Weltbank-Chef Jim Yong Kim hat ordentlich die Werbetrommel gerührt – und sein Ziel mehr als erreicht: „Wir sollten den Appetit der Investoren auf grüne Anleihen nutzen und versuchen, den Markt zu verdoppeln“, sagte er beim Weltwirtschaftsforum 2014 in Davos. Bis 2015, so das Ziel, sollten weltweit 50 Milliarden Dollar in Green Bonds investiert werden – Anleihen für saubere Projekte, vom Bau erneuerbarer Energieparks über Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen bis zur energieeffizienten Renovierung von Konzernzentralen. Das Weltbank-Ziel dürfte in diesem Jahr mit 100 Milliarden Dollar sogar übertroffen werden, zeigt eine Studie der Ratingagentur Standard & Poor’s.
Wer solche Anleihen herausgibt, soll die eingesammelten Gelder nur für ökologisch korrekte Projekte einsetzen. Das Problem: Was korrekt bist, definieren allein die Emittenten. Verpflichtende Vorgaben dazu existieren bislang nicht. Bis heute platzierten Banken und Unternehmen 349 Anleihen, einige auch mit kleineren Mindestanlagesummen für Privatanleger. 2014 gab es einen regelrechten Angebotsschub, der Markt wuchs von unter zwei Milliarden Dollar 2011 auf 37 Milliarden 2014.
„Mit Green Bonds können Investoren in Anleihen investieren und gleichzeitig nachhaltige Projekte unterstützen“, sagt Mirko Gerhold, Green-Bond-Experte der Commerzbank. Denn die grünen Anleihen der Institute bieten üblicherweise die gleichen Konditionen wie ihre regulären Anleihen. Emittenten wie die Weltbank oder die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau haben Staaten im Rücken und mit einem Kreditrating von Triple-A gelten sie als besonders ausfallsicher. „Die Rendite ist meist wie bei normalen Anleihen an die Bonität der Emittenten geknüpft“, sagt Gerhold. „Nur bei wenigen der Anleihen, etwa Green Project Bonds, sind Bonität und Rendite direkt abhängig von der Entwicklung eines bestimmten Projektes wie Windparks oder Solaranlagen.“
Wünsche und Empfehlungen
Noch darf sich theoretisch jede Anleihe Green Bond nennen. Es existieren lediglich freiwillige Kriterien, die festlegen, wie Gelder investiert werden sollen. Eine Interessengemeinschaft von aktuell 84 Banken, Investmentfonds und Unternehmen hat in den sogenannten Green Bond Principles Standards definiert. Zum Beispiel sollen:
- Einnahmen der Green Bonds, unabhängig vom Firmenvermögen, in einem Sonderkonto verwaltet werden,
- Emittenten mindestens einmal im Jahr berichten, welche Projekte sie finanzieren,
- und externe Agenturen in einer zweiten Meinung („Second Opinion“) überprüfen, ob Emittenten sich an die Green Bond Principles halten – und welchen Einfluss ihre Projekte auf die Umwelt haben.
„Die Green Bond Principles fördern Transparenz als Grundlage für die Bewertung der Nachhaltigkeit dieser Anleihen“, sagt Commerzbanker Gerhold. Sein Institut ist Mitglied der Interessengemeinschaft, ebenso die Deutsche Bank, der Konsummulti Unilever oder der französische Versorger EDF. Externe Überprüfungen sind aber noch nicht die Regel. Bei 38 Prozent aller seit 2007 ausgegebenen Grünanleihen gab es keine Second Opinion, die üblicherweise von Forschungsinstituten und Agenturen wie Cicero oder Oekom ausgestellt werden. „Solch ein Ökorating ist wichtig, um die Nachhaltigkeit der Projekte überprüfen zu können“, sagt Jürgen Kurz von der Anlegerschutzvereinigung DSW.
Wie grün ihre Anleihen sind, legen allein die Emittenten fest
Kristina Rüter prüft bei Oekom grüne Projekte der Unternehmen. Sie geht dabei über die Vorgaben der Green Bond Principles hinaus. „Diese Vorgaben machen ja keine inhaltliche Aussage zur vorgeschriebenen Verwendung, sondern setzen sich für Transparenz ein“, sagt sie. „Wir achten zusätzlich darauf, ob sie nachhaltige Kriterien erfüllen“, sagt Rüter. Denn Energieeffizienz könne auch bedeuten, dass ein Konzern seine Kohlekraftwerke modernisiert. Wie grün das ist, müssen Anleger selbst entscheiden.
Von hell- bis dunkelgrün
Doch selbst wenn externe Überprüfungen vorliegen, müssen sie Anlegern nicht offengelegt werden. Bei gut einem Drittel der seit 2007 begebenen Anleihen halten die Emittenten die externe Bewertung unter Verschluss, zeigt eine Liste der Climate Bonds Initiative. Kein gutes Zeichen.
„Wir haben in unseren Fonds noch keine Green Bonds aufgenommen“, sagt Uli Krämer, der für den Kepler Ethik Rentenfonds nach strengen Kriterien in sozial und ökologisch nachhaltig wirtschaftende Konzerne investiert. „Nur weil eine Anleihe als grün deklariert wird, heißt das nicht, dass sie auch unseren Kriterien für Nachhaltigkeit entspricht.“ Probleme könnten aufkommen, wenn Unternehmen, die sonst nicht als nachhaltige Emittenten gelten, Green Bonds vergeben. „Die Projekte müssen zum Unternehmen passen“, sagt Saida Eggerstedt, Fondsmanagerin beim Deka-Fonds Nachhaltigkeit Renten, die bereits in Green Bonds investiert hat: „Wenn ein Atomstromkonzern einen Green Bond herausgibt, finden wir das schwierig, weil der Konzern ansonsten nicht als grün gelten kann. Die Anleihe sehen wir dann eher als Marketingaktion.“
So sieht die Geldanlage der Deutschen aus
35 Prozent der Deutschen haben eine Lebensversicherung abgeschlossen.
Fast ebenso viele, nämlich 32 Prozent, besitzen einen Bausparvertrag oder Bausparplan.
In Deutschland besitzen 29 Prozent der Bürger ein Tagesgeldkonto.
Ebenso viele, nämlich 29 Prozent, sehen ihre Immobilie als Geldanlage an.
20 Prozent besitzen Fondsanteile, 17 Prozent Festgeld/Termingeld und 12 Prozent Aktien.
Deutlich geringer ist dagegen der Anteil der Edelmetallbesitzer: sieben Prozent haben in Goldbarren oder -münzen investiert und vier Prozent zählen Silberbarren oder -münzen zu ihrem Besitz.
Sechs Prozent sehen ihre Antiquitäten (z. B. einen sehr alten Schrank) als Geldanlage und vier Prozent besitzen wertvolle Kunstgegenstände.
Jeweils zwei Prozent haben Geld in Anleihen bzw. Zertifikate angelegt.
EDF etwa, das vor allem Atomstrom produziert, platzierte bereits 2013 eine erste grüne Anleihe über 1,4 Milliarden Euro. Investoren wollten sogar die doppelte Summe zeichnen. Die EDF-Tochter Energies Nouvelles soll nun die Anleiheeinnahmen für grüne Projekte nutzen. Von den 1,4 Milliarden Euro, die der Konzern einwarb, hatte er Ende 2014 nach eigenen Angaben 1,2 Milliarden in grüne Projekte gesteckt, darunter vor allem Windkraftanlagen. Details zu den Ökoprojekten gibt es nur einmal jährlich im Geschäftsbericht.
Der Autokonzern Toyota schrieb einen Green Bond aus, der die Schulden von Kunden seiner Hybridautos refinanzierte. Laut Green-Bond-Richtlinien sind solche Anleihen zwar zulässig. Einen Anstoß für neue Klimaschutzprojekte geben sie kaum.
Für Kristina Rüter von Oekom wäre ein Ziel, „über Green Bonds Mittel für Projekte einzuwerben, deren Nachhaltigkeitsnutzen klar belegt werden kann und die keine negativen Auswirkungen haben“. So ließe sich der positive Einfluss noch verstärken.
Wie der Markt sich mit klar definierten Standards noch besser etablieren könnte, zeigt die Börse Oslo: Seit Januar gibt es dort ein neues Segment speziell für Green Bonds. Wer als Unternehmen mit seinen Anleihen dort gelistet werden will, muss zwingend eine Second Opinion für die Anleihe einholen – und diese den Anlegern auch zugänglich machen.