtlinien eine risikoadjustierte Kapitalquote (Capital Adequacy Ratio) von 18,5 Prozent aus. In der Pandemie kam man den Kunden offenbar bei der Darlehensrückzahlung entgegen, die Bank engagiert sich in den Kommunen, rund ein Fünftel der Beschäftigten sind Frauen. 

Auch die Ökoworld-Fonds haben einen indischen Bankenfavoriten, die Yes Bank. Sie bietet im ländlichen Indien für kleine und mittlere Unternehmen Mikrofinanzdienste. „Die Bank erreicht mit ihrer Tätigkeit eine Vielzahl von Menschen, die zuvor keinen Zugang zu regulären Bankdienstleistungen hatten, sie ist zudem sehr transparent“, sagt Verena Kienel, stellvertretende Abteilungsleiterin Nachhaltigkeitsresearch bei Ökoworld. In der Pandemie hat die Bank allerdings staatliche Unterstützung erhalten und die Aktien sind stark gefallen. 

Belächelte Ökobanker

Längst Nachhaltigkeits-Profis sind die Ökobanken wie GLS, Umweltbank, Triodos, Globalance und EthikBank, sowie Kirchenbanken wie KD-Bank, Pax-Bank, Steyler Ethik Bank. Sie sind auch bei der Kreditvergabe nachhaltig, allerdings meist genossenschaftlich organisiert und nicht börsennotiert. Die Triodos Bank finanziert ökologische Projekte, beispielsweise Wind- und Solarparks sowie nachhaltige Landwirtschaft. Vor einer Kreditvergabe werden auch externe Experten wie Ingenieure und Wissenschaftler hinzugezogen.  

Die Bochumer GLS-Bank bestimmt bereits die Klimawirkungen auch ihrer mittelständischen Kreditkunden mit Hilfe des Klimametrik-Anbieters right.based on science aus Frankfurt. Zusammen mit dem Wohnungsvermieter Vonovia wollen GLS und right.based on science die Klimawirkung von Immobilienportfolien mit einer eigenen Software bestimmen und verbessern.

Die Höhe der Zinsen für Immobilienkredite könnte sich künftig stärker an den Emissionen der finanzierten Gebäude orientieren. Manche Großbank hätte sich bei den Ökobankern frische Ideen holen können, stattdessen schauten manche lieber auf die Ökobanker herab. Dem Treiben setzen Investoren jetzt ein Ende.

Mehr zum Thema: Die Firma des Finanzmarktexperten Bert Flossbach verwaltet rund 70 Milliarden Euro. Er erklärt, wie fragwürdig Nachhaltigkeits-Ratings sind, warum er keine europäischen Bankaktien kauft und was Geld für ihn bedeutet.

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